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Burning Eight Info-Abend zum Thema Punk am 22. April 2008 im Club Wörgl |
Zum Einstieg in die Diskussion "Was ist Punk?", moderiert von "Joe13" Josef Steinlechner (Bild Mitte), flimmerte ein Fim von einer Straßenbefragung in Wörgl dazu über die Leinwand, für die sich "Kosi" Konstantin Moritz (rechts) mit der Videokamera auf den Weg gemacht hatte.
Schnelle, harte Rockmusik, bunte Frisuren, ausgeflippte Kleidung, Sicherheitsnadeln in der Haut, aber auch Chaos und Exzesse - solche Bilder transportieren Medien über Punk, seitdem die Jugendkultur in den 1970er Jahren entstanden ist. Mit einer ausgedehnten Bestandsaufnahme begann der Diskussionsabend. Zum Punkrock-Sound präsentierte eine Powerpoint-Präsentation Bands und "Meilensteine" der Bewegung, die sich selbst nicht als einheitliche Bewegung wahrnimmt.
Wie das so die WörglerInnen sehen, fing Kosi mit der Videokamera bei einer Straßenbefragung ein. Von Musikrichtung bis "koa richtige Musik", von "alles, was Spaß macht" bis "gesellschaftspolitische Haltung", von Mode bis zu "die mit den bunten Frisuren, die meistens am Bahnhof sitzen", von "gegen Drogen" bis zu "saufen und Drogen nehmen", von alternativer Lebenshaltung und gegen Nazis reichte das Spektrum der Antworten. Alles richtig? Alles falsch?
"Punk kennt keine einheitliche politische Einstellung - Punk als eine Bewegung gibt es nicht", war im Zuge der darauf folgenden Diskussion eine der Aussagen, die breite Zustimmung fand. Was macht einen Punk also aus? Die Kleidung? Die Einstellung?
Punk-Mode
Als die ersten Punk-Bands am Musikhorizont, unbemerkt von Massenmedien auftauchten, war Mode zweitrangig, es gab keine uniforme Subkultur. Das Punk-Outfit wurde in den 1980er wesentlich von Vivienne Westwoods Mode-Label in London geprägt und seither von immer neu auftretenden Strömungen wieder verworfen. Heute heißt punk sein nicht unbedingt mit bunten Haaren rumzulaufen. Die Szene erkennt sich an Band-T-Shirts, Aufnähern und Buttons - eher unauffälligen Codes.
Abgrenzen, anders leben, freiwillig zum Außenseiter werden
Punk drückt sich für viele aber nicht vorrangig durch die Mode aus, es zählt die Philosophie, die Lebenseinstellung. Hier lautete der Konsens, dass Punks sich abgrenzen, nicht dem üblichen Kommerz unterordnen, nach dem Do-it-yourself-Prinzip eigene Strukturen aufbauen - von Bands über Plattenlabels bis hin zu Veranstaltungsorten. Also nicht nur gegen etwas sein, sondern selbst auch etwas tun, anders leben.
Aber selbst hier ist Punk zu breit, um auf einen Nenner gebracht zu werden. Punk kann also alternative Lebensführung ebenso sein wie eine über MTV vermarktete Musikrichtung. Punk rückt vom Rand in die gesellschaftliche Mitte - Punk ist breit konsumierbar geworden, was vor 20, 30 Jahren noch nicht der Fall war.
Punk & Politik
Punk ist Auflehnung gegen bestehende Machtstrukturen, oft gegen Ungerechtigkeit - gesellschaftspolitisch engagiert, aber nicht in parteipolitische Lager einteilbar. Was für die deutschsprachige Szene fast und die regionale Szene pauschal gilt, ist die Ablehnung von Faschismus, die Parole "gegen Nazis!" verbindet alle.
Die politischen Strömungen innerhalb der weltweiten Punk-Bewegung reichen von Anarcho-Punk bis zu Erzkonservativen. Gemeinsame Inhalte verbinden lokale Szenen, unter Umständen bilden sich via Internet aber auch weltweite Netzwerke für gewisse Strömungen.
In jedem Fall spielt die soziale Interaktion eine große Rolle. Konsens herrscht auch darüber, dass zu den Wesenszügen von Punk die Selbstermächtigung und das Schaffen eigenständiger Strukturen zählt. Der oft mit Punk in Verbindung gebrachte Begriff Anarchie wird auch unreflektiert verwendet: Wer Anarchie nur als zerstörerisches Chaos ohne Regeln begreift, hat das Prinzip nicht begriffen. Gelebter Anarchismus bedeutet jede Menge Arbeit im Zusammenleben und in der Selbstorganisation der Gemeinschaft und wird als höchste Form emanzipatorischen Zusammenlebens erachtet.
Über drei Stunden diskutierten die TeilnehmerInnen des Infoabends darüber, was Punk ist und was Punk will.
Punk gegen Rassismus und Diskriminierung
Zu den propagierten gesellschaftspolitischen Haltungen der regionalen Punk-Szene zählen die strikte Ablehung von Diskriminierungen und Rassismus. Auf die Frage, weshalb sich so gut wie keine MigrantInnen in dieser Szene bewegen, fand man auch eine Erklärung, die Wörgls Streetworkerin Erika Dekitsch auf den Punkt brachte: "Ein Jugendlicher sagte einmal zu mir `Punks entscheiden sich freiwillig dazu, Außenseiter zu sein. Wir sind dazu unser Leben lang verurteilt.´" Das Wort Punk bedeutet in der Übersetzung aus dem Englischen etwas Minderwertiges, Abfälliges. Zuwanderer hingegen hoffen meist auf den gesellschaftlichen Aufstieg. Jugendliche Migranten sind eher in der Hip-Hop-Szene zu finden - sie identifizieren sich auch aufgrund des kulturellen Hintergrundes besser mit den Inhalten dieser Musikszene, die mit dem Rap ihre Wurzeln in der schwarzen Musik hat.
Als integrativen Ansatz sehen die Punks, dass bei ihnen jeder Musik machen kann - die qualitativen Ansprüche sind in diesem Musikbereich weit weniger hoch geschraubt als bei anderen Musikrichtungen.
Punk und Gewaltbereitschaft
Welche Rolle spielt Gewaltbereitschaft in der Punk-Szene? Diese Frage tauchte angesichts der Verwüstungen auf, die die von Punks ausgerufenen Chaostage immer wieder hinterlassen. Die lokale Punk-Szene distanziert sich von dieser Form des Aggressionsabbaues. Punk ist vorwiegend jung, weiß und männlich - und gerade deshalb für männliche Jugendliche attraktiv, meint Erika Dekitsch: "In dieser Männer dominierten Szene tun sich junge Männer einfach leichter, sich dieses Verhalten anzueignen."
Gewalt abzulehnen bedeutet aber nicht, Aggression an sich abzulehnen. Punk versteht Aggression als Energie, die auch ritualisiert und konstruktiv für Veränderung eingesetzt werden kann. Als Musiker selbst auf der Bühne zu stehen wird ebenso als Ausdrucksform von Aggression verstanden wie der Tanz vor der Bühne. Aggression, die bis auf ganz wenige ritualisierte Pogoformen wie die "Death wall" nicht körperlich gegen andere gerichtet ist. Der kanalisierte Umgang mit Aggression wird als wichtig und richtig erachtet. In diesen Ritualen findet sich auch eine Erklärung dafür, warum in der Musikszene vor allem Männer zu finden sind: Frauen haben andere Formen, mit Aggression umzugehen.
Punk live: The Bones, Unexplained und Fancy Frenetix am 1. Mai im Komma Wörgl
Neben der Beschäftigung mit gesellschaftskritischen Inhalten, die sich oft auch in den Texten der Punkrock-Songs ausdrücken und die Protesthaltung lautstark auf die Bühne bringen, soll vor allem eines nicht zu kurz kommen: Der Spaß beim gemeinsamen Feiern! Punkrock live liefert dazu das Abschlusskonzert der Burning Eight Info-Kampagne "Concerts with Attitude" am 1. Mai 2008 im Komma Wörgl, bei dem "The Bones" (Foto links von Ken Persson) aus Schweden, "Unexplained" aus Wörgl und "Fancy Frenetix" aus Graz die Blackbox zum Brodeln bringen werden.
Alle TeilnehmerInnen des Punk-Infoabends erhielten auch wieder einen Stempel auf der Burning Eight-Card. Wer alle vier beim Abschlusskonzert am 1. Mai 2008 im Komma Wörgl vorweisen kann, kommt gratis rein. Pro Stempel werden vier Euro Gutschrift auf den Eintrittspreis von 16 Euro angerechnet. Vorverkaufskarten im Komma um 14 Euro sowie um 15,90 Euro bei Ö-Ticket.