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Lebendiges Museum zur Tiroler Alltagskultur der Bergbauern |
Das lebende Museum
Es menschelt und muht: gelebtes Bergbauerntum, Kindheitsgeschichten und Fleckvieh in Tirols letztem lebenden Museum.
Vieh in historischen Stallungen
Aufgebrachtes Gackern, Flügelschlagen und gelegentliches Muhen der Kühe ertönt hinter der knorrigen Holztür des Museums. Der Geruch von altem Holz und trockenem Heu liegt in der Luft. Hier leben drei Kühe und 15 Hühner in den Originalstallungen des geschichtsträchtigen Hauses. Eier und frische Milch liefern sie ihrem Bauern Ander Schließling, für den sein Heimatmuseum gleich mehrere Funktionen hat. Im Winter räuchert der 78 Jährige Speck in der alten Bauernküche, schneidet Späne zum Heizen in der Holzwerkstatt und in seiner Funktion als Museumsführer erzählt er von längst vergangenen Tagen und seiner Kindheit.
Geburtshaus und Museum
Ander Schießling ist eines von fünf Kindern, die am Unterberghof geboren wurden. Die Mitglieder der Bergbauernfamilie waren Selbsterhalter und lebten von dem, was sie anbauten und ernteten. Bis ins Jahr 1953 war der Hof noch bewohnt. Als er in den 70er Jahren verkauft werden sollte, nahm sich der damalige Bürgermeister seiner an und funktionierte den Bauernhof zum heutigen Bergbauernmuseum um.
Unterhose als Rarität
Ander erinnert sich an seine ersten Hausschuhe, die er als Bub mit 10 Jahren erhielt. Auch die erste Unterhose bekam er in diesem Alter: „Damals hatte man keine Unterhosen. Mein Opa hatte bis zu seinem 90. Lebensjahr keine und hat auch gut damit gelebt“, erzählt er verschmitzt und hält ein langes Unterhemd hoch, das die Bauern damals Tag und Nacht trugen.
Eisiges Himmelbett
800 Gebrauchs- und Einrichtungsgegenstände geben interessante Einblicke in das bäuerliche Leben: Butterfässer, Holzskier, Heukörbe, Trachten und sogar Zahnbohrer aus dem 18. Jahrhundert sind im Museum zu sehen. Eine Rarität hält Ander in einem Kämmerchen hinter der Bauernküche parat: das einzige noch existierende Alpbacher Himmelbett im gesamten Tal. In diesem Zimmer schliefen die alten Bauersleute und es war bitterkalt, da der Kamin in die oberen Schlafzimmer ging: „Wenn der junge Bauer heiratete, gab es manchmal Streitigkeiten, wer über dem Kamin schlafen darf und wer ausziehen muss“ meint Ander mit einem Lächeln. Leinenflax, Strohsäcke und Schafwolle – eben alles, was selbst produziert wurde – machten das eisige Himmelbett komplett. Auch die Hauskapelle mit Altar ist eine Besonderheit des Hofes.
Alles ist heute noch so, wie es in Ander Schießlings Kindheit war. Darauf achtet er, wenn er jeden Tag aufs neue zu seinen Tieren ins Museum geht.
Unterberg 34
A- 6236 Alpbach, Österreich
Öffnungszeiten: 22.Mai bis Mitte September. Mo, Do, Sa und So. von 11.00 bis 16.00 Uhr.
Text: Mag. Gabriele Grießenböck