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Wörgler Markt des Möglichen am 10. Oktober 2008 im Tagungshaus Wörgl
vero / 14.10.2008 14:57
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Wörgl  LA21  Integration  Wörgl-wirkt-weltweit  Bio.Regio.Fair 

Ermöglichten den Wörgler Markt des Möglichen: Organisator DI Peter Warbanoff (links) und Tagungshausleiterin Mag. Edith Bertel (rechts). Am Stand des Integrationszentrums - hier mit IGZ-Geschäftsführer Kayahan Kaya - gab es Infos zur demografischen Zusammensetzung der Wörgler Bevölkerung, in der 56 Nationen vertreten sind.

"Wörgl wirkt weltweit" - unter diesem Motto bot der erste "Wörgler Markt des Möglichen" am 10. Oktober 2008 einen "Blick über den Zaun". Wörgls LA21- und Integrationsbeauftragter Peter Warbanoff organisierte im Tagungshaus Wörgl den etwas anderen Marktplatz, bei dem es darum ging, Projekte zum Thema "Globales handeln - lokal gemacht" zu präsentieren.

Peter Warbanoff geht mit der Reaktivierung der LA21 in Wörgl neue Wege und konzentrierte sich mit dem Markt des Möglichen aufs Beleuchten von positiven Aktivitäten, die von Wörgler BürgerInnen und Institutionen im Sozialbereich ausgehen. "Die Lokale Agenda 21 in Wörgl soll 2009 unter dem Motto Bio.Regio.Fair stehen", wünscht sich Warbanoff und will auf Bestehendem aufbauen. Er nahm unter die Lupe, welche Initiativen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit bereits bestehen. Dem LA21-Gedanken folgend lud er die Projektbetreiber selber ein, um die Initiativen darzustellen. 

Die Recherche erbrachte ein buntes Puzzle an Aktivitäten, die vom Amazonas über Brasilien, Ghana, Nepal, Indien und Burma bis Papua Neuguinea reichen. Nicht alle Initiativen stellten sich mit einem Marktstandl vor - so wurde Frau Czerwenka mit ihrem Ghana-Projekt, die Burma-Flüchtlingshilfe des BRG Wörgl und das indische Patenkind-Projekt von Prof. Hans Steiner zwar erwähnt, aber nicht im Detail vorgestellt.

"Wörgl hat für Tirol mit 56 Nationen von A wie Afghanistan bis V wie Vietnam ein außergewöhnliches Potenzial an Kulturen", wies Warbanoff auf die mit dem IGZ präsentierte Bevölkerungs-Analyse hin. Aufbauend auf "Wörgl wirkt weltweit" will Warbanoff in Wörgl eine "Fair Trade Plattform" als ständige Einrichtung ins Leben rufen und das Tiroler Pilotprojekt "Faire Gemeinde" starten.

 

Gertraud und Eduard Sieberer leiteten 15 Jahre lang die Solidaritätsgruppe Wörgl-Uberlandia (Bild links). Eine Privatinitiative für Kinder in Nepal startete Christian Zangerl (Bild Mitte).

Wörgler Privatinitiative brachte 110.000 Euro für Armenhilfe nach Brasilien

Die Unterstützung von Landlosen sowie der Priesterausbildung in der 600.000 Einwohner zählenden Diözese Uberlandia in Brasilien war 15 Jahre lang ein Herzensanliegen von Gertraud und Eduard Sieberer. Die beiden steckten im ihrer Begeisterung andere an und gründeten so eine Solidaritätsgruppe, die durch private Spenden, Basare - bei denen u.a. auch Handarbeiten aus Uberlandia angeboten wurden - und Benefizaktionen Geld sammelte.

Für die Verwaltung der Spendengelder vor Ort war mit Bischof Dom Jose Moura ein verlässlicher und engagierter Partner gefunden, der über die Jahre zum Freund der Familie wurde und auf deren Einladung Wörgl auch einen Besuch abstattete. Das Geld wurde u.a. für die Einrichtung von Mutter-Kind-Gruppen verwendet. "Die Ausbildung von Priesterseminaristen kostete monatlich  1.200 Schilling für einen Priester. Wir haben zwei Priester in ihrer fünfjährigen Ausbildung unterstützt", schilderte Eduard Sieberer.

Insgesamt brachte die Privatinitiative von 1992 bis 2007 rund 110.000 Euro für die Brasilienhilfe auf! Die Unterstützung endete erst, als der Bischof zum Erzbischof ernannt wurde, die Diözese wechselte und auch andere, verlässliche Ansprechpartner in Brasilien nicht mehr zur Verfügung standen. Peter Warbanoff, selbst lange Jahre in der Entwicklungszusammenarbeit tätig, brachte die Hochachtung für die außergewöhnliche Leistung zum Ausdruck und gratulierte: "Ich kenne nur wenige Privatinitiativen, die über einen so langen Zeitraum bestehen und so stolze Beträge aufbringen."

Wörgl als Klimabündnisgemeinde - Engagement im Amazonasgebiet

Benedikt Scheiber vom Klimabündnis Tirol stellte Ziele und Arbeit dieses Zusammenschlusses von Gemeinden vor:  "Wir engagieren uns für die Erhaltung und Ausdehnung von Regenwaldschutzgebieten im Rio-Negro-Gebiet. Hier leben 33 indigene Völker in 100.000 Quadratmetern intaktem Regenwald." Weitere Arbeitsfelder des Klimabündnisses Tirol, dem 43 Gemeinden angehören, ist die Öffentlichkeitsarbeit zur Reduktion von klimaschädlichen Emissionen, zur Förderung umweltfreundlicher Mobilität, zum Energiesparen sowie Information über faire Produkte (Infos: www.topprodukte.at). Als Service gibt´s Vorträge, jährliche Gemeindetreffen und Hilfe bei der Organisation von Autofreien Tagen, der Ökostaffel, Sattelfesten und zum Projekt "Gemeinde mobil".

Privatinitiative in Nepal: "Himalaya Children Help"

Einen Verein, um bedürftige Kinder in Nepal zu unterstützen, stellte Christian Zangerl vor: "In Anlehnung an das Indien-Hilfsprojekt von Prof. Steiner leisten auch wir Hilfe mit der Himalaya Children Help. Dabei erfolgt das Sponsoring der Ausbildung von Kindern auf privater Basis." Auf seinen Reisen nach Nepal stellte Zangerl fest, dass mit wenig Geld hier große Hilfe geleistet werden kann. Die Spendengelder bringt er selbst an Ort und Stelle und garantiert dafür, dass jeder Euro auch bei den Kindern ankommt. Weitere Infos unter E-mail: c.zangerl@tirol.com   

Das Unterguggenberger Institut stellte einerseits die Arbeit des Vereins hier in Österreich, andererseits die Zusammenarbeit mit der weltweit tätigen Social Trade Group STRO vor. Diese gewann mit einem Mikrokredit-Projekt unter Einbeziehung einer Regionalwährung sowie einer Produzenten-Konsumenten-Vereinigung den Unterguggenbergerpreis 2007 und verwendete das Preisgeld von 5.000 Euro für den Aufbau eines Restaurants für Straßenkinder in Porto Alegre, Brasilien.

Das Projekt wurde auch 2008 von Wörgl aus weiter unterstützt: Der Jugendbeirat spendete den Erlös der ersten Soundattacke und die beim Stadtfest beim Button-Workshop von I-MOTION gesammelten Spendengelder wurden ebenfalls für dieses Projekt zur Verfügung gestellt, in Summe 1.000 Euro.

Über weitere Projekte von STRO sowie zum Thema Neues Geld informierte Veronika Spielbichler, Obfrau des Unterguggenberger Institutes (Bild rechts). Weitere Infos dazu auf www.unterguggenberger.org.  Am Stand des Unterguggenberger Institutes konnten die "MarktbesucherInnen" beim Wörgler Geld-Ratespiel mitmachen und Preise gewinnen. Als "Quizmaster" engagierte sich das Unterguggenberger Institut dafür I-MOTION-Jugendliche (Bild Mitte).

Kaufe fair - dann bist du fair: "Trade Fair Tyrol" Übungsfirma

"Trade Fair Tyrol" nennt sich eine der Übungsfirmen an der Handelsakademie und Handelsschule Wörgl, die von den SchülerInnen der HAS 3BS vorgestellt wurde. "Chefin" und Leiterin der Übungsfirma Waltraud Kostenzer (Bild Mitte) lud alle Interessierten ein, sich selbst ein Bild vom Arbeitsalltag im Unternehmen zu machen, das mit vielen anderen Übungsfirmen die professionelle Zusammenarbeit für die Praxis erprobt: "Wir haben immer am Freitag Nachmittag offen. Generell können wir Vereinen oder Hilfsprojekten auch unsere Hilfe anbieten, etwa in punkto Präsentation, Schriftverkehr oder Kassaabwicklung." Infos zur Trade Fair Tyrol, dessen Marketing-Team Kelterer/Steiner/Streicher (Foto rechts) die Übungsfirma vorstellten, gibt´s auf der Schul-Website sowie unter 05332-762981-20.

Beim Markt des Möglichen boten Monika Amort und .... vom Weltladen in Wörgl faire Produkte an. Karl Pirsch (Bild rechts) machte trotz der tristen Aussichten aufgrund der Finanzmarktkrise allen jungen Leuten Mut, ihre Ideen auch umzusetzen.

Finanzmarktkrise bedroht Fairen Handel in Österreich

Für möglichst viele Menschen einen würdigen Arbeitsplatz schaffen - dieses Anliegen verfolgt der Gründer des Eine-Welt-Handels Karl Pirsch nun schon seit 21 Jahren. Mit großem Erfolg: Das eigene Unternehmen, das der Steirer mit einem Kapital von 5000 Schilling und einem Marktstandl für fair hergestellte und gehandelte Produkte begann, baute der gelernte Baustoffhändler zum global tätigen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 5 Millionen Euro, 70 Arbeitsplätzen in Österreich und Deutschland sowie 3.200 Arbeitsplätzen in Ländern des Südens aus.

Beim Vortrag im Tagungshaus schilderte er anhand praktischer Beispiele, wie fairer Handel den Menschen der Entwicklungsländer hilft - und führte anschaulich vor Augen, warum diese Form der Globalisierung heute wichtiger denn je ist. Das Elend der Kinder, etwa beim Straßenbau in Bangladesh, motiviert ihn seit zwei Jahrzehnten, sich für menschenwürdige Arbeitsbedingungen bei den Produzenten und faire Preise einzusetzen. "Vor Ort fair entlohnen, nicht Wirtschaftsflüchtlinge produzieren", lautet dabei sein Motto. 

Für die Umsetzung seiner Geschäftsidee zeigte sich Karl Pirsch zeitlebens einsatz- und risikofreudig - aber auf andere Art als jene, die nur "Ihr Geld arbeiten lassen". Die Vorfinanzierung großer Lieferungen für Handelsketten zählt da ebenso dazu wie der laufende Bau eines neuen Unternehmensstandortes.

Nach jahrelanger Odyssee durch angemietete Lagerhallen und Viehwaggons glaubte sich Pirsch mit der Anmietung einer ehemaligen Bierlagerhalle gerettet. Doch die Brandschutz-Behörde drehte vorerst einmal das Licht ab und führte zur Erkenntnis, ein entsprechendes Gebäude selbst zu errichten. Was Pirsch mit einem 2,4 Millionen-Projekt in Form eines modernst eingerichteten Logistikcenters, gebaut aus heimischem Holz, beheizt mit Hackschnitzeln und einem Energiekonzept, das mehr Strom erzeugt als der eigene Betrieb verbraucht, auch umsetzt. Das 3000 Quadratmeter Nutzfläche umfassende neue Logistikcenter erhält zudem einen eigenen Gleisanschluss, um jährlich 150.000 Lkw-Ladungen von der Straße auf die Schiene zu bringen. 

Durch die von Börsenspekulanten verursachte Finanzmarktkrise steht die bisherige Erfolgsgeschichte allerdings auf der Kippe: "Wir wissen noch nicht, wie wir die nächsten Monate überstehen. Uns fehlen noch 150.000 Euro für die Fertigstellung des Baues. Die Übersiedelung ist für Jänner/Februar 2008 geplant." Karl Pirsch hofft jetzt auf Hilfe der Kunden: "Unser Unternehmen ist eine Aktiengesellschaft mit 131 Mitbesitzern, aber nicht an der Börse notiert. Wenn sich 150 bis 200 Leute finden, die Aktien kaufen, wäre uns wirklich riesig geholfen!", so Pirsch. Eine Aktie kostet 39 Euro, Mindestabgabe an neue Aktionäre 20 Stück. Alle weiteren Infos bei Karl Pirsch, www.eine-welt-handel.com, mail: karl.pirsch(at)eine-welt-handel.at

Wie fairer Handel hilft, dafür noch ein paar Beispiele aus dem Vortrag von Karl Pirsch:

Übertöpfe aus Kokos-Abfällen ernähren 80 Familien in Bangladesh. Pflanzenhänger aus Jute, Korbwaren aus Seegras oder Wollprodukte aus Nepal - immer stehen faire Entlohnung und menschenwürdige Arbeitsbedingungen an erster Stelle. So wurden aus eingeschüchterten muslimischen Mädchen in Nordindien, die Halsketten aus Glas für den Eine-Welt-Handel anfertigten, selbstbewusste junge Frauen, die ihre Familien ernähren können. Bei der Produktion von Lederwaren in Kalkutta wird für fairen Handel auf krank machende Chemie verzichtet und nur mit pflanzlichen Stoffen gegerbt. Biologische Anbaumethoden forciert Pirsch durch seine Einkaufspolitik ebenso - wenn Bauern in Uganda aus 10 kg frischen ein Kilo getrocknete Bio-Ananas-Snacks herstellen, verdreifacht sich ihr Einkommen.

Und Karl Pirsch kennt zu seinen Produkten nicht nur die Gesichter, die sie herstellen - sondern vielfach auch die Lebensgeschichten, die dahinter stehen. "Wussten Sie, dass die neue Verfassung von Uganda an einem Wirtshaustisch in Niederösterreich verfasst wurde? Der jetzige Präsident war einmal Asylant in Österreich und will jetzt Güssing besuchen, um zu lernen, wie sein Land energieautark und damit vom Erdöl unabhängig wird", so Pirsch.

Fairer Handel bedeutet für Pirsch die Achtung der Menschenrechte: "Wir kaufen nichts aus China", folgert er aus dieser konsequenten Haltung, um die sich andere Einkäufer weniger kümmern. So zog Pirsch vor zwei Jahren einen Großauftrag für 200 bosnische Weidenkorbflechter an Land, indem er der SPAR anbot, 100.000 Plastikeimer durch das Naturprodukt zu ersetzen. Was der Lebensmittelkonzern auch gern tat. Im Jahr darauf kaufte er aber nicht mehr beim Eine-Welt-Handel, sondern in China ein. Pirsch: "Die Chinesen haben die Körbe kopiert und um 20 Cent billiger angeboten..."

Die Aufnahme fairer Produkte in die Sortimente der Lebensmittelketten macht den Weltläden Konkurrenz, die ein weit umfangreicheres Warenangebot aufweisen. Eine Konkurrenz, die Pirsch allerdings gelassen sieht: "95 % der Bevölkerung nützen unser Angebot noch nicht - da ist noch so viel Kundenpotenzial!" Und bringt gleich ein weiteres Beispiel, was Sensibilisierung für Fairen Handel bewirken kann: "Wenn jeder Österreicher im Jahr fünf Jutetaschen statt Plastiksackerl verwendet, würde das in Bangladesh 15.000 Arbeitsplätze schaffen..." 

 

Wörgl trifft die Welt - so lautete das Motto auch am Buffet, das von der Schwoicher Bäuerin Hilda Lettenbichler sowie von türkischen Frauen des Integrationszentrums zubereitet wurde. Möglichkeiten des Auslandsaufenthaltes zeigten die Mitarbeiter des InfoEcks auf, wobei es die Möglichkeit des europäischen Freiwilligendienstes für ein Jahr gibt. Derzeit arbeiten zwei junge Frauen im Rahmen dieses Austausch-Programmes auch in der Stadt (Bild Mitte): Magda Chitic aus Rumänien beim Beta-Werkteam und Hayley Curtis aus Großbritannien hilft im Komma und unterstützt die Crew der Wörgler Jugendarbeiter - im Bild rechts InfoEck-Mitarbeiter Thorsten Behrens, Johanna Tauss, Julia Unterrainer und Wörgls Jugendkoordinator Klaus Ritzer.

InfoEck bringt Jugendliche in alle Welt

Die im Juni 2008 eingerichtete Jugendberatung InfoEck bietet im Rahmen ihres vielfältigen Beratungsangebotes auch zahlreiche Auslandsaufenthalte an. Ob ganz klassisch als Aupair, oder aber im Rahmen von EU geförderten Austauschprogrammen, vom Jobben im Ausland bis zum Auslandsschuljahr oder Studium im Ausland sowie über Freizeitangebote. Weitere Infos unter www.infoeck.at

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