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Mrozeks Klassiker werden noch bis 30. April 2007 gespielt
vero / 25.04.2007 21:33
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Wörgl  Theater  Gaststubenbühne  Kultur 

Die Absurdität unserer Zwänge –

Theater als gesellschaftlicher Spiegel

Mit bissigem, hintergründigem Humor erzählen Slawomir Mrozeks Theaterstücke vom ganz normalen Wahnsinn des gesellschaftlichen Alltags. Seine „Helden“ werden von der Gesellschaft skrupellos manipuliert, um sich für fragwürdige Ziele aufzuopfern. Dabei steht nicht das Ergebnis im Vordergrund, sondern der Weg dorthin, die Mechanismen der Macht. Leitfiguren, Populisten, Hetzer, Mitläufer und Ja-Sager – jeder trägt seinen Teil bei, die absurden Strukturen aufrecht zu erhalten. Und das Opfer selbst fügt sich schließlich brav in sein Schicksal, sucht seine Rolle als Märthyrer, um dem sinnlosen Opfer einen scheinbaren Sinn abzugewinnen. Ein kurzer Blick auf die Schlagzeilen des Weltgeschehens macht klar, wie brandaktuell die Themen sind, mit denen sich Mrozek schon vor fast 50 Jahren im totalitär regierten Polen beschäftigt hat. Dabei ist es dem Feingefühl und dem Witz des Autors zu verdanken, dass seine hochpolitischen Botschaften nie belehrend oder erdrückend daherkommen, sondern komisch und doch bewegend, grotesk und erfrischend frech.

 

Erfrischend frech ist auch die Inszenierung, mit der sich die Gaststubenbühne Wörgl an Mrozeks Klassiker Das Marthyrium des Piotr O’Hey und  Auf hoher See herangemacht hat. Unter der Regie von Thomas Kraft spielt das Ensemble um Michael Zangerl (Piotr) und Priska Mey (seine Frau) tempo- und facettenreich die Wandlung vom ganz gewöhnlichen Irrsinn des Familienalltags zur mystisch verklärten Aufopferung des Märtyrers für Staatsraison, Wissenschaft und Unterhaltung. Synonym für die Beliebigkeit und Sinnlosigkeit des dem Einzelnen aufgezwungenen Opfers ist die Figur, um die sich alles dreht: der Tiger im Badezimmer. Dabei durchlebt der Zuseher ein Wechselbad von Gefühlen und Sinnesempfindungen bis zum hochdramatischen Ende.

 

Auf hoher See erzählt dagegen gradlinig und schnörkellos, dabei jedoch höchst amüsant, die Wege von Politik und Macht. Sind Ziel fixiert und Rollen verteilt, so sind die Wege und Instrumentarien beliebig austauschbar. Aus der absurd-grotesken Grundidee – drei Schiffbrüchige (Markus Steinbacher, Sabine Lederer-Klöbl, Stuart Kugler) einigen sich, dass einer von ihnen gegessen werden soll – entstehen schauderhaft komische Situationen und Dialoge. Bald ist die Rollenverteilung klar, nur der Modus der Entscheidungsfindung ist der Form halber noch zu klären. Nie ist der Zwang zur Aufopferung offensichtlich, auch wenn es tatsächlich für das Opfer kein Entrinnen gibt.

 

Die Gaststubenbühne (in weiteren Rollen: Lukas Wimmler, Johanna Lugger, Otto Naschberger, Edith Wieser, Hans-Peter Teufel, Lisa Karrer, Birgit Hermann-Kraft, Otto Gartelgruber und Margit Schober) spielt noch am Freitag, dem 27.4., Samstag, dem 28.4. und Montag, dem 30.4. jeweils um 20:00 Uhr im Hotel Alte Post, Wörgl, „Astnersaal“. Kartenreservierungen unter www.gsbw.net, 05332/72351 oder 05372/61813.

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