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Infoabend der Stadt Wörgl zum Gradl Areal Bauprojekt
vero / 17.09.2010 22:18
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Wörgl  Politik  Stadt  Wohnbau  Gradl  Infoabend  Anger 

Das Thema Gradl Anger bewegt die Wörgler, wie sich am Info-Abend zeigte. Architekt DI Bortolotti stellte das Projekt vor (Bild Mitte), das die Bebauung des Gradl-Angers und angrenzenden Parkplatzes mit zwei Wohnblöcken vorsieht (Abbildung rechts). Der Musikpavillon wird (bis jetzt) ersatzlos abgerissen, der verbleibende Rest vom Gradl-Anger wird Privatgarten für die Wohnanlage. Das rechteckige Grundstück zwischen den neuen Wohnblöcken, der Musikschule und der Kirche steht aufgrund abgeschlossener Nutzungsverträge der Stadt 50 Jahre lang kostenlos der Öffentlichkeit zur Verfügung.

"Das Thema ist schon längst beschlossen - großteils mit einstimmigen Gemeinderatsbeschlüssen", eröffnete Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner am 15. September 2010 den Infoabend im Hotel Alte Post zum Gradl-Bauprojekt, an dessen Ende mehr Fragen offen blieben als beantwortet wurden. Der Abend sollte zur Information über das Projekt ebenso dienen wie dazu " aus dem Beschlossenen jetzt das Bestmögliche zu machen". Nachdem im Dezember 2009 mit mehrheitlichem Gemeinderatsbeschluss die Projektbestandteile Übersiedelung der Musikschule in den Gasthof Neue Post, Bau öffentlicher Parkplätze in der Tiefgarage der Wohnanlage sowie das geplante Café und die Galerie aus Kostengründen gestrichen wurden (Bericht hier), ist nun die Diskussion nun hinsichtlich öffentlicher Parkplätze sowie des Cafés wieder eröffnet. Öffentliche Parkplätze forderte u.a. auch die Pfarre ein.

Bevor die Publikumsdiskussion eröffnet wurde, stellte Architekt DI Clemens Bortolotti das adaptierte Projekt des Architktenwettbewerbes vor, das erstmals am 2. April 2009 präsentiert wurde (Bericht hier). Änderungen betrafen u.a. die Situierung der Tiefgarage, damit das Bepflanzen des neuen öffentlichen Platzes mit großen Bäumen möglich wird. Wobei nochmals darauf hingewiesen wurde, dass beim Architektenwettbewerb seitens der Stadt auf eine urbane Bebauung gedrängt wurde. Den Widerspruch von Pfarrer Theo Mairhofer provozierte Architekt Bortolotti mit dem Hinweis, man habe beim Denkmalamt positiv auf die Entfernung der südlichen Kirchenmauer reagiert. "Das Denkmalamt hat das ausdrücklich untersagt, Dr. Rampold wurde vor Erstellung des Projektes nicht kontaktiert", stellte dazu Theo Mairhofer fest. Ergebnis ist jedenfalls, dass die Mauer entgegen der Planung des Siegerprojektes bestehen bleibt.

Eine Computeranimation des Architekturbüros zur Visualisierung des neuen öffentlichen Platzes (Bild links, Abb. des Architekturbüros) - auch da meldete sich Pfarrer Theo Mairhofer zu Wort, da die Darstellung der Taufkapelle so nicht stimmt - der Eingang befindet sich nördlich, nicht wie hier westlich. Die Attraktivität dieses Platzes zweifelte Vizebgm. Evelin Treichl (Bild Mitte) an: "Hier bei 80 Mietern öffentliche Veranstaltungen zu machen kann ich mir nicht vorstellen." Bürgermeisterin Hedi Wechner - hier im Bild rechts mit Eigentümer Andreas Lenk - war beim Info-Abend in einer Doppelrolle - Moderation und Vertretung der Stadt-Interessen. 

Weshalb die Bürgermeisterliste Arno Abler dann nach der Wahl den Antrag auf Erhalt des Gradl Angers und damit auf Abänderung des Bauprojektes stellte, begründete Raumordnungsreferentin DI Bettina Müller mit der Projektänderung durch Absage der Gemeindeprojekte Musikschule, Café, Tiefgarage und Galerie, mit zunehmender Kritik aus der Bevölkerung sowie mit geänderten Grundlagen hinsichtlich der Baudichte. Hier sei von einer falschen Grundlage ausgegangen worden - anstatt der Baumassendichte von 4.0 weise das Projekt nun eine höhere auf - weshalb sich der Gemeinderat im November 2010 auch nochmals mit dem Bebauungsplan beschäftigen wird. Während Müller für eine Verkleinerung des Projektes eintrat, kam dazu ein klares Nein seitens der Bauwerber. Die wiesen darauf hin, dass der Grund für die nun höhere Baudichte das "öffentliche Erdgeschoß" sei.

Das jetzt vorliegende Wohnbauprojekt sei die Umsetzung des Siegerprojektes aus dem Wettbewerb, für das aufgrund der vorliegenden Gemeinderatsbeschlüsse auch Rechtssicherheit gegeben sei. Zu rechtlichen Aspekten informierte Rechtsanwalt Alexander Atzl: "Die Nutzungsvereinbarung mit der Stadt ist unterzeichnet. Derzufolge stellt der Eigentümer Andreas Lenk der Stadt für 50 Jahre kostenlos einen öffentlichen Platz in der Größe von 1.000 Quadratmetern zur Verfügung. Die Stadt hat hier freie Hand bei der Gestaltung." Dieser neue öffentliche Platz grenzt an die Musikschule, an die beiden Fassaden der neuen Wohnblöcke und im Norden an die Kirchenmauer.

Und hier liegt auch der Hase im Pfeffer: Dieser neue "Kommunikationsraum" beinhaltet auch die bisherigen Verkehrsflächen. Das heißt, dass es laut Plan hier weder Parkmöglichkeiten noch eine Zufahrtsmöglichkeit zur Kirche gibt - was bis jetzt allerdings der einzige behindertengerechte Zugang ist. Wird die Durchfahrt südlich der Kirche gesperrt, ist auch die Zufahrt zur Musikschule auf der bisherigen Einbahn praktisch Geschichte. Auf die Frage, ob diese Problematik denn nicht vorher im Rahmen eines Verkehrskonzeptes behandelt wurde, verneinte Stadtbauamtsleiter Dr. Peter Egerbacher - das Verkehrsgutachten habe sich nur auf die Zufahrt zu den Wohnblöcken bezogen. Nicht zuständig fühlten sich Architekt und Bauwerber gleichermaßen - die Regelung des öffentlichen Verkehrs gehe sie nichts an. Architekt Bortolotti meinte sogar wörtlich, das "Projekt ist noch nicht so weit gediehen, dass man sich mit der Verkehrssituation beschäftigt." So mussten die ZuhörerInnen kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen, dass alle bisherigen Beschlüsse ohne schlüssiges Verkehrskonzept für die angrenzenden öffentlichen Gebäude gefasst wurden.

DI Bettina Müller erläuterte die üblichen Baumassendichten beim sozialen Wohnbau in Wörgl - im Zentrum 4,0, in Randlagen 3,0 (Bild links). Dr. Härting von der Wohnbaugesellschaft und Architekt Bortolotti beriefen sich auf die Vorgaben der Stadt und darauf, dass bei der Planung das Siegerprojekt des Archtiktenwettbewerbes umgesetzt wurde (Bild Mitte). Großes Interesse am Info-Abend herrschte seitens der Bevölkerung (Bild rechts).

In der Publikumsdiskussion wurden weiters Bedenken betreffend die Situierung des Cafés mit Blick auf den Kirchhof laut. Es wird als nicht passend und pietätlos empfunden, dass die Caféhausgäste bei Begräbnissen und Verabschiedungsfeiern die Trauergemeinde sozusagen vorgeführt bekommen. Quittiert wurden diese Bedenken von Bürgermeisterin Wechner mit der Feststellung, dass es immer schon Gasthäuser neben Kirchen gegeben habe.

Wenig Freude mit der geplanten Verbauung hat man auch im Tagungshaus Wörgl. Leiterin Edith Bertel fragte nach der Situierung des Kinderspielplatzes, da dieser durch die Lärmentwicklung ein Problem für den Seminarbetrieb im Haus darstelle und damit Kosten für den Fenstertausch auf das Bildungshaus zukommen würden. Eine klare Antwort zur Lage des Spielplatzes gab es dann ebensowenig wie auf die Frage, was aus dem nicht mehr als Musikschule genützten Gasthof Neue Post künftig wird.

Grundeigentümer Andreas Lenk, der das Areal nicht verkauft sondern im Baurechtsweg verpachtet und damit Eigentümer bleibt, stellte in seinem Statement fest, dass der Architektenwettbewerb nicht seine Idee gewesen sei und er damit die Entscheidung darüber, was auf dem Areal geplant wird, aus der Hand gegeben habe. Hier sei nicht der Architekt seiner Wahl beauftragt worden, sondern der Sieger des Wettbewerbes - und er habe sich damit abgefunden. Lenk: "Und heute schaut es so aus, als sei der Eigentümer ein schlechter Mensch."

Den großen neuen öffentlichen Platz hob Dr. Härting von der Wohnbaugesellschaft Frieden hervor und verwies auf die Kriterien, die für sozialen Wohnbau einzuhalten sind. Umplanungen des Projektes forderte auch das Denkmalamt - nachdem ursprünglich viel mehr Glas in den Fassaden vorgesehen war, mussten diese auf behördliche Anordnung mehr gemauerte Wände aufweisen.

Am Ende der Diskussion stand fest, dass Bürgermeisterin Hedi Wechner mit dem Erbe aus der Abler-Ära einen ziemlich schweren Rucksack zu lösender Probleme mitbekommen hat - auch ohne die bereits "ad acta" gelegte Musikschule neu. "Es geht jetzt darum, aus dem beschlossenen Projekt das Beste für die Wörgler zu machen und den öffentlichen Bereich so attraktiv wie möglich zu gestalten", so Wechner, die insbesonders in punkto Café und Parkplätze noch mit der Wohnbaufirma verhandeln will. Nach dem November-Gemeinderat sollte dann alles auf Schiene sein und dem Baubeginn nichts mehr im Weg stehen.

Das Verkehrskonzept zur Gradl-Areal-Verbauung befasste sich nicht mit der Verkehrssituation der angrenzenden öffentlichen Gebäude wie Musikschule und Kirche. Grund für Vizebgm. Andreas Taxacher, beim Info-Abend hier auch ein "Riesenproblem" zu orten. Wo können Eltern Kinder mit schweren Instrumenten aussteigen lassen? Wie kommen gehbehinderte Menschen ohne große Umwege in die Kirche? Wo wird künftig der Gang zum Friedhof führen? Vorbei an der Aussichtsterrasse des Café-Betriebes? Von der man auch in den Kirchhof sieht, wo vermehrt Verabschiedungsfeiern vor Feuerbestattungen stattfinden, die es früher hier nicht gegeben hat und die den intimen Rahmen einer Beisetzung für die Trauerfamilien benötigen und keine Belästigung durch unbeteiligte Zuseher.

Einer der beiden neuen Wohnblöcke inklusive Tiefgaragenzufahrt für das gesamte Projekt wird auf dem jetzigen Parkplatz (Bild rechts) errichtet, wobei die Gebäude außer dem Erdgeschoß weitere vier Geschoße und damit eines mehr wie die Wohnblöcke südlich aufweisen. Bedenken äußerte FWL-GR Ekkehard Wieser in der Versammlung auch zur Verkehrsführung der Tiefgaragenein- und ausfahrt Zufahrtsbereich zur Wildschönauerstraße: "Hier bestehen jetzt schon Engstellen, bei denen häufig Stausituationen auftreten." Laut Verkehrsgutachter sei der Verkehr von 80 Wohnungen dort aber noch "verkraftbar".

Die jetzige Verkehrsfläche (Bild links) soll dann in den neuen öffentlichen Platz vor der Musikschule und Kirche integriert und damit verkehrsfrei werden. Das Einfamilienhaus wird abgerissen (Bild Mitte in der Mitte). Der Gasthof Neue Post bleibt bestehen, die weitere Nutzung wurde nicht bekannt gegeben.