Nach Grundprinzipien der Permakultur, deren Namen sich aus permanent agriculture – permanente Landwirtschaft – ableitet, wurde vor fünf Jahren der Wörgler Freigarten als Commons-Projekt ins Leben gerufen. Auf dem 600 Quadratmeter großen Gelände im Eigentum der Stadt an der Kreuzung von Brixentaler- und Unterguggenbergerstraße sind seither ehrenamtliche HobbygärtnerInnen in der Betreuung und Pflege des öffentlich frei zugänglichen Gartens tätig.
Bei der Anlage des Schau- und Naschgartens gab Permakulturistin Mag.a Margarethe Holzer vor fünf Jahren einleitend ausführliche Informationen über Permakulturprinzipien und half bei der Ausarbeitung eines Bepflanzungskonzeptes. Landwirtschaft mit der Natur, in biologischen Kreisläufen mit dem Ziel, Humus aufzubauen und selbst Lebensmittel anzubauen – damit wird heute meist Permakultur in Verbindung gebracht. Die Methode nachhaltiger, rohstoffschonender Wirtschaftsweise ist aber auch auf andere Stoffkreisläufe und soziale Systeme umsetzbar. Reparieren statt wegwerfen bis hin zu gemeinschaftlichen Nutzungsformen, Tauschsystemen und Regionalwährungen.
Naturbeobachtung und ausführliche Planung zur Optimierung von Pflanz- und Tiergemeinschaften im Ökosystem sind die Basis zur Umgestaltung von Flächen nach dem Permakultur-Prinzip. Als Richtlinien dienen Gestaltungsprinzipien und Elemente . „Permakultur ist eine Methode, die Zeit benötigt“, betonte Holzer 2011 und mahnte Geduld ein – erst im dritten Jahr würde das System sich richtig entfalten.
Die Entwicklung des Freigartens gibt ihr rückblickend auch Recht. 2011 stimmte der Wörgler Gemeinderat auf Antrag der Grünen der Garteninitiative zu, worauf sich eine Gruppe interessierter HobbygärtnerInnen zusammenfand. Ziel war, einen Schau- und Naschgarten als grüne Ruheinsel in der Stadt zu schaffen, wobei Nutzpflanzen wie Beeren, Obst und Kräutern der Vorzug vor Zierpflanzen gegeben wurde. Im Herbst 2011 wurde mit der Bodenvorbereitung durch Abdeckung und Mulchen begonnen, den Wasseranschluss auf dem Gelände errichteten die Stadtwerke Wörgl. Mit der Bepflanzung wurde im Frühjahr 2012 begonnen, wobei sowohl Land wie auch Stadt das Projekt finanziell unterstützten.
Im Laufe der Jahre erlebte der Freigarten eine kontinuierliche Veränderung, an der viele Interessierte mitwirkten. Die Erfordernisse des Standortes zeigten auch die Grenzen der Permakultur-Gestaltungsmöglichkeiten auf: Tierhaltung ist hier nicht möglich, und so stellte in den ersten Jahren die enorme Nacktschnecken-Population eine Herausforderung dar. Viele Blumen und Gemüsepflanzen wurden umgehend vertilgt. Also wurde auf den ursprünglich vorgesehenen Gemüseanbau weitgehend verzichtet und auf Pflanzenarten ausgewichen, die nicht bevorzugt am Speiseplan der braunen Schleimer standen.
Das herbstliche Mulchen dient zum Aufbau von Bodenleben und Humus und bringt Dünger ein. In den ersten Jahren wurde dafür das Grünschnitt-Material aus dem Wörgler Feuchtbiotop Filz verwendet. Dort wird es entfernt, um eine Düngung der Magerwiesen zu verhindern – und im Freigarten war biologisches Material als Dünger willkommen.
Deutliches Zeichen für die Bodenbelebung ist die Zunahme der Regenwürmer, aber auch anderer tierischer Helfer: Vögel, Marienkäfer und Blindschleichen fanden etwa in der Pflanzenvielfalt ein Zuhause. Und seit dem heurigen Sommer bekam der Freigarten sogar Besuch von Hühnern aus der Nachbarschaft. Was auch immer dazu beigetragen haben mag – jedenfalls war heuer ohne „menschliche Schneckenbekämpfung“ überraschend Schluss mit der Schneckenplage!
Der Freigarten entwickelte sich in den vergangenen fünf Jahren auch als Sozialraum. Durch Projekte wie den Bau von Insektenhotels mit Volksschülern, Jam-Sessions junger MusikerInnen oder der Durchführung von Saatgut-Tauschbörsen in den ersten Jahren, auch Flüchtlinge halfen bereits bei der Gartenpflege. Zu den Nutzern zählten Kindergarten-Gruppen auf Kräuter-Exkursion ebenso wie junge Leute, die hier ihr Feierabend-Bier trinken ohne ihren Müll liegen zu lassen. In der Mittagspause ein Buch lesen oder nur zum Entspannen hinsetzen – diese Möglichkeit nützten ebenso viele Freigarten-BesucherInnen. Die Trinkwasserstelle macht den Freigarten im Sommer zusätzlich attraktiv, auch für Hundebesitzer – Probleme mit Hundekot-Verschmutzungen gibt es aber nicht. Und nach dem Prinzip, dass ernten für alle erlaubt ist, wurde auch davon immer gern Gebrauch gemacht – ob Kartoffeln, Beeren, Hollerblüten, Quitten, Kürbis, Zucchini und vor allem Kräuter, vieles landete in Kochtöpfen und Teekannen.
Wer Interesse hat, beim Freigarten-Projekt mitzumachen und dabei mehr übers Garteln mit der Natur zu erfahren, ist in der ehrenamtlich tätigen Gruppe herzlich willkommen. Im Frühling geht´s mit der Gartenarbeit weiter. Kontakt: Jutta Seethaler, E-Mail jutta.seethaler(at)chello.at