Das Land Tirol will invasive Arten von Tiroler Seen fernhalten und veranlasste die Untersuchung von 40 Tiroler Seen auf heimische und gebietsfremde Arten mit dem Fokus auf Fisch-, Muschel-, Krebs- und Wasserpflanzenarten. Dabei wurden gebietsfremde Arten vereinzelt entdeckt, eine Gefahr für den Menschen geht von ihnen nicht aus – wohl aber fürs Ökosystem. Das Land setzt jetzt auf dieSensibilisierung der Tiroler Bevölkerung mittels Info-Broschüre und Plakaten.
Gebietsfremde Arten sind eine Bedrohung für die heimische Flora und Fauna. Das gilt nicht nur an Land, sondern auch für Tiere und Pflanzen in Gewässern. Dazu zählt beispielsweise die Quaggamuschel, die auch in Österreich bereits entdeckt wurde. Das Land Tirol hat im Rahmen einer innovativen Untersuchung anhand von Wasserproben und der darin enthaltenen DNA den Artenreichtum in Tirols Seen untersucht. Neben heimischen Tier- und Pflanzenarten wurden vereinzelt auch gebietsfremde Arten entdeckt: der Sonnenbarsch, der Galizische Sumpfkrebs und die Wandermuschel. Nicht weniger relevant sind aber die Quaggamuschel oder der Signalkrebs. Sie wurden derzeit noch nicht in Tiroler Seen entdeckt.
„In Tirol wurden gebietsfremde Arten bislang nur in wenigen Gewässern nachgewiesen. Trotzdem reagieren wir bereits jetzt: Es ist wichtig, dass wir die Bevölkerung frühzeitig für die möglichen negativen Auswirkungen solcher Arten auf unsere Gewässer sensibilisieren und ihnen zeigen, wie jede und jeder einen Beitrag leisten kann, dass sie sich bei uns nicht ausbreiten können. Von den gebietsfremden Arten gehen derzeit keine unmittelbaren Gefahren für den Menschen aus“, erklärte LHStv Josef Geisler am 16. Juli 2024 bei einem Medientermin am Reintaler See. Dort wurde – wie in einigen anderen Seen im Bezirk Kufstein – die gebietsfremde Wandermuschel nachgewiesen. „35 Tiroler Badeseen stehen in Tirol grundsätzlich unter ständiger Beobachtung. Auch die letzte Untersuchung zeigte wiederum, dass unsere Seen eine ausgezeichnete bzw. gute Wasserqualität haben“, ergänzt LHStv Geisler.
Heimische, geschützte und fremde Arten in Tiroler Seen
In den untersuchten Gewässern wurden am häufigsten die für Seen typischen und heimischen Arten Flussbarsch und Vertreter aus der Gruppe der Weißfische festgestellt. Aber auch in Tirol geschützte Fischarten wie die Bachschmerle, die Koppe, der Bitterling und der Gründling konnten nachgewiesen werden. Als nicht heimische Arten sind beispielsweise die Arten Sonnenbarsch, Goldfisch, Gras-, Marmor- und Silberkarpfen und die Regenbogenforelle entdeckt worden. „Auch in Tirol geschützte Arten wurden identifiziert: In fünf von 40 Seen war der Edelkrebs nachweisbar und im Heiterwanger- und Plansee sogar der Dohlenkrebs. Mit dem Galizischen Sumpfkrebs im Baggersee Rossau sowie mit der Wandermuschel in sechs Seen im Bezirk Kufstein wurden gebietsfremde Arten entdeckt“, erklärt Gewässerökologe Johannes Oehm von der Abteilung Wasserwirtschaft des Landes. Bei Letzterer handelt es sich um eine gebietsfremde Muschelart, die sehr konkurrenzstark ist und dadurch heimische Arten verdrängen kann. Die gute Nachricht: In keinem der beprobten Seen wurden Wasserpflanzen nachgewiesen, die als gebietsfremd gelten.
Gebietsfremde Arten kaum aufzuhalten – Achtsamkeit aller wird benötigt
„Viele der gebietsfremden Arten sind harmlos. Andere wiederum sind konkurrenzstark. Sie können sich rasch vermehren und dadurch ökologische sowie wirtschaftliche Schäden verursachen. Zwar wurde die Quaggamuschel in Tirol noch nicht nachgewiesen, aber sie kann Leitungen und Seeeinbauten massiv besiedeln und durch ihre scharfkantigen Schalen besteht auch Verletzungsgefahr für den Menschen“, sagt Gewässerökologe Andreas Murrer von der Abteilung Wasserwirtschaft des Landes. Die Experten Murrer und Oehm erklären, warum es nun die Achtsamkeit aller benötigt: „Sind solche Arten in den Gewässern, sind sie kaum mehr einzudämmen. Umso wichtiger ist es, dass einige Maßnahmen beachtet werden.“ Dazu zählt beispielsweise Boote, Sport-, Tauch- und Angelgeräte sowie Badesachen beim Gewässerwechsel reinigen, trocknen und desinfizieren sowie Tiere aus Teich- oder Aquarienhaltung niemals in freie Gewässer setzen.
Infobroschüre und Plakate klären auf
Infos und Tipps zeigt eine neue Informationsbroschüre des Landes unter dem Titel „Die Aliens kommen. Gebietsfremde invasive Arten – eine Gefahr für die Tiroler Gewässer“ auf. Es sind kleine aber wirksame Maßnahmen, die jede und jeder beachten kann. Außerdem wird die Öffentlichkeit an Badestränden oder Tiroler Wassersportzentren mittels Plakaten über das Vorkommen und Gefahren invasiver Arten informiert. Im Fokus stehen Quaggamuschel, Signalkrebs und Sonnenbarsch. „Künftig gilt es, die Tiroler Seen als Lebensräume soweit zu erhalten, dass die vorkommenden heimischen und geschützten Arten und somit die heimische Biodiversität weiter bestehen bleiben. Dazu gehört auch, die Ausbreitung von invasiven gebietsfremden Arten zu verhindern und die nachteiligen Auswirkungen dieser Arten zu minimieren“, hebt LHStv Josef Geisler hervor.
Über die Studie
„Wir müssen wissen, welche Arten bei uns leben – an Land und im Wasser. Daher haben wir im Jahr 2023 eine Studie in Auftrag gegeben, bei der die vorkommenden Fisch-, Muschel-, Krebs- und Wasserpflanzenarten in 40 ausgewählten Tiroler Seen erhoben wurden“, erklärt LHStv Geisler. Dies geschah über die Detektion von eDNA (environmental DNA) in Wasserproben. Im Wasser befindet sich eine Mischung von Zell- und DNA-Fragmenten aller Arten, die das Gewässer besiedeln. „Diese DNA-Fragmente können aus Wasserproben extrahiert und analysiert werden, sodass festgestellt werden kann, welche Arten in dem Gewässer vorkommen. Je Wasserprobe erhält man eine Artenliste über die darin nachgewiesenen Arten“, erklärt Johannes Oehm. Anhand der dabei gewonnenen Artenlisten kann das Arteninventar der einzelnen Gewässer sowie die Verbreitung einerseits von wirtschaftlich relevanten Arten und andererseits von seltenen, gefährdeten aber auch gebietsfremden Arten abgeleitet werden.
Der gesamte Bericht sowie Plakat und Folder stehen unter www.tirol.gv.at/gewaesseroekologie zur Verfügung.
Text: Bettina Sax/Land Tirol