Pflanzenkohle selber herstellen und nutzen – ein Schulprojekt an der Bundeshandelsakademie Wörgl entwickelte ein kreatives Geschäftsmodell für die Kreislaufwirtschaft und verband damit Ökonomie und Ökologie in Theorie und Praxis. Die SchülerInnen gewannen damit den 1. Preis beim EUSALP-Jugendwettbewerb 2020.
Die SchülerInnen der 2AK der BHAK Wörgl haben das Projekt „Terra preta in the middle of the Alps“ ins Leben gerufen. Dabei beschäftigen sich die Jugendlichen damit, wie klimaschädliches CO2 durch Pflanzenkohle gebunden und absorbiert werden kann. Pflanzenkohle wird über den Pyrolyseprozess und mit Hilfe eines speziellen Ofens, der von der Schulklasse mit dem Preisgeld für den ersten Platz beim EUSALP-Jugendwettbewerb 2020 selbst finanziert wurde, erzeugt.
Die durch den Pyrolysevorgang entstandene Pflanzenkohle verbessert landwirtschaftlich genutzte Böden langfristig, vermehrt den Ernteertrag, lässt den Boden Wasser besser aufnehmen und reduziert die Geruchsbelästigung durch Gülle. Getestet und angewendet wird das Endprodukt an der BHAK bereits in den selbst gebauten Hochbeeten im Garten und auf dem Dach der Schule. Erste Ernteerfolge zeigen bereits die Wirksamkeit der aktivierten Pflanzenkohle.
„Die Schülerinnen und Schüler haben sich eingehend und vor allem sehr praktisch mit dem Thema auseinandergesetzt. Sie setzen sich damit nicht nur theoretisch mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen auseinander, sondern betreiben aktiven Klimaschutz in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld“, freut sich Klimaschutzlandesrätin LHStvin Ingrid Felipe. Die Klasse hat neben dem EUSALP-Jugendwettbewerb mittlerweile auch einen Sonderpreis der ChemielehrerInnen 2021 gewonnen und steht mit einer Projektgruppe vor dem Finale der Rotary-Changemaker – einem Preis für Entrepreneurship – wie Klassensprecher Max Sprenger erzählt: „Wenn wir sehen, wie gut das Projekt ankommt und wie viele Leute uns unterstützen, dann motiviert das ungemein – auch wenn es viel Zusatzarbeit ist.“
Ökologie und Ökonomie im Kreislauf denken
Beim Lokalaugenschein legten die SchülerInnen der Projektgruppe der Nachhaltigkeitslandesrätin auch gleich ihre nächsten Vorhaben dar: Vom Aufbau einer Vertriebs- und Vermarktungsschiene der in den Hochbeeten gezogenen Gemüse und Kräuter bis hin zu Ideen, wie man sich mit der Bindung von CO2 am internationalen Zertifikatehandel beteiligen könnte, reicht die Innovationskraft der Jugendlichen. „Es ist genau diese Umsetzung von theoretischem Wissen rund um die Themen Klimaschutz und Klimawandel in den Schulen und Bildungseinrichtungen, die einen essentiellen Grundstein für einen nachhaltigen Umgang der neuen Generation mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen bildet. Dass Bildung für nachhaltige Entwicklung kein eigener Unterrichtsgegenstand sein muss, sondern in unterschiedlichen Fächern einen praxisorientierten Eingang finden kann, hat die BHAK Wörgl mit der Umsetzung dieses spannenden Klimaprojektes bewiesen. Ich möchte den Schülerinnen und Schülern und den Pädagoginnen und Pädagogen zum gesamten Projekt, wie zu den errungenen Auszeichnungen ganz herzlich gratulieren.“
Klassenvorständin Elke Zach darf als Initiatorin des Projektes gesehen werden: „Man neigt dazu, Klimaschutz immer mit erhobenem Zeigefinger zu präsentieren. Das ist hier nicht der Fall. Die Jugendlichen ermitteln selbst, wie viel CO2 ihr Lebensstil verursacht und können mit Pflanzenkohle im Garten das CO2 kompensieren. Dass sie nebenbei entdecken, wie zusätzliches CO2 reduziert werden kann und wie einfach man an bestes Biogemüse kommt, macht jede weitere Theoriestunde überflüssig.“ Zudem ist Zach in der Gemeinde Kundl mit dem Terra Preta „Kundler Oberfeld Projekt“ aktiv und hat sich dabei das notwendige Fachwissen angeeignet. „Es macht richtig Spaß zu sehen, welch große Auswirkungen ein kleiner Anstoß hat. Auf einmal integrieren viele Familien Klimaschutz in ihren Alltag und setzen ihn nach dem uralten Terra Preta-Prinzip und mit lokaler Pflanzenkohle gerne fort.“
Text: Bettina Sax, Land Tirol