Die Natur vor der Haustür

Sie lieben die Natur vor der Haustür und den eigenen Garten als Erholungs- und Lebensraum – die 220 Mitglieder des Wörgler Obst- und Gartenbauvereines, der am 15. März 2018 zur Jahreshauptversammlung mit einstimmiger Neuwahl des erprobten Vorstandes lud. Über den Zaun schauen und beim Wandern die Augen offen halten, dazu forderte der Biologe und Botaniker Dr. Paul Vergörer mit seinem informativen und spannenden Vortrag „Die Farbenpracht der Alpenflora im Wandel der Jahreszeiten“ auf.

Der Obst- und Gartenbauverein Wörgl besteht seit 107 Jahren, wobei ein Schwerpunkt die Pflege der Obst-Kultur mit Erhalt alter heimischer Sorten und den Anbau neuer Züchtungen liegt. Baumschnittkurse im Frühjahr, Exkursionen zum Wildschönauer Kräutergarten sowie zum Natzer Apfelfest 2017, die regelmäßige Teilnahme an der Aktion Sauberes Wörgl und die Arbeit mit Kindern der Volksschule Bruckhäusl, für die u.a.  im Herbst 2017 ein Kürbisfest samt Apfelsaftpressen auf die Beine gestellt wurde, zählen zu den laufenden Vereinsaktivitäten, die Obmann Franz Feiersinger in seinem Bericht auflistete. Die von den Mitgliedern gern angenommen werden – so nehmen am 18. März 72 am Ausflug zum Josefimarkt in Trient teil. Die Aktion Sauberes Wörgl am 14.4. sowie der Tag der Offenen Gartentür am 17. Juni von 10-17 Uhr sind weiters Fixtermine, wobei bei der landesweiten Aktion heuer die Familie Sollerer in der Augasse 24 in Wörgl von der Jury als einer der sehenswerten Zier- und Nutzgärten im Bezirk Kufstein als Besichtigungsziel ausgewählt wurde.

Feuerbrand: wachsam bleiben!

Keine Entwarnung gibt´s beim Feuerbrand, wenn auch 2017 ein ruhiges Jahr war. „Zwei Bäume beim Kargl-Bauern mussten gefällt werden“, teilt Feiersinger mit und empfiehlt, weiterhin wachsam zu bleiben und bei Anzeichen der hochansteckenden,  bakteriellen Pflanzenseuche diese dem Feuerbrand-Beauftragten der Gemeinde Georg Griesser zu melden. Nach einem Schnelltest zur Feststellung des Befalls, der sich an braun-schwarz verfärbten, teilweise verkrümmten Triebspitzen zeigt, wird dann mit Fachleuten des OGV Wörgl die weitere Vorgangsweise abgestimmt – ob ein Ausschneiden befallener Pflanzenteile reicht oder der Baum ganz gefällt werden muss.

Wildbienen-Projekt in Wörgl, Itter und Angerberg

Im Herbst 2018 beendet Obmannstellvertreter Franz Feiersinger die laufende Ausbildung zum Projektgärtner, eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit TeilnehmerInnen aus Tirol, Bayern und Vorarlberg. Erstes Praxis-Resultat daraus ist bereits ein Wildbienenprojekt, das er gemeinsam mit Johanna Obwaller aus Itter und Andrea Malzer aus Angerberg umsetzt. Im Herbst pflanzte Franz Feiersinger mit den Kindern der Volksschule Bruckhäusl Frühlingsblüher und in den vergangenen Wochen wurde mit den Kindern ein Wildbienenhotel gebaut. „Besonders spannend wird es für die Kinder, wenn sie die zusehen können, wie die Bienen schlüpfen“, so Feiersinger, der dafür schon Kokons vorbereitet hat. Während in Bruckhäusl ein gemeinsames Wildbienenhotel errichtet wird, bastelten die Volksschulkinder in Itter und Angerberg Wildbienenhäuser zum Mitnehmen für den eigenen Garten.

Jahreshauptversammlung des Obst- und Gartenbauvereines Wörgl. Foto: Veronika Spielbichler

Obmann Franz Feiersinger (links) dankte dem abtretenden Rechnungsprüfer Sebastian Rabl für seine 35jährige Tätigkeit beim OGV Wörgl.

Die Neuwahl des Vereinsvorstandes für weitere drei Jahre bestätigte das namensgleiche Leitungs-Duo Obmann Franz Feiersinger, zuhause in der Ferdinand Exl-Straße und Stellvertreter Franz Feiersinger, zuhause am Putzweg in Wörgl-Boden. Kassier bleibt Johann Mauracher, stellvertretend Josef Haaser, Schriftführerin Michaela Klocker, Beiräte sind Ingrid Spitzenstätter und Markus Sollerer. Als Kassaprüfer fungieren Ing. Hannes Fritsche und Sieglinde Sappl. Gedankt wurde dem scheidenden Kassaprüfer Sebastian Rabl für sein 35jähriges Wirken beim OGV Wörgl.

Farbenpracht und medizinische Anwendung der Alpenflora

Nicht blind durch die Natur zu gehen, dafür plädierte der ehemalige Apotheker, Biologe und Botaniker Mag. Paul Vergörer in seinem reich bebilderten Vortrag über die Farbenpracht der Alpenflora im Wandel der Jahreszeiten. Dass diese buchstäblich vor der Haustür beginnt, verdeutlichte er u.a. mit zahlreichen Fotografien aus dem Wörgler Feuchtbiotop Filz sowie von Bergwanderungen. „Nur was man kennt, schützt man“, ist Vergörer überzeugt. In den beiden vergangenen Jahren führte er eine Pflanzenerhebung in der Filz durch, deren Resultat am 17. April ab 19:30 Uhr im Rahmen eines Film- und Informationsabends über die Filz vorgestellt wird. Die Bedeutung des ökologischen Kleinodes macht Vergörer anhand der wenig verbliebenen Naturflächen klar: „In den letzten 100 Jahren wurden 90 % der Feuchtgebiete trocken gelegt.“ Gezeigt wird weiters der Film „Die Filz im Jahreswechsel“, der vom Wörgler Filmemacher Armin Oberhauser 2011 bis 2016 gedreht wurde und der Schutzgebietsbeauftragte Philipp Larch informiert über Pflegemaßnahmen und aktuelle Entwicklungen.

Paul Vergörer vermittelte neben der Farbenpracht auch die Bedeutung vieler heimischer Pflanzen in der Medizin, deren Wirkungen erforscht wurden und weiterhin werden. Schneeglöckchen bei Alzheimer, Edelweiß gegen die Wiederverkalkung nach Bypass-Operationen, Seidelbast bei Gürtelrose, Herbstzeitlose bei Gicht oder das natürliche Aspirin in der Rinde der Silberweide – von Selbstversuchen ist bei den teilweise hochgiftigen Pflanzen allerdings strikt abzuraten! Hagebutte bei Arthritis und Gelenksentzündungen oder Cranberry bei Blasenentzündung sind da schon leichter anzuwenden.  Vergörer gab Einblicke in die Bestäubungs-Tricks der Pflanzen und Standort bezogene Lebensbedingungen. So sind Lungenflechten, die in der Heilkunde homöopathisch bei Schnupfen, Stirnhöhlenentzündungen und Bronchitis eingesetzt werden, ein Gütezeichen für saubere Luft.