„Ein hartes Stück Arbeit und ein steiniger Weg“ – so beschrieb Wörgls Tagungshaus-Direktor Herwig Ortner bei der feierlichen Eröffnung des generalsanierten Bildungshauses der Erzdiözese Salzburg am 21. November 2024 die fordernde Planungs- und Bauzeit. Gastfreundlich, offen, modern – und vor allem barrierefrei auf allen Etagen lautete die Zielsetzung beim gelungenen Umbau, für den mit Kosten von über 4 Millionen Euro gerechnet wird. Nach dem Festakt mit Erzbischof Dr. Franz Lackner und Landeshauptmann Anton Mattle lädt das Tagungshaus die Bevölkerung zum Kennenlernen des Hauses beim Tag der offenen Tür am Samstag, 23. November 2024 von 10 bis 17 Uhr.
Die Fertigstellung der Bauarbeiten erfolgte während des bereits wieder angelaufenen Betriebes im Haus, das neben dem Bildungshaus mit Saal und vier Seminarräumen weitere kirchliche Einrichtungen wie das Caritas-Zentrum als Anlaufstelle für Menschen in Not, die Servicestelle Demenz der Caritas mit ihren vielfältigen Angeboten und der sozialpädagogischen Familienhilfe, die Katholische Aktion, die Katholische Pädagogische Hochschule für die Religionslehrerfortbildung, die Kirchenmusik inklusive Hausorgel, die Katholische Aktion, die Katholische Frauenbewegung und Peter Thomaset´s Lebens- und Sozialberatungsstelle für Männer beinhaltet. Im ersten Stock befindet sich die Kirchenbeitragsstelle, die von Kufstein nach Wörgl übersiedelte. Neu im Haus ist die „Junge Kirche“, die ihren Sitz ebenfalls von Kufstein nach Wörgl verlegt hat. Im Tagungshaus finden weiterhin die Treffen der Anonymen Alkoholiker-Selbsthilfegruppe statt. Ein Seminarraum wurde speziell für kreative, musikalische Zwecke ausgestattet.
Den schönsten Platz im Haus bezog im 2. Stock die Wörgler Stadtbücherei, die gemeinsam von Pfarre und Stadt betrieben wird. Im Parterre empfängt ein großzügiges Foyer die Gäste und um mehr Raum für die Einrichtungen im Haus zu gewinnen, wurden die Wohnungen aufgelassen. Zum neuen Gesicht des Tagungshauses zählt auch der neu gestaltete, verkehrsfreie Vorplatz samt Rampe, dessen Pflasterung im Endspurt der Bauarbeiten in den letzten Tagen erst fertiggestellt wurde. Die Barrierefreiheit im Haus ermöglicht ein neuer geräumiger Lift und die thermische Sanierung , die neue Fenster, Fassadendämmung und eine PV-Anlage am Dach beinhaltet, hilft künftig Energiekosten zu sparen und dem Klimaschutz.
Die Segnung des Hauses und aller Menschen, die hier arbeiten, nahm Erzbischof Franz Lackner gemeinsam mit Wörgls Pfarrprovisor Christian Hauser vor, dem eigentlichen „Hausherren“, da das Tagungshaus Eigentum der Pfarre Wörgl und die Erzdiözese darin eingemietet ist.
Ein Freudentag
Ein Bläserquintett der Landesmusikschule eröffnete den feierlichen Festakt im renovierten Saal, der mit neuen Fenstern und neuem Bodenbelag ausgestattet wurde. Tagungshausleiter Herwig Ortner begrüßte unter den Festgästen neben Erzbischof und Landeshauptmann zahlreiche kirchliche MitarbeiterInnen, VertreterInnen der Pfarre mit PGR-Obmann Heinz Werlberger und Kirchenrat Hans Mauracher sowie der Stadtgemeinde mit Bürgermeister Michael Riedhart und Vizebgm. Kayahan Kaya an der Spitze, die ehemalige Tagungshausleiterin Dr. Edith Bertel sowie die Repräsentanten der bauausführenden Firmen.
„Es war ein hartes Stück Arbeit und es hat sich von Anfang an gewehrt, seit vor dreieinhalb Jahren die Entscheidung für den barrierefreien Umbau getroffen wurde“, ging Ortner auf die herausfordernde Umbauzeit ein. Der „steinige Weg“ beinhaltete einen Planerwechsel, lange Gutachterverfahren und Umplanungen aufgrund der Kosten. „Wir haben jeden Euro drei Mal umgedreht und sind im Wesentlichen im Budget geblieben“, betonte Ortner und dankte der Erzdiözese, Land und Bund für die Unterstützung. Die Schlussabrechnung liegt noch nicht vor, wird aber voraussichtlich Kosten von 4,3 Millionen Euro für die Erzdiözese ausweisen. Das Land steuert 200.000 Euro bei und der Bund für die thermische Sanierung 160.000 Euro. In seine Dankesworte schloss Ortner „den lieben Gott für die unfallfreie Bauzeit“ ebenso ein wie das Pfarrteam und den Nachbar Gerhard Thurner, dem Eigentümer des neuen Lokals für den Sozialmarkt der Caritas.
Ein Bildungshaus für alle
„Gastfreundlich, offen und modern“ – diese Eigenschaften waren Ortner bei der Neugestaltung besonders wichtig, um Bildung den richtigen Rahmen zu geben. „Bildung hilft Antworten auf Fragen unserer Welt im Wandel zu finden“, so Ortner. Mit der biblischen Weisheit in Berührung zu kommen zähle ebenso dazu wie unterschiedliche Perspektiven kennen zu lernen. „Individualisierung und Säkularisierung sind Herausforderungen, denen wir uns alle stellen müssen“, so Ortner. Dabei gäbe es keine einfachen Antworten auf schwierige Fragen. Es gelte, „hoffnungsvoll die Zukunft zu gestalten.“
Mit dem (Stellen-)Wert der Bildung setzte sich Dr. Markus Welte, Vorsitzender des Tagungshaus-Kuratoriums auseinander. Ein Baustellen-Lokalaugenschein heuer im Mai beeindruckte ihn tief: „Da stand nur noch das tragfähige Gerippe des Hauses – der leere Rohbau wie eine Bild gewordene Frage: Was wird der Inhalt?“ Welte sieht drei Aufgabenbereiche: „Begegnungsort für kirchliche Gruppen, Vereine und Initiativen. Zentrale Servicestellen kirchlicher Einrichtungen und ein Ort der Bildung und Weiterentwicklung für Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen.“ Die Bildung stehe vor großen Herausforderungen. Das Internet beschere eine ständig wachsende Informationsfülle, die aber nicht mit Bildung gleichzusetzen ist – dazu brauche es, „mit den Augen des Herzens zu sehen“, Wahrnehmungskompetenz zu entwickeln. Eine „Kultur der Innerlichkeit“ sei das Fundament. Und so solle Bildung die Dimension des Religiösen einbeziehen, als Kraftquelle für den Widerstand. Bildung soll Menschen „helfen, mit ihrem Inneren in Kontakt zu kommen und Resonanzfähig zu werden.“
Die Geschichte des Hauses und kritische Stimmen
Seine Freude über den gelungenen Umbau drückte Wörgls Pfarrprovisor Christian Hauser aus und lud ein, „dankbar rückwärts, mutig vorwärts und freudig und gläubig aufwärts zu schauen“. Zunächst ging er auf die von Pfarrgemeinderatsobmann Heinz Werlberger recherchierte Geschichte des Hauses ein. 1891 wurde unter Johann Grömer der Wörgler Vinzenzverein gegründet, der 1892 die Liegenschaft erwarb und darauf ein Vinzenzi-Haus für einen Kindergarten und die Unterbringung der Klosterschwestern, die diesen betreuten, 1893 erbaute. 1911 wurde ein Turnsaal angebaut. Während des 2. Weltkrieges wurde der Kindergarten stillgelegt, der Vinzenzverein aufgelöst – und danach wieder gegründet. 1965 überschrieb der Vinzenzverein unter Obmann Peter Widauer das Gebäude der Pfarre, mit der Auflage, es zu Modernisieren. Die Idee zum Bildungshaus für den Tiroler Anteil der Erzdiözese Salzburg hatte dann Anfang der 1970er Jahre der aus Bruckhäusl stammende Weihbischof Jakob Mayr. Der Kindergarten übersiedelte 1978 in die Stelzhamer Straße und Gustl Schwarzmann übernahm als erster die Tagungshausleitung. 1990 erfolgte die erste Erweiterung, die 1992 unter Pfarrer Erich Jell feierlich eingeweiht wurde. 2012 wurden Saal und Foyer neu gestaltet und 2022 begann die Planung für den neuerlichen Umbau.
„Die Erzdiözese ist ein sehr guter Partner“, betonte Hauser. „Das Tagungshaus ist unser Pfarrsaal, den Keller nützt die Jungschar und unterm Dach findet unsere gemeinsam mit der Stadt betriebene Bücherei Platz.“ Hauser dankte für die gute Zusammenarbeit, die allerdings „in den letzten Monaten nicht ganz konfliktfrei war. Es hat auch kritische Stimmen gegeben, ob das nicht Geldverschwendung ist.“ Doch der Aufwand lohne sich und nun gelte es, „mutig vorwärts zu schauen“.
Für Bürgermeister Michael Riedhart ist das Tagungshaus auch „ein Haus der Emotionen, der Begegnungen und Erlebnisse“. Das Haus werde von der Bevölkerung sehr gut angenommen. „Jeder Euro ist hier sehr gut investiert!“, so Riedhart, der zu „Mut und Weitblick“ gratulierte.
„Die Kirche hat viele Herausforderungen zu meistern“, erklärte Landeshauptmann Anton Mattle und wies auf die Bedeutung des Hauses für die 61 Pfarren im Tiroler Anteil der Erzdiözese Salzburg hin. „Städte brauchen Orte der Begegnung“, so Mattle, dem das Motto des Bildungsprogrammes mit den „begegnen – bewegen – bilden“ gefällt, um gesellschaftliche Spaltung zu überwinden. „Herzensbildung – da steckt alles drin“, betonte der Landeshauptmann und hob die Gastfreundschaft als hohes Gut hervor, die weit über die touristische hinausgehe. Offenheit sei im Hinblick auf eine vielfältige Gesellschaft unabhängig von sozialem, religiösem Hintergrund oder geschlechtlicher Orientierung gewünscht und gebraucht. Die Gesellschaft brauche Wertevermittlung für die Gemeinschaft. In diesem Sinne dankte Mattle und hob die gelebte Kooperation im Tagungshaus hervor. „Ich wünsche eine erfüllende Arbeit all jenen, die im Haus arbeiten und Geborgenheit für alle, die das Haus als Ort der Begegnung nützen.“
„Nur eines ist teurer als Bildung. Nichtbildung“ – mit diesem J.F.Kennedy zugeschriebenen Zitat eröffnete Erzbischof Franz Lackner seine Grußworte und wies darauf hin, dass die Erzdiözese 14 % ihres Budgets im Bildungsbereich ausgebe. „Bildung ist was bleibt, wenn das Gelernte vergessen ist.“ Lackner brachte gegenüber der Politik seine Sorge zum Ausdruck, dass „bei der Regierungsbildung die konfessionelle Bildung vergessen und ins Private gedrängt“ werde. Glaubensbildung sei aber nach wie vor wichtig, denn „zum Wesen des Glaubens zählt die Fragwürdigkeit“. Im Sinne einer umfassenden Bildung brauche es Einrichtungen wie das Tagungshaus.
Erzbischof Lackner nahm die Segnung für eine gute Zukunft der Einrichtungen und der Arbeit im Haus vor und weihte die Rupertus-Kreuze, die in den Räumen des Tagungshauses ihren Platz finden. Nach der festlichen Einstimmung durch das Bläserquintett der LMS Wörgl klang die Feierstunde beim köstlichen kalten Büffet im Foyer aus, das vom „Genusswerk“ angefertigt wurde – ein weiteres Zeichen „gelebter Nachbarschaft“, freut sich Herwig Ortner.
Neuer Bücherei-Standort
Rundum glücklich mit dem neuen Bücherei-Standort sind deren MitarbeiterInnen unter der Leitung von Manuela Atzl. „Am ersten Öffnungstag kamen 143 Mitglieder – wir hatten zu viert alle Hände voll zu tun!“ freut sie sich darüber, dass nach der Rück-Übersiedelung vom Ausweichquartier neben der Bücherei Zangerl der neue Standort auf Anhieb so gut angenommen wird.
Die Bücherei verfügt über rund 7.500 Medien – Bücher, Zeitschriften, Hörbücher und Tonie´s für jedes Alter und jeden Geschmack. Ob Krimi, Liebesroman, Sachbücher und jede Menge Kinder- und Jugendliteratur – die 1918 registrierten BüchereinutzerInnen haben eine große Auswahl für ihre Lese-Leidenschaft.
Wörgler Saatgutbibliothek
Manuela Atzl bietet in der städtischen Bücherei noch eine besondere Ecke an: Die von ihr geleitete Wörgler Saatgut-Bibliothek! Um gemeinsam für mehr Vielfalt im eigenen Garten und am Balkon zu sorgen. Mitmachen geht ganz einfach: regionales Saatgut kostenlos ausleihen, aussäen, ernten und wieder zurückgeben. „Damit wir einen Kreislauf schaffen“, erklärt Atzl, die damit Wissen um samenfestes Saatgut verbreiten und eine regionale Vernetzung von HobbygärtnerInnen sowie Biodiverisität und Sortenerhalt von regionalem Saatgut ermöglichen will.