Eine dicke Mappe mit Notfallszenarien liegt auf dem Tisch, darauf ein Organigramm der Stadteinsatzleitung, die bei Katastrophen aller Art die richtigen Entscheidungen für die Sicherheit und Versorgung der Bevölkerung treffen soll. Was im Ernstfall reibungslos funktionieren soll, muss auch geübt werden. Und so fand sich der Gemeinde-Einsatzstab am 23. November 2022 im Feuerwehrhaus zur Hauptübung ein, bei der ein Blackout-Szenario abgearbeitet wurde.
„Es gibt einen Hackerangriff auf das gesamte Tiroler Stromnetz“, lautet die Mitteilung bei der ersten Lagebesprechung im Schulungsraum der Freiwilligen Feuerwehr Wörgl, wo sich die sechs Stabstellen mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen einrichten. Stadteinsatz-Koordinatoren sind Wörgls Rot Kreuz-Ortsstellenleiter Gerhard Thurner und Christoph Spitzl von der Feuerwehr, die unter der Einsatzleitung von Bürgermeister Michael Riedhart agieren.
„Die sechs Stabsstellen bestehen jeweils aus drei Personen“, erläutert Thurner, während im Nebenraum der Notfall durchexerziert wird. Was ist zu tun, wenn plötzlich der Strom in ganz Tirol weg ist? Wenn aus dem lokal begrenzten Stromausfall ein länderübergreifendes Blackout mit ungewisser Dauer wird? Wie kann die Bevölkerung informiert, mit Lebensmitteln und medizinisch versorgt werden? Worauf müssen sich die Rettungskräfte einrichten?
Die ehrenamtlich arbeitenden Stabstellen organisieren Personal, erstellen Schichtpläne, bauen Infostellen und Versorgungsstrukturen auf, dokumentieren alle Vorgänge und werden dabei von AssistentInnen und seit heuer von einem Drohnenteam unterstützt. Bereits in der abgelaufenen Gemeinderatsperiode wurde für Wörgl ein Alarmplan mit allen relevanten Szenarien samt Checklisten erstellt. „Nach Alarmierung über die Landeswarnzentrale hat jedes Stabsmitglied seinen eigenen Ordner mit Anweisungen, was zu tun ist“, erklärt Gerhard Thurner. Einsatzzentrale in Wörgl ist das Feuerwehrhaus, hier werden im Notfall auch die Stabstellen aufgebaut.
Seit Juni finden alle zwei Wochen Stabsübungen statt, wobei bei der Jahreshauptübung erstmals auch externe Presse eingebunden wurde. Das erste Mal dabei war auch Wörgls Bürgermeister Michael Riedhart sowie Vizebgm. Kayahan Kaya. Sie erfuhren bei den Lagebesprechungen, bei denen alle Stabsmitglieder auf den gleichen Informationsstand gebracht werden, den Ablauf des geprobten Ernstfalles. Erst fällt in Tirol der Strom aus, kurz danach das Handynetz und das gesamte europäische Stromnetz, landesweit wird Zivilschutzalarm ausgerufen.
Die Einsatzkräfte errichten daraufhin in Wörgl drei „Leuchttürme“ im Stadtgebiet, die FF Bruckhäusl ebenfalls einen. Diese Leuchttürme sind Licht- und Wärmeinseln, werden mit Feldküchen und medizinischer Ausrüstung bestückt, während die Stabstelle 4 bereits mit Wörgler Lebensmittelhändlern in Kontakt tritt. 164 Personen nach einem Zugsunglück werden ins Schulzentrum zur Versorgung gebracht, dazu auch die Citybusse eingesetzt.
Und die Information der Öffentlichkeit? Sie erfolgt zunächst über die Medienkanäle der Stadtgemeinde sowie über Lautsprecher-Durchsagen in Deutsch und Englisch aus fahrenden Polizeiautos sowie halbstündlich mit aktuellen Meldungen auf dem Regionalradio-Sender des ORF. Die Stabstelle 5 ist mit Pressearbeit betraut – und so wird um 21 Uhr auch eine Pressekonferenz simuliert, bei der sich Bürgermeister Riedhart den Fragen stellt und Auskunft gibt.
Lehren aus der Katastrophenschutz-Übung können übrigens nicht nur der Einsatzstab und die Einsatzkräfte ziehen. Aus der Simulation resultieren auch praktische Tipps für die Bevölkerung: Batteriebetriebene Taschenlampen und Radios gehören ebenso dazu wie vernünftige Vorratshaltung bei Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten. Und im Ernstfall: Ruhe bewahren…