2020 hätte der Obst- und Gartenbauverein Wörgl sein 110-jähriges Jubiläum gefeiert – doch die Corona-Pandemie verordnete dem Vereinsleben eine Zwangspause. Diese wurde am 16. September 2021 mit Abhaltung der Jahreshauptversammlung mit einstimmiger Wiederwahl des amtierenden Vorstandes und einem spannenden Vortrag von Georg Miggitsch über Pflanzenkohle und die Terre-Preta-Methode beendet.
Heimische Obstsorten kultivieren, Obstbäume pflegen, die Bodenfruchtbarkeit auf natürlichem Weg erhöhen, der Artenvielfalt Platz geben, Erfahrungen und Wissen miteinander teilen und einen Beitrag zum Gemeinschaftsleben in Wörgl leisten – das liegt dem Obst- und Gartenbauverein Wörgl am Herzen. Wie das gelebt wird, zeigte der Veranstaltungsrückblick von Obmann Franz Feiersinger auf die beiden vergangenen Jahre. Über „Bestäuber der ersten Stunde“ vermittelte der Verein ebenso Wissen wie über richtigen Obstbaumschnitt. „Im September 2019 beteiligten wir uns wieder an der Baumpflanzaktion und setzten 30 Obstbäume“, teilte Feiersinger mit. Seit 2006 wurden tirolweit im Rahmen der vom Land geförderten jährlichen Aktion rund 30.000 Bäume gepflanzt, wobei dabei großer Wert darauf gelegt wird, alteingesessene Sorten wieder zu kultivieren.
Der Baumschnittkurs im März 2020 blieb im Vorjahr Corona-bedingt die einzige Gemeinschaftsaktion. Baumschnitt und Gartenarbeit gingen aber wie gewohnt weiter und am 9. Oktober 2021 steht nun wieder ein Tagesausflug mit Bus für Mitglieder zur Latschenkieferbrennerei Vitalpinum in Osttirol am Programm. Feiersinger wies auf die Landesobstausstellung in Hall in Tirol am 1. und 2. Oktober hin, bei der auch Obstsortenbestimmungen durch Pomologen durchgeführt werden. Bei Interesse müssen dafür am 28. September 20-25 Früchte abgegeben werden.
Die Neuwahl wickelte Bezirksobmann Reinhard Hirzinger ab. Die bewährte „Franz-Feiersinger-Doppelführung“ bleibt wie auch der gesamte weitere Vorstand für die nächste Funktionsperiode bestehen. Als Kassier fungiert Johann Mauracher, stellvertretend Josef Haaser. Schriftführerin ist Michaele Klocker, stellvertretend Ingrid Spitzenstätter. Beirat bleibt Markus Soller. Als Kassaprüfer sind Ing. Hannes Fritsche und Sieglinde Sappl im Einsatz.
„Der OGV Wörgl ist gut aufgestellt!“ gratulierte Landesobmann Helmut Stubenvoll und gab Einblick in die Arbeit und Themen des Landesverbandes, im dem 117 Vereine mit über 21.000 Mitgliedern vereint sind. Weiterbildung der Vereinsfunktionäre und Baumpflanzaktionen – das Land unterstützt mit 10 Euro pro Obstbaum – zählen zu den Schwerpunkten.
Mit einem herzlichen Dank für die Arbeit im Garten eröffnete Bezirksobmann Hirzinger sein Statement. Er beobachtete in den vergangenen Jahren, dass wieder mehr Gemüse in den Gärten angebaut wird, weniger Spritzmittel ausgebracht und stattdessen biologisch gearbeitet werde. Ein Garten mache viel Arbeit – aber auch große Freude und sei eine „sinnvolle Betätigung im Alter“, gut für die Gesundheit und das Wohlbefinden.
Terra Preta – die erstaunliche Wirkung von Pflanzenkohle
Georg Miggitsch aus Bad Häring schulte über Jahrzehnte weltweit Personal für Forstseilkräne ein und bekam dabei die Veränderungen im Wald durch die Holzindustrie hautnah mit. „Dabei bin ich auch auf den Einsatz von Pflanzenkohle im Garten gestoßen. Schon erste Versuche zeigten eine faszinierende Wirkung“, so Miggitsch, seit über 30 Jahren passionierter Hobbygärtner. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit im technischen Bereich befasste er sich intensiv mit der Terra Preta Methode, legte selbst einen Versuchsgarten in Schwoich neben dem Stöfflbräu an, experimentierte, tüftelte Gartenwerkzeuge und Pyrolyse-Öfen zur Herstellung von Pflanzenkohle aus Holzabfällen aus, produziert und verkauft sie, handelt mit Pflanzenkohle und gibt sein Wissen in Vorträgen weiter.
„Terra Preta bedeutet schwarze Erde, die im Amazonasbecken entdeckt wurde“, weist Miggitsch auf den Ursprung der Methode in Südamerika hin. Die extrem fruchtbaren Böden wurden aus einer Mischung von Pflanzenkohle, Dung und Kompost hergestellt, wie Archäologen herausfanden. „Pflanzenkohle sorgt für Bodenlockerung, verbesserte Wasserspeicherung und Bodenfruchtbarkeit, verhindert Nährstoffauswaschungen und ist die einzige Methode,CO2 im Boden zu binden und damit der Atmosphäre zu entziehen“, gab Miggitsch einen Überblick über die Eigenschaften bei richtiger Anwendung. „Es gibt nur positive Wirkungen, eine Überdosierung ist nicht möglich.“
Optimiert wird der Einsatz von Pflanzenkohle durch deren Aktivierung. „Pflanzenkohle ist ein leeres Gerüst, Terra Preta ist mit Bodenorganismen besiedelt“, erklärt Miggitsch. Die Kohle wirke wie ein Magnet auf Nährstoffe, die dann an die Pflanzen abgegeben werden. Wichtig sei, die Pflanzenkohle vor Einbringung zu kompostieren – mit Nährstoffen aufzuladen und durch biologische Mikroorganismen zu aktivieren.
Einen weiteren positiven Effekt der Pflanzenkohle im Garten bestätigte OGV-Mitglied Evi Widauer: „Das hilft auch gegen Nacktschnecken.“ Georg Miggitsch hat dafür auch die wissenschaftliche Erklärung. Der Ascheanteil in der Kohle hebe den ph-Wert im Boden ins leicht basische Milieu – „und das mögen Schnecken nicht.“
Miggitsch, überzeugt durch den eigenen Ernteerfolg im Garten, sieht Bodenverbesserung durch Pflanzenkohle auch großflächig in der Landwirtschaft: „Wenn Pflanzenkohle zwei Wochen vor Ausbringung in die Gülle eingebracht wird, nimmt diese Ammoniak und den Geruch auf – die Gülle ist nicht mehr scharf und damit besser für die Wurzeln der Pflanzen“, so Miggitsch. Als Dosierempfehlung gelte 1 Kubikmeter Kohle auf 200 Kubikmeter Gülle. Im Rosenheimer Raum wenden über 1.000 Bauern diese Methode bereits an – ein Segen für die Luft- und Bodenqualität. Wobei Pflanzenkohle nicht gleichzusetzen mit handelsüblicher Holzkohle sei, da sie dem Düngemittelgesetz und damit strengen Grenzwerten unterliege.
Die Einbringung von CO2 in den Boden mittels Pflanzenkohle – ein Kubikmeter Holz als Kohle binde eine Tonne CO2 auf 100 Jahre – sei heute die einzige CO2-Reduktionsmethode, die überall angewendet werden könne. Für den Hausgarten bietet Miggitsch fertige Anwendungspakete mit Pflanzenkohlepulver mit EM-A, Urgesteinsmehl, Weizenkleie und Kaffeehäutchen sowie auch leihweise Pyrolyse-Öfen zum rauchfreien Verkohlen von Strauchschnitt und Holzabfällen.