Wenn am 12. Juni 2016 Ernestine und Roland Hofer ihr Café Moser in der Wörgler Bahnhofstraße zusperren, wird es für immer sein: die 1953 als Lebzelterei gegründete Konditorei wird aufgelassen, das Gebäude verkauft, womit ein Kapitel Wörgler Caféhaus-Tradition endet.
Den Grundstein für den Familienbetrieb legte Alois Moser mit seiner Lebzelterei in der Brixentalerstraße, damals noch ohne Verkaufslokal. Nebenbei begann die Herstellung von Kuchen, die zunehmend reißenden Absatz in Gasthäusern fanden. In die Umgebung wurde mittels Dreirad zugestellt, für Kuchenlieferungen auswärts wie in die Wildschönau oder nach Scheffau waren die Bus-Chauffeure der Postautos als „Kuchen-Kuriere“ im Einsatz – an den Haltestellen wurde die süße Fracht gern abgeholt.
Nicht nur ausliefern, sondern selbst verkaufen – während Alois weiter fleißig in der Backstube stand, eröffnete er mit seiner Frau Erna 1957 das erste kleine Caféhaus in der Bahnhofstraße, das 1972 für 3 Jahre verpachtet und 1975 wieder von Erna und Alois übernommen und ausgebaut wurde. Der erste Stock kam dazu – und eine damals absolute Neuheit in Wörgl: Ein Nichtraucherlokal im Parterre, der Qualität der Kuchen zuliebe. 1987 übernahm Tochter Ernestine und ihr Mann Roland Hofer den Betrieb. Neuerliche Umbauten folgten, der letzte im Jahr 2000 mit Errichtung der großen Kuchentheke im Eingangsbereich und weiterem Raucherbereich im Parterre.
Die Konditorei war jahrzehntelang beliebter Treffpunkt und weitum geschätzt für die köstlichen Kuchen und Torten. Am Wochenende füllten bis zu 24 Sorten die Vitrine. Legendär die Cremeschnitten, auch die Kardinalschnitten, für die manche Kundschaft noch heute weite Wege auf sich nimmt und aus Innsbruck, München oder Kitzbühel anreist. „75 bis 80 Prozent unserer Gäste sind Stammkunden, darunter auch Urlauber aus Holland oder England, oft schon in zweiter Generation“, erzählt Roland Hofer, der an seinem abwechslungsreichen Beruf die Begegnung mit den Menschen am meisten schätzte. Nun folgt er seiner Frau nach in den Ruhestand und hat sich für die Pension mit Segeln, Skifahren, Schwimmen und Radfahren ein sportliches Freizeitprogramm vorgenommen.
Aus dem jahrzehntelangen Caféhausbetrieb weiß er auch allerlei Anekdoten zu erzählen. Von den „Golden Girls“ – einer illustren Damenrunde, für die er samstags gern über die Sperrstunde hinaus im Café ausharrte. Oder vom unauffälligen englischen Gast, der sich als Serviettenkünstler entpuppte und dem Cafétier Miniatur-Gemälde seines Gastlokals zum Geschenk machte. Mit Bilder-Ausstellungen von Eva Maria Wolzt, Dina Lieb und Jörg Emil Sommer oder Lesungen – unvergessen jene mit der Wörgler Autorin Inge Thiele, auf der Zither von Bartl Egger begleitet – trug das Café Moser in den 1980er Jahren auch zum städtischen Kulturleben bei.
Die Zeit brachte Veränderungen – wie weniger Zucker und mehr Joghurt und Früchte bei der Kuchenzubereitung. „Früher wollten die Leute lieber ungestört im Garten sitzen. Der wird heute fast nicht mehr angenommen, die Gäste sitzen lieber vorne in der Bahnhofstraße – sehen und gesehen werden“, stellt Hofer fest. Saisonal richtete sich das Kuchenangebot an den Jahreszeiten aus – im Sommer fruchtiger, im Winter cremiger und kalorienreicher. Was wird nun aus dem Rezepte-Schatz? „Dafür hat sich noch keiner interessiert“, sagt Hofer.
Wohl aber für das Gebäude. „Das Haus ist an unseren Nachbarn Apotheker Mag. Stawa verkauft“, teilt Hofer mit. Schon die Väter-Generation hatte das so eingefädelt. Nach Schließung des Kaffeehauses mit fünf Beschäftigten wird es keine Gastronomie mehr im Haus geben. Mit Juli 2016 endet übrigens auch der Mietvertrag des Bergbauern-Geschäftslokals. Was bleibt, ist auf jeden Fall die Erinnerung an ein süßes Stück Wörgler Kaffeehausgeschichte.