Pflege und Erhalt alter Obstbaumsorten und der Artenvielfalt – diese Ziele verfolgt der Obst- und Gartenbauverein Wörgl, der am 31. März 2023 zur 113. Jahreshauptversammlung ins Gasthaus Alte Post lud. „Angesichts der massiven Teuerung wollen die Leute wieder vermehrt im eigenen Garten, auch auf Balkonen und Terrassen Obst und Gemüse anbauen“, berichtete dabei der neu gewählte Landesobmann Pepi Stocker.
Obmann Franz Feiersinger begrüßte weiters Bezirksobmann Reinhard Hirzinger und Wörgls Landwirtschaftsreferent Hubert Werlberger zu Versammlung. Er konnte seinen Bericht kurz halten, fand doch erst im Oktober 2023 die letzte Generalversammlung statt – verzögert durch Corona. Am 18. März kamen 10 Interessierte zum Baumschnittkurs beim Unterkrumbacher. Vier Baumwarte sind für den OGV Wörgl ganzjährig im Einsatz. „Uns ist der Erhalt alter Streuobstwiesen und Sorten ein Anliegen“, erklärte Feiersinger. Bei der Landesgartenausstellung 2022 wurden in Tirol 485 Sorten gezählt, bei der 100-Jahr-Feier des Obst- und Gartenbauvereins 2013 waren es in Wörgl 55 Sorten.
Einen wertvollen Tipp, um Äpfel mit richtiger Lagerung möglichst lange frisch zu halten und über den Winter zu bringen, gab Bezirksobmann Reinhard Hirzinger den Gartler-Fans mit: „Die Äpfel in Kisten geben und an einem ungeheizten Ort wie der Holzhütte aufbewahren und sie dazu mit 5 cm Styropor unten und an den Seiten ummanteln. Oben mit einer dicken Decke abdecken – nicht luftdicht verschließen.“
Feiersinger wies auf den bevorstehenden 9. Tiroler Gartentag in Kufstein am Samstag, 15. April 2023 von 9-15:30 Uhr im Exerzitienhaus Maria Hilf in Kufstein hin. Referenten dabei sind OSR Rupert Mayr mit „Ein Garten der Vielfalt für gesunde Familien“, DI Martin Bramböck referiert über den Obstgarten im Frühjahr – Schnitt und Pflanzenschutz, Helga Plunser über Wildkräuter und Landesgeschäftsführer Ing. Manfred Putz zum Thema „Nachbarschaftsrecht – wenn sich zwei streiten: Bäume und Sträucher an der Grundstücksgrenze.“ Die Teilnahmegebühr beträgt 65 Euro, Anmeldung bis 5. April unter email evelyn.illmer@lk-tirol.at
Gesundheit aus dem eigenen Garten für die ganze Familie
In Tirol sind 20.000 Mitglieder in 116 Obst- und Gartenbauvereinen organisiert. Zu deren „Urgesteinen“ zählt der aus der Wildschönau stammende, pensionierte Niederndorfer Lehrer OSR Rupert Mayr, der mit seinem humorvollen Vortrag „Der Naschgarten übers Jahr für gesunde Familien“ eine Menge wertvoller Anregungen und Tipps für Gartengestaltung, Bodenfruchtbarkeit, Artenvielfalt und die Gartenarbeit mit Kindern gab.
Mayr, selbst auch begeisterter Imker, plädiert für möglichst viele blühende Pflanzen im Garten. Auf die bereits spürbaren Auswirkungen des Klimawandels reagierte er mit der Umstellung seiner Obstkulturen. Zunehmende Trockenheit ließ den Ertrag alter Bäume am felsigen Hang schwinden. „Da sind Kleinwuchsformen wie Spindelbäume besser geeignet“, so Mayr. Wer Nützlinge im Garten wie Bienen, Singvögel und Regenwürmer will, sollte ihnen gute Lebensbedingungen schaffen – kein Gift, kein Kunstdünger – dafür Artenvielfalt und Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit, die das Um und Auf für gesunden Ertrag sei. Dazu zählt auch, Nistkästen richtig zu montieren – das Flugloch nach Osten, sonst bleiben die kleinen gefiederten Freunde weg. Gegen die Schneckenplage hält Mayr sich Laufenten und Sulmtaler Hühner.
Mit Bodenbelebung verbessert Rupert Mayr nicht nur die Pflanzengesundheit, sondern mildert auch die Auswirkungen des Klimawandels ab: „Ein belebter Boden hält mehr Feuchtigkeit.“ Dazu gehört das Mulchen mit selbst produziertem Heu. Nasser Grasschnitt kann nur bei längeren Trockenperioden verwendet werden, sonst tritt Fäulnis ein und der Regenwurm bleibt weg. Auch eigne sich der erste Grasschnitt nicht zum Mulchen, da mit ihm viele Samen ausgebracht werden. Mayr rät zu sparsamem Düngen. Düngen sei Bodenbelebung, er verwende dafür nur reifen Kompost und beim Kartoffelsetzen „dreckige Schafwolle“ als Unterlage sowie das Urgesteinsmehl Biolit zum Bestreuen, das gegen die Fäule bei Knollen und Kraut helfe. Zuviel Mist und Gülle führe zur Stickstoffüberdüngung und viel zu hohen, gesundheitsschädlichen Nitratwerten im Boden und in den Früchten.
Mayr experimentiert in seinem 400 Quadratmeter großen Garten und seinem Obstrain seit Jahrzehnten. So zählt zu seinen Tipps, nur bei trockenem Boden im Garten zu arbeiten, um schädliche Verdichtung zu vermeiden. Und für die Solanin-Bodenentgiftung nach dem Kartoffelanbau Roggen zu pflanzen – so könne jahrelang am selben Platz der Kartoffelacker angelegt werden. (Anm. d. Red.: Solanin ist natürlicher Bestandteil der Kartoffeln und für den Menschen in hoher Konzentration giftig – grüne oder stark keimende Knollen sollen nicht gegessen werden).
Als Mithelfer im Garten schätzt Mayr vor allem den Regenwurm, der die Nährstoffe bestens für die Pflanzenverfügbarkeit aufbereitet. „Ein Regenwurm frisst jede Nacht sein eigenes Körpergewicht und kann pro Saison bis zu 700 junge Würmer produzieren“, so Mayr, der als Lehrer schon 1983 seine Hauptschulklasse für die Regenwurmzucht im Kompost für einen Geschichtenwettbewerb begeisterte und dieser dann mit den Schülerbeiträgen zum Thema „Fressen und gefressen werden – das Leben im Kompost“ landesweit gewonnen wurde.
Mayr war 27 Jahre lang Obmann des Obst- und Gartenbauvereins Niederndorf, auch dessen Gründer und plädiert für Jugendarbeit – allerdings unter richtigen Rahmenbedingungen. 23 Schulgärten initiierte er in sechs Jahren, davon übrig sind nur mehr sieben. Mit der personellen Betreuung stehen und fallen solche Projekte, da sollten immer Verantwortliche der Schule oder des Kindergartens eingebunden werden. Mayr rät auch, aktiv ältere Leute einzubinden und zu beschäftigen und lädt alle ein, „auf die Natur zu schauen – für die nächste Generation“, und beim Siedlungsbau auf entsprechende Gartengestaltung zu achten.
Und bei all der erforderlichen händischen Gartenarbeit solle man keinesfalls darauf vergessen, sich ein gemütliches Platzerl im Grünen einzurichten, um auszurasten und zu entspannen: „Fürs Seelenbad mitten im Paradies!“