Weniger Veranstaltungen, aber viel Arbeit in den Gärten, denn die Natur macht pandemiebedingt keine Pause – diese Bilanz zog der Wörgler Obst- und Gartenbauverein bei seiner diesjährigen Jahreshauptversammlung am 13. Oktober 2022. Die Bio-Obstbäuerin DI Regula Imhof referierte dabei über Nützungsförderung zur Erhaltung der Artenvielfalt im Hausgarten.
Zum Aufgabengebiet des Obst- und Gartenbauvereines Wörgl zählt neben der Durchführung von Veranstaltungen ganzjährig der Pflegeschnitt bei Obstbäumen. Die gute Nachricht: Seit etwa vier Jahren wurde in Wörgl kein einziger Fall der Obstbaumseuche „Feuerbrand“ mehr registriert. Coronabedingt beschränkten sich Gemeinschaftsaktionen auf die Teilnahme an der Aktion Sauberes Wörgl im April und auf einen Vereins-Ausflug am 1. Oktober, bei die OGV-Mitglieder Wörgls Hofläden und die dazugehörigen Landwirtschaftsbetriebe bei einer Bummelzugfahrt von Hof zu Hof auch kulinarisch erkundeten.
„Wer Nützlinge will, darf sie nicht töten“
Von ihren Erfahrungen im Bio-Obstbau berichtete die aus der Schweiz stammende Obstbaumeisterin DI Regula Imhof, die seit 10 Jahren auf Pachtflächen in Natters und Hall Bio-Obstbau betreibt und ihre Ernte von 30 bis 40 Tonnen Obst pro Jahr direkt selbst vermarktet. Das Rüstzeug dazu erwarb sie in einem Obstbau Meisterkurs in Innsbruck.
„Das Gleichgewicht im Garten ist zentral – Nützlinge und Artenvielfalt tragen dazu bei“, erklärte Imhof nach Vorstellung der Grundsätze im biologisch dynamischen und im organisch biologischen Landbau. Wer Nützlinge will, darf nicht mit Pflanzenschutzmitteln gegen Schädlinge vorgehen – denn diese töten auch die gewünschten Insekten: „Ohne Schädlinge haben die Nützlinge nichts zu fressen“, so Imhof, die Tipps gab, wie Nützlinge im Garten angelockt werden können: Steinhaufen, Hecken, Nisthilfen für Vögel und Wasserflächen gehören ebenso dazu wie Biodiversität und ein gesunder, lebendiger Boden als Grundlage, Fruchtfolge und Humusaufbau durch Kreislaufwirtschaft. „Böden in Gärten sind häufig geschüttet und sehr verdichtet“, so Imhof. Und das mögen Obstbäume nicht. Bei der Sortenauswahl gilt es zudem, den Platzbedarf der Bäume richtig einzuschätzen.
„Wenn die Bestäubung nicht passt, wird die Qualität schlechter“, weiß die Bioobstbäuerin und berichtet von einer weiteren Erfahrung: „Bei Apfelbäumen sollte man auf die Sortenkombination achten. Der Boskop etwa unterstützt andere Sorten“, so Imhof.
Ihr Rezept, das auch im Hausgarten gilt: Lebensraum für Nützlinge schaffen und Pflanzen und deren Zellwände für den Eigenschutz stärken, für die Algen- und Schachtelhalmextrakte ebenso eingesetzt werden können wie Gesteinsmehl und Mikroorganismen. Wenn dann Schädlinge doch einmal überhand nehmen, ist einerseits Geduld gefragt, bis sich das Gleichgewicht von Schädling und Nützling einpendelt.
Nützlinge im Hausgarten sind Marienkäfer, Schlupfwespen, Gallmücke, Ohrwürmer und Florfliegen gegen Blattläuse, Erzwespe und Raubmilben gegen Spinnmilben, Raubwanzen und Nematoden bei Apfelwicklern. Die Anwendung von Pheromon-Duftstoffen zur Störung der Weitervermehrung der lästigen Fruchtschädlinge ist allerdings nur ab Flächen von mindestens einem Hektar zielführend.
Besonders Blattlausbefall beschäftigt viele GartenfreundInnen. Als Notfall-Mittel kann hier auch Pflanzenseife oder Neemöl eingesetzt werden. „Lausprobleme haben ihre Ursache oft auch in der Düngung – viel Dünger heißt auch viele Läuse, weil viel frisches Pflanzenmaterial produziert wird“, so Imhof.
„Obstbäume und Sträucher sind ein mehrjähriges Vergnügen“, so Imhof, die rät, großes Augenmerk auf die Sortenauswahl je nach eigener Vorliebe zu legen. „Viele Sorten brauchen einander, um Früchte auszubilden. Obstbäume im Garten sind Kulturpflanzen, sie brauchen Pflege und Aufmerksamkeit.“ Wertvolle Ratschläge dazu geben die Publikationen von „Grünes Tirol“, dem Verband der Tiroler Obst- und Gartenbauvereine, die sich u.a. Tipps zur insektenfreundlichen Gestaltung von Grünflächen, mit heimischen Blütenstauden für den Garten und dem Kulturgut Obstgärten beschäftigen.