Wörgl und Trostberg in Bayern prüfen Euregio-Zusammenarbeit

Welche Gemeinsamkeiten verbinden die Stadt Wörgl und die bayerische Stadt Trostberg im Landkreis Traunstein – und lässt sich anhand ähnlicher Herausforderungen dazu ein Euregio-Projekt für grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Form einer Städtepartnerschaft schmieden? Um das zu sondieren, trafen sich im Wörgler Stadtamt erstmals Politiker und Verwaltungsmitarbeiter der beiden Städte mit Euregio-Akteuren.

„Zu den Gemeinsamkeiten der beiden Städte zählen der sogenannte Speckgürtel mit Handelsbetrieben an der Peripherie, eine trennende Straße durch das Zentrum und die Komponente des Fahrradverkehrs“, erklärte Mag. Esther Jennings, Geschäftsführerin der Euregio Inntal e.V., die mit Euregio Vizepräs. Prof. Walter J. Mayr über Möglichkeiten der EU-Förderung informierte, die bis zu 75 % der Projektkosten betragen kann. Nach Vorgesprächen in beiden Städten brachte sie auch schon einen Vorschlag für ein Euregio-Projekt mit: „Einen Workshop mit dem Ziel, in Wörgl die Bahnhofstraße und in Trostberg die Hauptstraße attraktiver zu gestalten und Verkehrskonzepte dafür zu entwickeln.“

Doch so weit ist man noch nicht. Beim ersten Treffen auf politischer Ebene stellte sich die Stadtgemeinde Wörgl  dem angereisten 1. Bürgermeister der Stadt Trostberg Karl Schleid, Traunsteins Bauamtsleiter Bernhard Unterauer und dem Stadtkämmerer Armin Gois vor. „Das Stadtbild von Wörgl kann mit der historischen Altstadt von Trostberg nicht mithalten“, räumte Bgm. Hedi Wechner bei der Begrüßung der Gäste ein und ging auf Eckpunkte der Stadtentwicklung ein, wie die Aufhebung der roten Zone durch Errichtung des Hochwasserschutzes, die der Infrastruktur davon galoppierende Einwohnerzahl und die schlechten Karten, die Städte von 10.000 bis 20.000 Einwohner bei der Zuteilung der Abgabenertragsanteile haben: „Wir sind die Nettozahler für alle anderen Gemeinden.“ Wörgl hat derzeit 13.695 Einwohner.

„Wörgl ist die sechstgrößte Stadt Tirols und durch die zentrale Lage im Inntal ist hier der Zuzug größer als etwa in Kufstein“, erklärte Stadtbaumeister DI Hermann Etzelstorfer und erläuterte Wörgls Stadtgebiet, das sich auf 20 Quadratkilometern erstreckt, in dem 72 Kilometer Gemeindestraßen zu erhalten sind. Dazu zählt auch die halbfertige Nordtangente, für deren zweiten Teil die Planung begonnen habe. Die Umsetzung müsse aber durch das Land Tirol erfolgen. Weshalb die Stadt der Bahnhofstraße vermehrt Aufmerksamkeit schenken sollte, erläuterte Etzelstorfer mit wirtschaftlichen Aspekten anhand des Kommunalsteueraufkommens 2013: „Die Betriebe in der Bahnhofs- und Speckbacherstraße zahlten rund 800.000 Euro Kommunalsteuer, die Einkaufszentren an Innsbrucker und Salzburgerstraße zusammen rund 488.000 Euro.“  Der Durchzugsverkehr in der Bahnhofstraße liegt täglich bei 4.000 Pkw.

Den Energie-Entwicklungsplan, den die Stadt Wörgl seit 2008 verfolgt um bis 2025 bei Strom und Wärme autark zu sein, erläuterte Stadtwerke-Energie-Koordinator DI Peter Teuschel.  Dazu zählt der laufende Fernwärmenetz-Ausbau, wobei Verhandlungen mit dem Spanplattenwerk Egger laufen. Mit dessen Abwärme könnte Wörgl zu 100 % mit Fernwärme versorgt werden. Mit dem Bürgerbeteiligungsmodell der Wörgler Sonnenscheine wurden bereits vier Solarparks realisiert – für einen weiteren Ausbau fehlen vorerst kommunale Dachflächen. Eine Vorreiterrolle nehmen die Stadtwerke auch in punkto umweltfreundliche Mobilität ein, wozu u.a. ein E-mobiles Carsharing-Projekt mit anderen Gemeinden in Vorbereitung ist.

In Trostberg leben auf 72 Quadratkilometern in 94 Stadtteilen bzw. Weilern rund 11.000 Menschen, ein Kartonagen-Werk und die chemische Industrie sind wichtige Arbeitgeber. Der Strukturwandel im Einzelhandel macht den Bayern ebenso zu schaffen wie das Verschwinden von Gastronomie-Betrieben. Was Wörgl und Trostberg darüberhinaus verbindet, ist der Einsatz von Schwundgeld: Während Wörgl mit dem Freigeld in den 1930er Jahren weltberühmt wurde, wird von Trostberger Geschäften heute mit dem Chiemgauer eine Regionalwährung angenommen, für die das historische Wörgler Geld-Experiment Vorbild war. In Wörgl erfüllt die Energy.Card mit über 10.000 Nutzern die Funktion der Kaufkraftbindung.

Bei der Innenstadtbelebung treffen sich Wörgler und Trostberger Interessen. Auch die Problematik der Durchzugsstraßen ist ähnlich. Sind in Wörgl täglich rund 24.000 Fahrzeuge auf der Bundesstraße unterwegs, so sind es in Trostberg 20.000 bis 21.000 Autos auf der den Ort durchtrennenden Straße. Ob das Thema Verkehr nun ein gemeinsames ist und in welchen anderen Punkten eine Zusammenarbeit sinnvoll sein könnte, will nun die Wörgler Delegation beim Gegenbesuch in Trostberg im September 2017 ausloten.