Wohnbau in Wörgl – zu dicht?

Grundpreise in Zentrumslage sind teuer – verdichtete Bauweise beim Wohnbau im Stadtgebiet aufgrund der knapper werdenden Ressource Boden ist angesagt. In Wörgl führt das zunehmend zu Kritik an Neubauprojekten.

Dichte Bebauung bedeutet für die Anrainer oft weniger Licht, Einbußen bei der Wohnqualität durch mehr Lärm und Verkehr und den Verlust von begrünten Flächen. Ein aktuelles Beispiel ist das Neubauprojekt fürs „Stampflhaus“ in der Bahnhofstraße gegenüber dem Stadtamt, hinter dem Gugglberger-Haus und angrenzend an den Obstanger des Unterkrumbacherhofes. Im Juli befasste sich der Gemeinderat mit dem eingereichten Bauprojekt, das von den 21 Gemeinderäten nur 15 befürworteten. Als „Klotz, der in keinster Weise hier hinpasst“ wurde das 4geschossige Gebäude mit 17 Wohneinheiten bezeichnet – am 24. September 2015 befasst sich der Gemeinderat nochmals mit dem Bauprojekt.

Das Stampflhaus in der Bahnhofstraße wird abgerissen. Auf dem Grundstück plant die Firma Plattner Park Bauträger GmbH einen Wohungsneubau, der bereits in abgeänderter Form am 2. Juli 2015 im Gemeinderat behandelt wurde. Statt eines 5-geschossigen Gebäudes soll ein viergeschossiges mit 17 Wohneinheiten entstehen. Im Gebäude ist eine Tiefgarage mit 22 Stellplätzen vorgesehen sowie entsprechende Technik- und Abstellräume. Diese Tiefgarage nimmt die gesamte Fläche des Grundstückes ein. In den drei unteren Geschoßen sind jeweils vier Wohnungen und im Dachgeschoß 3 Wohnungen geplant. Die Erschließung erfolgt über die Bahnhofstraße. Um die erforderlichen Stellplätze nachzuweisen, sind „Parklifte“ vorgesehen. Die Grünfläche wurde im Verhältnis zur überbauten Fläche auf ein Minimum reduziert. Der Raumordnungsausschuss wies zudem darauf hin, dass der erforderliche Kleinkinderspielplatz nicht ide entsprechende Qualität im Hinblick auf Belichtung und Besonnung aufweist.

Bei der Diskussion zum Beschluss des Bebauungplanes sowie des ergänzenden Bebauungsplanes, der vom Planungsbüro Terra Cognita Claudia Schönegger KG ausgearbeitet wurde, meldete sich UFW-GR Ing. Emil Dander zu Wort: „Das ist das maximal Mögliche. Der Bebauungsplan ist abgrundtief hässlich. Trotz Reduktion um ein Stockwerk gewinnt dieses Projekt keinen Schönheitswettbewerb. Das ist ein Klotz, der passt in keinster Weise hier hin.“ „Das Projekt ist viel zu groß“, meinte auch NR FWL-GR Carmen Schimanek und bezeichnete es als „Bausünde“. Grün-GR Richard Götz fragte nach der Baumassendichte, die mit 5,4 und ? angegeben ist. „Wir sind hier im Kerngebiet, die Dichte ist zulässig. Sachlich gesehen sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen erfüllt, Schönheit ist da kein Kriterium“, erklärte Raumordnungsreferent Vizebgm. Dr. Andreas Taxacher vom Team Wörgl.

GR Mag. Johannes Puchleitner (Bürgermeisterliste Arno Abler) fragte nach der Anrainerinformation: „Das ist ein massiver Eingriff – wie weit wurden die Anrainer im Vorfeld einbezogen?“ Worauf Taxacher und Bgm. Hedi Wechner mitteilten, dass Gespräche mit den Anrainern geführt wurden und diese das Projekt „wohlwollend“ aufgenommen hätten. Bei der Beschlussfassung des Bebauungsplanes stimmten 15 Mandatare dafür und 4 dagegen, bei einer Stimmenthaltung. Heute, am 24. September, steht der Bebauungsplan erneut auf der Tagesordnung der Gemeinderatsitzung, die um 18 Uhr im Komma beginnt.

 

Wohnbau am Binder-Areal an der Brixentalerstraße

Nachdem sich zum Jahreswechsel Binders Bistro-Wirt Karl Binder in den Ruhestand verabschiedet und das Gastlokal geschlossen hat, reichte er bei der Stadt den Antrag auf Erlassung eines Bebauungsplanes für die Errichtung von Wohnungen ein, da er die Liegenschaft verkaufen will. Der Gemeinderat befasste sich im Mai mit dem Vorschlag, auf dem 1.369 Quadratmeter großen Bauplatz zwischen Brixentaler- und Simon Prem-Straße rund 14 Wohneinheiten mit Tiefgarage zu errichten. Die Grundstücke sind als Wohngebiet bereits ausgewiesen, die Bebauungsdichte ist im Raumordnungskonzept für dieses Gebiet bereits mit eine Baumassendichte von mindestens 3 bis höchstens 4 festgelegt.

Den Bebauungsplan aufgrund dieser Rahmenbedingungen erstellte das Büro Filzer/Freudenschuss. Der geänderte Entwurf wurde von 31.3. bis 14.4. zur Stellungnahme öffentlich aufgelegt, worauf sich der benachbarte Gärtnereibesitzer Walter Gwiggner mit seinen Bedenken meldete. Durch die Erhöhung des Gebäudes auf 12 Meter sowie die maximale Baumassendichte von 3,65 befürchte er erhebliche Auswirkungen auf seine Liegenschaft – Wertverlust, eine „enorme Beschattung der Gärten und Glashäuser“ sowie die zusätzliche Verkehrsbelastung. Die Geschoßhöhe solle um ein Stockwerk verringert werden. Dieses Ansinnen lehnte der Gemeinderat am 21. Mai 2015 einstimmig ab. „Das neue Gebäude wird in offener Bauweise errichtet und springt zurück. Durch das Bauprojekt wird auch nicht viel mehr Verkehr erwartet. Der Nachbar hat selbst auf die Grundgrenze hingebaut“, erklärte Raumordnungsreferent Dr. Andreas Taxacher die Haltung der Stadt. Eine „Beeinträchtigung des Nachgrundstückes von Walter Gwiggner in gesetzwidriger Weise“ sei daher nicht gegeben, was nun grünes Licht für das Wohnbauprojekt bedeutet.

Gradl-Platzgestaltung bezahlt die Stadt

Rund eine halbe Million Euro kostet die Stadt Wörgl die Platzgestaltung des Gradl-Areals. Laut Nutzungsvereinbarung mit dem Wohnbauträger Tiroler Friedenswerk kann die Stadt die Außenanlagen im entstandenen Innenhof zwischen Musikschule, Kirche und den neuen Wohnbauten als öffentliche Parkanlage nutzen, muss dafür allerdings die Gestaltungskosten tragen.

Für die Platzgestaltung wurde ein Wettbewerb durchgeführt, für die Umsetzung des Siegerprojektes lag dem Gemeinderat bei der Beschlussfassung im Juli 2015 eine Kostenübersicht vor, derzufolge die Stadt 496.564,80 Euro brutto zu berappen hat, inklusive Honorar des Planungsbüros ARGE Riccione/Detzlhofer. Im Budget 2015 stehen dafür 220.000 Euro zur Verfügung, 276.546,80 sollen nun aus dem Budget 2016 finanziert werden.

Diese Kosten sind die Mehrkosten über die übliche Humusierung, Herstellung eines Rasens und Asfaltierung der befestigten Flächen hinaus, die die Wohnbaugesellschaft zur Platzgestaltung beiträgt. Mit dem Platz entstehe ein Referenzplatz für Wörgl, argumentierte Bgm. Hedi Wechner und Vizebgm. Treichl meinte, dass dieser Platz für die nächsten 50 Jahre Wörgls Repräsentationsplatz sei, auf dem viele Veranstaltungen abgehalten werden.

NR GR Schimanek merkte daraufhin an, dass man die Mieter vor Bezug der Wohnungen auf die geplante Veranstaltungstätigkeit und damit verbundene Lärmentwicklung hinweisen solle: „Da ist dann dauernd was los – vom Platzkonzert bis zum Weihnachtsmarkt.“ Bei der Abstimmung stimmten 18 Mandatare bei einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen für die Kostenübernahme.

Wieweit die Platzgestaltung die Akustik im Innenhof verbessert, wird sich zeigen. Bedenken hinsichtlich der Lärmentstehung beziehen sich nicht nur auf Veranstaltungen, sondern aufgrund der Schallreflexion zwischen den Gebäuden auch auf den Alltag. Kritik wurde auch schon an den Wohnungsgrundrissen laut, die bei der Inneneinrichtung die künftigen Wohnungsmieter vor Herausforderungen stellen. Im übrigen ist das Wohnbauprojekt am Gradl-Areal bereits Ausflugsziel für Architekturstudenten – sie kommen um zu sehen, wie man Wohnbau nicht macht.