Zauberwort Blockchain – was steckt dahinter?

Wer sich heute mit dem laufenden, Technik-getriebenen Wandel durch die Digitalisierung befasst, kommt um die Blockchain nicht herum. Sie ist mehr als ein Modebegriff. Doch wozu taugt diese Datenmanagement-Technologie, deren Anwendung weit über Kryptowährungen hinausreicht? Heinz J. Hafner vom Unterguggenberger Institut hielt dazu am 2. April 2019 einen aufschlussreichen, lebendigen und mit Praxisbeispielen gespickten Vortrag im Wörgler Tagungshaus.

Hafner schilderte eingangs Auswirkungen der Digitalisierung, die neue Verhaltensmuster schaffen. In ihnen steckt das Potential, unsere Lebensqualität zu steigern und die Versorgung zu unterstützen. Aber auch das Gegenteil: Die Kehrseite des laufenden Konzentrationsprozesses sind die Förderung zentralistischer Strukturen, ungleiche Verteilung, Instabilität und die Bildung von Extremata. „Der Effizienzdrang erwürgt die Vielfalt“, lautet sein Fazit.

Kryptowährungen, Blockchain, Hyperledger – schon einmal davon gehört? Die Blockchain ist eine Aneinanderkettung von Datensätzen, die mit kryptographischen Verfahren erstellt wird.  Diese Verschlüsselungs-Kette wird dabei immer länger.  „Die Blockchain ist ein verteiltes Buchhaltungssystem ohne Zentrale.  Sie kann wie Geld als virtuelle Verrechnungseinheit funktionieren, ist aber nach rechtlicher Definition kein Geld“, erkärt Hafner. Hyperledger ist eine Lösungssammlung für Blockchain-Anwendungen.

Das weltweit bekannteste, allerdings keineswegs das beste Beispiel für eine Blockchain-Anwendung ist  die Kryptowährung Bitcoin, die durch Spekulation und hohen Energieverbrauch für Schlagzeilen sorgte. Doch Bitcoin gilt als veraltete Technologie. „Das Problem beim Bitcoin ist das proof of work-Verfahren beim Mining. Alle rechnen gleichzeitig, nur der Schnellste erhält als Belohnung den geschöpften Coin. Die Gier führt zum Wettlauf um die Kohle und das sorgt für enormen Stromverbrauch“, so Hafner.

2.138 Coins sind auf coinmarketcap.com gelistet. Welche Projekte dahinterstehen, darüber geben Smart Contracts Auskunft – ein eingebautes, vollautomatisches Regelwerk, das in der Blockchain gespeichert ist. Die gegenseitige Bestätigung der Transaktionen, die die Blockchain fälschungssicher und nicht manipulierbar machen, kann auch im weniger aufwändigen „proof of stake“-Verfahren erstellt werden, also nach Stimmrechtsanteil – dann müssen nicht alle Rechner im Netz die Transaktion dezentral bestätigen.

„Das Wörgler Freigeld hat damals clever gelöst, dass die Scheine in Umlauf bleiben. Eine fix eingebaute monatliche Entwertung, nicht unberechenbare Inflation sorgt dafür. Dieses Regelwerk ist ein smart contract. Heute könnte die Umsatzsteuer-Abbuchung bei Kaufvorgängen einprogrammiert werden“, schildert Hafner eine Möglichkeit, wie durch die Blockchain-Anwendung Verwaltungsaufwand verringert werden kann.

Bevor Hafner den VortragsbesucherInnen im Praxisspiel erläuterte, wie man am eigenen Handy ein Wallet anlegt und einen Coin – im Versuch einen PIVX um einen Euro – einkauft, stand noch eine Reihe von Begriffserklärungen an. Wer ein Wallet installiert, braucht eine öffentliche Adresse und einen privaten Schlüssel. Wird nach dem Seed gefragt, muss ein kompliziertes Passwort, meist aus mehreren Wörtern in einer Reihenfolge als Zugriffsermächtigung eingegeben werden. Um dann Transaktionen durchführen zu können, wird ein persönlicher Schlüssel, der key, benötigt – und den sollte man sicher verwahren.  Im Unterschied zu Coins, die wie Geld verwendet werden, enthalten Tokens bereits einen Nutzen bei der Anwendung, sie haben einen intrinsischen Wert. Wer in solche Produkte investiert, muss sich aber  im Klaren sein, dass es keinerlei gesetzliche Sicherheit für die Garantie eines realen Gegenwertes gibt. Selbst wenn ein Coin als „stable coin“ – also stabiler Coin ausgewiesen wird, stellt sich die Frage, was das heißt: Bindung an eine Währung? Oder einen virtuellen Warenkorb, um die Kaufkraft zu behalten? „Es gibt keine 100%ige Sicherheit“, räumt Hafner ein.

Im Datendschungel stehen der open source-basierten public Blockchain  – also kostenlos frei zugänglicher Software – vermehrte private Blockchain-Lösungen gegenüber. Ein Beispiel dafür ist der Riple, der beim Clearing zwischen Banken Kosten spart – was aber nicht heißt, dass damit auch die Bankgebühren sinken.

Und wer heute glaubt, als Krypto-Miner das große Geld zu verdienen, den muss Heinz Hafner auch enttäuschen. War das anfangs noch mit dem PC möglich, so erfordern die enormen Datenmengen mittlerweile große Rechenleistungen und Spezialsoftware, die vielfach von Grafikkarten-Herstellern entwickelt wird. Bevor diese aber auf den Markt kommt, schürft sie schon mal digitale Kohle für die Entwickler…

Ein Wallet wird gern als digitale Brieftasche übersetzt – aber das Geld ist nicht im Wallet, sondern in der Blockchain gespeichert. Umso wichtiger ist die sorgsame Verwaltung und Speicherung der Zugangsdaten, auch offline.

Abseits von der Anwendung als digitales Zahlungsmittel kann mit der Blockchain alles verschlüsselt und fälschungssicher programmiert werden. So erarbeiten Autohersteller auf Blockchain-Basis Auf- und Zusperrsysteme, die nur von einem  einzigen Schlüssel gesperrt werden können. Parametrisierte Versicherungen via Blockchain werden Versicherungen, Banken, Notare und andere Dienstleister in Bedrängnis bringen – denn ihre Dienste werden durch die dezentrale, automatisierte Abwicklung nach festgelegten Parametern überflüssig.

„Die neuen Technologien ermöglichen die Bildung ganz neuer Gemeinschaften, die nach gemeinsamen Interessen ausgerichtet sind. Das bedeutet Umsetzungsmacht für einzelne, braucht aber auch Vertrauen und ein Netzwerk“, ist Hafner überzeugt. Was die Problematik der zunehmend schwindenden Privatsphäre im Spannungsfeld von Transparenz und Schutz eigener Daten angeht, gibt´s übrigens auch dafür Blockchain-Lösungen wie Monero oder Z-Cash, bei denen Herkunft und Ziel von Transaktionen nicht nachverfolgbar sind. Noch nicht. Denn der in Entwicklung befindliche Quantencomputer hätte das Zeug dazu, 90 % der jetzigen Coins zu knacken.

In der Praxisanleitung konnten VortragsteilnehmerInnen dann unter Anleitung von Heinz Hafner am eigenen Handy kostenlos ein Wallet anlegen und gleich selbst einen Coin erwerben – einen PIVX um einen Euro. Und dabei feststellen, dass diese Kryptowährung im Gegensatz zu anderen sehr schnell überwiesen wird und dabei nur eine minimale Gebühr von 0,001 PIVX anfällt.

Wer Lust bekommen hat, sich weiter mit Blockchain & Co zu beschäftigen, ist herzlich willkommen bei den CryptoCircle-Treffen des Unterguggenberger Institutes, die von Heinz Hafner einmal im Monat angeleitet werden. Der nächste Termin ist am Mittwoch, 15. Mai 2019 ab 19:30 Uhr im Tagungshaus Wörgl, diesmal zur Thematik  „Wie baue ich meinen eigenen Coin?“  Worauf ist beim Währungsdesign zu achten? Welche Coins gibt es schon? Welche Eigenschaften kann ich meinem Coin mitgeben?

Ein spannendes Thema für alle, die tiefer in die Welt der Blockchain und Kryptowährungen eintauchen und Vorgänge verstehen wollen. Einlass ist um 19 Uhr. Eintritt: 1 WOMC „Wörgler Open Market Coin“ in Form einer Murmel – kann mitgebracht oder ab 19:00 Uhr vor Ort um 2 Euro erworben werden.