Im Rahmen einer Pressekonferenz meldete sich am Aschermittwoch, 6. März 2019, die Bürgerinitiative LA21 Bruckhäusl aktiv zur geplanten Bodenaushubdeponie Pinnersdorf am Riederberg zu Wort. „Unsere Bedenken wurden alle vom Tisch gewischt“, stellte Obmann Thomas Gasteiger fest und erhofft sich von der Stadtgemeinde, dass diese den Bewilligungsbescheid des Landes beeinsprucht, um Verbesserungen für die Anrainer zu erzielen.
Die Firma Strabag will in Wörgl-Boden am Riederberg eine Bodenaushubdeponie auf einer Fläche von 5,5 Hektar mit einer Gesamtkubatur von 1.020.000 Kubikmeter auf die Dauer von 20 Jahren errichten und dort 710.000 Kubikmeter im festen Verband sowie 310.000 Kubikmeter Recycling-Baustoffe ablagern. Im Verfahren nach dem AWG 2002, durchgeführt vom Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Umweltschutz, hat die Gemeinde Parteistellung.
„Wir haben uns im Zuge des Bewilligungsverfahrens eingehend mit der geplanten Deponie befasst und Bedenken und Einwände in einem Schreiben an die Stadtgemeinde formuliert“, so Gasteiger, der bedauert, dass „im nun vorliegenden Bescheid auf diese Bedenken leider nicht eingegangen wird.“
Die geplante Schütthöhe ist wesentlich höher als das ursprüngliche Gelände und erreicht eine Höhe von 55 Metern. „5,5 Hektar entspricht der Größe von 100 Fußballfeldern“, rechnet Anrainer und Biobauer DI Joachim Astl vor und stellt die Frage nach der Stabilität des Schüttberges, der sich auf einem Hang neben einem Wildbach befindet. Arno Kecht, der jahrzehntelang bei der Wildbachverbauung arbeitete und Obmann-Stellvertreter der Bürgerinitiative ist, kennt das Gelände und seine Tücken: „Im Einzugsgebiet des Wildbaches besteht das Gelände aus rotem, lockeren Fels.“ Bei Unwettern könne der darunterliegende Ort durch Hochwasserereignisse gefährdet werden, wenn Material in den Wildbachgraben abrutschen sollte. „Gefährlich ist dann loses Schüttmaterial“, so Kecht. Im Bescheid werden halbjährliche Geländemessungen vorgeschrieben, um etwaige Veränderungen festzustellen. Hochwasserereignisse treten aber plötzlich auf. „Wir erinnern an die Hangrutschung in Going, bei der die geschädigten Anrainer auf den Kosten sitzen geblieben sind und verlangen eine versicherungstechnische Absicherung, die verweigert wurde“, so Gasteiger.
Ärger herrscht bei den Anrainern darüber, dass für die Luftschadstoff-Grundbelastung der Bevölkerung im Umfeld die Grenzwerte der Landesmessstelle an der Stelzhamerstraße in über 5 km Entfernung herangezogen werden. „Das ist eine Farce! Wir haben Messungen vor Ort im Kreuzungsbereich Gemeindestraße/Zufahrt Umfahrungsstraße verlangt, um den Istzustand zu dokumentieren“, so Gasteiger.
Verkehrsbelastung: Bescheid setzt keine klare Obergrenze
Die Anrainer befürchten durch das enorme Ausmaß der Kubatur eine erhebliche Mehrbelastung durch Schwerverkehr, verbunden mit Schadstoff- und Lärmbelastung sowie eine Beeinträchtigung der Sicherheit im Kreuzungsbereich beim Biohof Pinnersdorf. „Laut Bescheid dürfen in einer Stunde 10 LKW zu- und abfahren, was eine Lkw-Fahrt alle 3 Minuten bedeutet. Diese Maximalbelastung wird laut Antragsteller voraussichtlich an 2-4 Tagen pro Monat erreicht. Aus dem Bescheid geht aber keine Eingrenzung dahingehend hervor – das heißt, im Bescheid ist nicht ausgeschlossen, dass diese Spitzenbelastung dauerhaft sein kann“, kritisieren die Anrainer und wollen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit im Kreuzungsbereich eine Stopptafel für den Verkehr aus der Schottergrube bzw. der geplanten Aushubdeponie: „Hier sind viele Busse, auch Schulbusse unterwegs“, verweist Gasteiger auf das Gefährdungspotential durch die bergabwärts fahrenden Lkw, die „schon jetzt immer wieder einfach durchfahren, ohne auf den Querverkehr zu achten.“
Gefordert wird auch eine Lärmmessung im Kreuzungsbereich. „Die Lärmmessung für die Feriensiedlung Chalet Brixental westlich der geplanten Aushubdeponie hat ergeben, dass die Grenzwerte für Siedlungsgebiet beim Betrieb der Deponie dort nicht eingehalten werden. Im Bescheid werden Betroffene auf den zivilrechtlichen Klageweg verwiesen“, erklärt Gasteiger. Im Bescheid werde davon ausgegangen, dass die Deponie in „nicht besiedeltem Gebiet“ liegt. Unmittelbar und besonders vom Verkehrsaufkommen belastet sind allerdings sehr wohl bewohnte Objekte – ein Biobauernhof, ein Pferdehof und zwei Wohnhäuser. So lautet eine Forderung, hier dauerhaft eine Messstelle zu installieren.
Was wird aus den Trinkwasserquellen?
Für das zu lagernde Material wurden von der Behörde die Grenzwerte bei Phosphat, Nitrit, Nitrat und Ammonium um das Dreifache erhöht. „Wir befürchten eine Belastung der Quellen unterhalb der Deponie. Hier befinden sich die Pinnersdorfer Quelle der Stadtwerke, die Wimmer-Quelle, die Pinnersdorfer Quelle des Biohofes, die Quelle des Felberer-Bauern und die Quelle des Zehenthofbauern. Der Stadtwerke-Gutachter Gasser schließt eine Beeinträchtigung nicht aus. Wir erinnern in diesem Zusammenhang an die Mülldeponie Riederberg – bei dieser musste eine Ersatzwasserleitung gelegt werden“, erklärt Gasteiger.
„Wir sind gebrannte Kinder, Bruckhäusl ist da geschädigt aus der Vergangenheit“, erinnert auch DI Joachim Astl an den Betrieb der Mülldeponie Riederberg: „Das war unerträglich! Und jetzt sollen wir wieder die Leidtragenden sein. Mit massiver Ungewissheit. Niemand weiß, was aus der Altlast Riederberg noch wird.“ Astl kritisiert weiters, dass „die Bevölkerung nicht informiert wurde. Ich habe von der Verhandlung zufällig erfahren.“
Und in Erinnerung an Absprachen mit den Mülldeponie-Betreibern seinerzeit wollen die Anrainer nicht, „dass ein Kuhhandel auf dem Rücken der Bevölkerung ausgemacht wird, damit die Stadtgemeinde günstig dort Material ablagern kann.“
Stadt wird Einspruch erheben
Auf die Problematik angesprochen teilt Bürgermeisterin Hedi Wechner mit, dass die Stadt Einspruch erheben wird. „Der Ortsausschuss hat sich auch schon damit befasst“, so Wechner, die aber bezweifelt, dass der Einspruch in den genannten Punkten noch Änderungen bewirken wird. An der politischen Willensbekundung solle es aber nicht fehlen: „Ich war bei der Verhandlung, die Betreiber haben die meisten Forderungen des Landes bereits erfüllt. Eine Haftpflichtversicherung wie gewünscht wird es nicht geben.“ Bgm. Hedi Wechner dementiert auch deutlich, dass es Absprachen mit der Stadt betreffend verbilligter Deponierung von Material aus dem Stadtgebiet gäbe: „Mit Sicherheit nicht! Es gibt keine Abmachungen. Wir hätten schon den Wunsch, aber sicher nicht auf Kosten von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung.“