„Wasser ist die Kohle der Zukunft“ prophezeite der Science-Fiction-Autor Jules Vernes bereits 1875 und meinte damit „Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist“. Dieser Wasserstoff werde „auf unabsehbare Zeit hinaus die Energieversorgung der Erde sichern.“ Wo stehen wir heute, fast 150 Jahre später? Dieser Frage ging ein Film- und Vortragsabend am 18. Oktober 2022, organisiert vom Unterguggenberger Institutes im Tagungshaus Wörgl nach.
Gleich vorab: für die Wasserstoff-Energiewirtschaft sind die Weichen gestellt – vor allem im Nachbarland Deutschland wird mit Hochdruck am Umstieg auf diesen klimaneutralen Energieträger gearbeitet. Aber auch in Österreich und bei uns in Tirol, wo sich die Tiwag in mehreren Projekten engagiert, u.a. mit der Umsetzung des Power2X-Projektes in Kufstein. Andreas Burger von der Tiwag stellte die innovative Sektorkopplungsanlage mit Wasserstoffzentrum vor, die 2024 in Betrieb gehen soll. Sicherheitsbedenken betreffend den Umgang mit dem leichten, brennbaren Gas Wasserstoff räumte Gefahrengutfachmann Manfred Holzer, Kommandant der Betriebsfeuerwehr Kundl und Gefahrengut-Sachverständiger beim Landesfeuerwehrverband Tirol aus.
Einen Einblick in den aktuellen Stand von Deutschlands Wasserstoff-Initiativen für eine Energiewende für alle gab eine „Gut zu wissen-Doku“ des Bayrischen Rundfunks. Wasserstoff wird durch Elekrolyse gewonnen – dazu braucht es Wasser und elektrische Energie. Und hier gilt es, „grünen Strom“ statt fossiler Energieträger zu verwenden. Die Wasserstoffproduktion bietet sich als Speichermedium für Wind- und Sonnenenergie an.
Zahlreiche Unternehmen wie Siemens Energy, die Mainzer Stadtwerke oder das Stahlwerk in Salzgitter sind überzeugt davon, dass Wasserstoff in Zukunft heutige fossile Energieträger kostenneutral ersetzen wird. So stehen bereits Windräder neben Hochöfen, die Salzgitter AG will bis 2050 C02-freien Stahl erzeugen. Der Technologiewechsel sei nötig. Noch ist Koks unverzichtbar, mit der Umstellung der Stahlerzeugung auf Wasserstoff soll 2025 begonnen werden, dann werden die Hochöfen von Direktreduktionsanlagen ersetzt.
In Mainz mengen die Stadtwerke bereits jetzt 10 % Wasserstoff dem Erdgas bei, das in Gasthermen in den Haushalten zum Heizen verwendet wird. Auch der Busverkehr in Mainz tankt Wasserstoff, in Bremen laufen erste Versuche mit Müllabfuhr-Lkw. Wasserstoff ist leichter und schneller brennbar als Erdgas. In Bitterfeld werden Materialien, die sich am besten für ein dichtes Gasverteilnetz eignen, erforscht und erprobt, die Lösung ist mit einem Verbundstoff bereits gefunden.
Wasserstoffzüge laufen in Deutschland ebenfalls bereits im Testbetrieb. In unserem Nachbarland ist nur 61 % des Streckennetzes elektrifiziert. Um bis 2050 klimaneutral zu sein, setzt man bei jetzt noch mit Diesel betriebenen Loks aus den Umstieg zu Wasserstoff. Wasserstoff-Züge sind leiser, laufen ruhiger und vibrationsfrei. 41 Zugsgarnituren sind bereits beauftragt. Auch aus Kostengründen wird hier dem Wasserstoff der Vorzug gegeben: Ein Kilometer Elektrifizierung kostet eine bis eineinhalb Millionen Euro.
Noch am meisten in den Kinderschuhen steckt die Wasserstoff-Technologie im Flugbetrieb. Die Forschung läuft, aber der Energieträger ist nur maximal für Mittelstrecken interessant. Und da sei es vernünftiger, Strecken unter 1.000 km auf die Schiene zu bringen, ist Andreas Burger von der Tiwag überzeugt. Der CO2-Ausstoß der gesamten Fliegerei mache 8 % weltweit aus, da mache es mehr Sinn, erst andere Sektoren umzustellen.
Tiwag-Engagement im Wasserstoff-Bereich
Die Tiroler Wasserkraft AG engagiert sich als Tiroler Energieversorger für den Aufbau einer Wasserstoff-Energiewirtschaft, die in den Zuständigkeitsbereich der Tochtergesellschaft tinext fallen, die zur Unterstützung der Energiewende gegründet wurde. Seit fünf Jahren laufen die Vorarbeiten zum Bau der Wasserstoff-Anlage Power2X Kufstein, deren Projektleiter Andreas Burger ist.
„Kufstein hat sich nach eingehender Prüfung als bester Standort in Tirol erwiesen, um eine Sektorkopplungsanlage mit Wasserstoff-Elektrolyse zu errichten“, erklärt Burger. Bei der Elektrolyse entsteht Wasserstoff und Sauerstoff, für den mit der Kläranlage Kirchbichl ein Abnehmer gefunden wurde – dort wird der Sauerstoff zur Belebung der Klärbecken eingesetzt.
„In Kufstein befindet sich die Tigas-Schieberstation eins, mit der Erdgas für ganz Tirol befördert wird. Hier kann durch den Bau einer unterirdischen Leitung, die den Inn quert, Wasserstoff ins Erdgasnetz mit eingespeist werden. Wesentlich ist auch die Möglichkeit, dass durch die Nähe zum Fernheizwerk die Abwärme genutzt und ins Fernwärmenetz Kufstein eingespeist werden kann“, so Burger. Die Abwärme wird von 50 Grad C mittels Wärmepumpen auf 90 Grad Celsius erhitzt. „Der Wirkungsgrad der Anlage kommt damit auf über 90 %“, so Burger.
Der Betriebsstandort der Power2X Sektorkopplungsanlage befindet sich beim Kufsteiner Wald auch unweit des Wasserkraftwerkes in Langkampfen, wäre damit auch bestens für eine Direktleitung ins E-Werk geeignet, um damit „grünen Strom“ als Energielieferant für die Wasserstoffproduktion zu garantieren. „Da aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Elektrolyse 15 Jahre keine Netztarife bezahlt werden müssen, besteht dafür aber derzeit keine wirtschaftliche Notwendigkeit“, so Burger.
Das neue Wasserstoffwerk soll 2024 in Betrieb gehen und gilt als Pilotanlage mit 5 Megawatt im Endausbau. Und wird damit bewusst so dimensioniert, dass die Anlage nicht als „Seveso-Betrieb“ eingestuft wird. „Pro Tag werden hier maximal zwei Tonnen Wasserstoff produziert, damit kann man 40 Lkw volltanken“, erklärt Burger. Auf dem Gelände entsteht die Elektrolyse, Wasserstoffspeicher und Wasserstoff-Tankstellen für Pkw und Lkw, die räumlich getrennt sind. Zudem werden 16 Schnellladeplätze für Elektro-Autos und eine Lkw-Elektroladestation gebaut. „Damit errichten wir unweit der Autobahn ein Hub für CO2-freie Mobilität“, so Burger.
Sicherheitsbedenken im Umgang mit dem leichten, sich schnell verflüchtigenden Wasserstoff gibt es nicht. Jahrelange Erfahrungen von Wasserstofftankstellen in Betrieb zeigen, dass das Betanken der Fahrzeuge trotz des hohen Gasdrucks problemlos funktioniert. „In Bozen fahren die Busse seit sieben, acht Jahren ohne Probleme mit Wasserstoff“, weiß Burger.
Bei der Planung der Sektorkopplungsanlage Power2X Kufstein war in der Diskussion der Energiewende noch nicht klar, ob sich in der CO2freien Mobilität der klassische Elektormotor oder die wasserstoffbetriebene Brennstoffzelle durchsetzen wird. „Beide Verfahren benötigen Batterien, auch die Brennstoffzelle“, so Burger. Wasserstoff habe im Schwerlastverkehr vor allem auf weite Distanzen Vorteile. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen, da für die neue Technologie noch allgemein gültige Normen erst im Entstehen sind, habe man sich auf das Projekt eingelassen. Burger: „Wir sind überzeugt, dass das der richtige Weg ist.“
Das Kufsteiner Wasserstoff-Werk und zwei weitere Projekte sind derzeit die „Flagschiffe“ in Tirol, in die die Tiwag stark involviert ist. Die Tiroler Handelskette M-preis betreibt in Völs eine Wasserstoff-Elektrolyse und stellt ihre Lkw-Flotte auf den klimaneutralen Treibstoff um. Das dritte im Bunde sind die Zillertaler Verkehrsbetriebe ZVB. „Hier ist der Start schwierig, da laufen noch politische Diskussionen, ob die Elektrifizierung nun mit Wasserstoff oder doch mit Elektro-Oberleitung durchgeführt werden soll“, teilt Burger mit.
Ebenfalls 2024 in Betrieb gehen soll eine weitere Elektrolyse als Kooperationsprojekt in Jenbach bei der Firma Innio. „Damit werden in Tirol innerhalb von eineinhalb Jahren drei Wasserstoff-Projekte umgesetzt, mit den ZVB eventuell sogar ein viertes“, erklärt Burger.
Mit der Einspeisung von Wasserstoff ins Erdgasnetz will man ebenfalls Erfahrungen sammeln, wobei die Tigas hier sehr vorsichtig agiere. Die Wasserstoffbeimengung beträgt nicht 10 % wie in Deutschland, sondern lediglich 4 %. „Das Erdgasnetz ist dafür geeignet, das zeigt das Beispiel Innsbrucker Stadtgas“, so Burger. Die Gasströme würden sich nicht vermengen, können auch separat aus der Leitung entnommen werden.
Wasserstoff in Österreich und der EU
Die österreichische Wasserstoff-Forschung wird von Tirol aus koordiniert, wobei sich die Uni Innsbruck engagiert. Ein weiteres Hub besteht in Graz mit mehreren beteiligten Unternehmen und Institutionen, auch an der TU Wien und in Oberösterreich wird an der Wasserstoff-Technologie gearbeitet. Etwa bei der VOEST in Linz, die eine 6 Megawatt-Anlage in Betrieb hat. Das reiche bei weitem nicht aus, sei aber ein Beginn.
„In Europa liegt der Fokus in Deutschland. Dort redet man nur mehr von Wasserstoff, will damit das russische Gas ersetzen. Vor allem in den Windregionen in Norddeutschland wird voll gebaut“, gibt Burger einen Ausblick über unsere Landesgrenzen. Der Zug fahre in Richtung Wasserstoff. Rückenwind erhält er auch durch Europäische Richtlinien und Verordnungen. Obwohl Südeuropa durch mehr Sonneneinstrahlung ideale Voraussetzungen für die Wasserstoff-Herstellung habe, seien hier derzeit nur kleinere Aktivitäten zu verzeichnen. Die Elektrolyse benötigt Gleichstrom, den Photovoltaikanlagen liefern.
Andreas Burger plädiert dafür, die Tiroler Ressourcen für die „grüne“ Wasserstoffherstellung zu nützen. Er hält nichts davon, Wasserstoff aus Nahost zu importieren und damit wieder neue wirtschaftliche Abhängigkeiten zu schaffen. „In Tirol werden jedes Jahr 2 Milliarden Euro für den Zukauf von fossilen Treibstoffen ausgegeben. Die Umstellung der 400.000 Tiroler Pkw auf Elektroantrieb würde 10 % mehr Strom benötigen – das entspricht einem Kraftwerkskomplex wie Sellrain-Silz“, ist Burger überzeugt. Im Ausland werde Tirol immer für seine optimalen Bedingungen mit Wasserkraft und Sonnenstundenanzahl beneidet. „Tirol könnte sich leicht selbst versorgen und sogar Wasserstoff-Überschüsse exportieren“, so Burger.
Risiken beim Wasserstoff? „Nicht schlimmer als fossiles Gas“
Für die Feuerwehr ist Wasserstoff nicht neu und nicht gefährlicher als fossiles Gas – das stellt Manfred Holzer gleich einleitend fest: „Wasserstoff verflüchtigt sich nach oben, Benzindämpfe gehen nach unten und sind damit viel gefährlicher.“
Holzer rief in Erinnerung, wo Wasserstoff schon jetzt angewendet wird: Blankglühen in der Metallverarbeitung, Hydrieren bei der Öl- oder Fetthärtung, Synthese von Ammoniak, Schutzgas in der Halbleiterfertigung und Glasindustrie, in der Schweißtechnik, in Elektromaschinen als Kühlmittel in Turbogeneratoren, als Treibstoff in Fahrzeugen und als Notstromversorgung mit Brennstoffzellen.
Die Gefahren für die Feuerwehr seien hinsichtlich von Gasaustritt, Brand, Explosionsgefahr und Behälterzerknallung wie bei Benzin, Ergas und Propan, also bekannt. Neu sei, dass Wasserstoff unsichtbar brennt. Die Mindestzündenergie ist niedrig, bei der Verbrennung strahlt die kaum sichtbare blaue Flamme wenig Strahlungswärme ab. Wasserstoff trete aufgrund der Druckverhältnisse sehr schnell und vollständig aus und sei unter üblichen Umgebungsbedingungen keine sehr reaktionsfreudige Substanz. „Beim Gasaustritt pfeift es sehr laut“, schildert Holzer den Ablauf von Störfällen in der Praxis. In der Wasserstoff-Technologie kommen Sciherheitsvorkehrungen wie Überdruckventile und Berstscheiben zum Einsatz. „Jede Technologie hat ihr Risiko. Auch die Erdölherstellung ist nicht ungefährlich. Letztlich ist es eine politische Entscheidung“, so Holzer, der sich als „Freund einer Technologie, die uns unabhängig macht“ bezeichnet. Für die Feuerwehr sei Wasserstoff jedenfalls ein „potentieller Brandstoff wie andere auch.“
Viele Fragen aus dem Publikum
„Gibt es Lösungen mit Photovoltaik, Wasserstoffspeicher und Brennstoffzelle für Einfamilienhäuser?“ – mit dieser Frage startete die Publikumsrunde. „Photovoltaik macht Sinn, aber muss es dann Wasserstoff als Speichermedium sein? Einfacher ist, mit einem Heizstab Wasser zu erwärmen und das als Energiespeicher zu verwenden. Die Wasserstoffproduktion aus die aufwändigste Methode und relativ teuer, man braucht Elektrolyse, Speicher, Druckbehälter etc.“, räumt Burger ein. Nicht alles, was technisch geht, sei auch ökonomisch sinnvoll. Bei PV-Anlagen sollte man möglichst viel Strom selbst nützen, Überschüsse in Warmwasser oder Batterie speichern.
Energiesparen und Effizienz…
„Wenn Tirol 2050 klimaneutral Energie produzieren will – wie kann man dann den Energieüberschuss vom Sommer in den Winter bringen? Welche Rolle spielt dabei die Photovoltaik?“ lautete eine weitere Frage. „Derzeit sind rund 200 Megawatt Photovoltaik in Tirol installiert – 200 Megawatt Wasserkraft bringt viel mehr Energieausbeute“, erklärte Burger, der in Tirol der Wasserkraft den Vorzug gibt: „Das saisonale Speichern mit Wasserkraft ist möglich.“ Wobei der Lösungsansatz für die Zukunft nicht nur der Bau neuer Kraftwerke sein kann, sondern Energiesparen und anderes Nutzerverhalten ebenso notwendig sind, um den Strom dann besser zu nutzen, wenn Sonne und Wind ihn liefern: „In Innsbruck gibt es noch 30.000 Boiler, die auf Nachtstrom laufen. Allein hier macht eine Umstellung auf Photovoltaik-Strom am Tag 60 bis 70 Megawatt aus.“
Ein weiterer Bereich ist Tirols Tourismus-Wirtschaft und der Energieverbrauch der Skigebiete. „In den Skigebieten wird zu 99 % Tagesstrom benötigt. Es gibt Überlegungen, diesen mit PV-Anlagen in hochalpinen Räumen zu erzeugen, etwa in Form von Zäunen“, so Burger. „In Tirol stehen 10 % aller Schneekanonen der Welt, allein hier sind 250 Megawatt installiert“, zeigt er das Potential auf. Auch gäbe es bereits Ansätze, die dieselschluckenden Radracs mit Wasserstoff zu betreiben.
Wasserstoff im Tank…
Keine Einfahrt für Gasautos in Tiefgaragen, solche Schilder sind immer wieder zu sehen – gilt das dann auch für Wasserstoffautos? „Das Regelwerk wird sich da ändern“, ist Manfred Holzer überzeugt: „Wasserstoff ist in Tiefgaragen sehr sympathisch – wenn er austritt, ist er schnell weg und sammelt sich nicht am Boden. Ein voller Wasserstofftank ist in einer Minute abgeblasen.“ Auch am Risikobewusstsein müsse gearbeitet werden: „Viel gefährlicher ist es, jetzt an Tankstellen zu telefonieren, auch den Autoschlüssel sollte man nicht in den Hosensack stecken.“ Zu den neuen Risiken für die Feuerwehr zählen Elektro-Autos und Pholovoltaik-Anlagen mit Batteriespeichern im Keller allemal – aber da steige auch das Gefahrenbewusstsein. So wird bei Pump-Einsätzen in überfluteten Kellern erst gemessen, ob sie spannungsfrei sind.
Die Frage nach der Reichweite von Wasserstoff-betriebenen Fahrzeugen beantwortete Andreas Burger: „Mit einem Kilogramm Wasserstoff fährt man 100 Kilometer. Pkw haben 7-8 kg Wasserstoff an Board, Lkw derzeit 40 kg, wobei MAN daran arbeitet, die Kapazität auf 60-70 kg zu steigern.“
„Warum benötigen auch Wasserstoff-Autos Batterien?“ lautete eine weitere Frage. „Diese Pufferbatterien sind kleiner als Elektroauto-Batterien und werden für den gleichmäßigen Betrieb benötigt“, so Burger. Was allerdings im Schwerverkehr noch nicht ausgereift ist: „Im hochalpinen Raum ist die Absorbierung der Bremsenergie ein Thema. Da darf die Batterie nicht zu klein sein. Auf der Brennerachse wird jetzt mit mpreis-Lkw getestet, wie der herausfordernde Übergang funktionieren kann.“
„Kann aus Erdgas Wasserstoff gewonnen werden?“ „Ja, das geht mit Dampfreformierung. Dieser Wasserstoff wird als „grauer Wasserstoff“ bezeichnet – aus ökologischer Sicht bringt das aber der Umwelt nichts“, erklärte Burger. Sinnvoll sei, erneuerbare Energie für Wasserstoffproduktion zu verwenden.
Fragen zum europäischen Strommarkt kamen ebenso zu Sprache. Was passiert bei einem Blackout? „Tirol hat an den Landesgrenzen Kuppelstellen. Wir können uns vom europäischen Netz abkuppeln, mit Wasserkraft selbst wieder starten und wesentliche Regionen in Tirol selbst versorgen“, erklärte Burger. Mit Photovoltaik-Strom wäre das nicht möglich, mit Wasserkraft geht es. „Tirol ist inselfähig, das ist bewiesen.“
Was die Debatte über den europäischen Strommarkt angeht, sei die Tiwag „nur Passagier“: „Sobald ins öffentliche Netz eingespeist wird, ist man im internationalen Stromhandel. Das Merit Order-System hat sich über Jahre aufgebaut und war kein Problem, bis zu den hohen Gaspreisen“, so Burger. Die Tiwag könne da alleine nicht aussteigen.
Windenergie: in Tirol ungeeignet
Tirol wird oft mit dem Vorwurf konfrontiert, dass hier keine Windräder stehen. Aus gutem Grund, wie Andreas Burger ausführte: „Das Problem ist der Standort. Auf den Bergrücken kommt es oft zu Verwirbelungen und ab 2.500 Meter zur Vereisung von Rotoren, die beheizt werden müssten. Es gibt keine konstanten Windverhältnisse am Berg, bei hohen Windgeschwindigkeiten droht Überlastung und Abschaltung. Das ist Physik“, erläutert Burger die Hintergründe, weshalb Windenergie in Tirol keine Rolle spielt. Und was ist mit Talwinden? Da wurde ein geeigneter Standort in Jenbach ausgemacht – aber das wäre eine Riesenanlage, 150 Meter hoch mit eine Flügeldurchmesser von 100 Metern bei einer Leistung von 2 oder 3 Megawatt. „Macht das Sinn? Tirol sollte sich besser auf Wasserkraft und Photovoltaik konzentrieren. Wir haben Wasser und Sonne. Wir können Photovoltaik-Zäune auf Bergrücken aufstellen oder Lawinengalerien bestücken – da haben wir 1.700 Volllaststunden“, so Burger.
Unbegrenzt kann die Energie-Erzeugung in Tirol auch im erneuerbaren Bereich nicht wachsen. Es bleibt nicht aus, dass wir alle unser Energie-Verhalten überdenken und uns neuen Anforderungen anpassen.