Ärztehaus mit Café schließt Baulücke

Ob es in der Bahnhofstraße ab dem Bereich Fritz-Atzl-Straße Richtung Süden je eine Fußgängerzone geben wird, liegt jetzt im Ermessen eines Grundeigentümers. Das ist Resultat der Gemeinderatsbeschlüsse zum Bauprojekt des Apothekers Stawa, der in der bestehenden Baulücke ein fünfgeschossiges Gebäude mit Ordinationen, Wohnungen, einem Café und doppelstöckiger Tiefgarage errichten will. War die Flächenwidmung noch einstimmig, so gingen die Meinungen im Gemeinderat beim Bebauungsplan auseinander – aufgrund einer gewünschten, aber nicht durchführbaren Durchwegung des Geländes von der Bahnhofstraße zum Seniorenheim.

Mit der Flächenwidmung wurden zunächst die unterschiedlichen Widmungen von Kerngebiet und Freiland in Kerngebiet mit beschränkter Wohnnutzung vereinheitlicht. Zur Verwirklichung des Bauprojektes großteils auf dem Areal des ehmaligen Café Moser ist der Abriss des noch bestehenden, bereits leerstehenden Albertini-Hauses vorgesehen. Der Projektentwurf sieht angrenzend an die Grünfläche vor der Apotheke auf dieser Fläche oberirdische Besucherparkplätze  vor.

„Bei der gewünschten Durchwegung Richtung Seniorenheim konnte keine Einigung erzielt werden“, teilte GR Andreas Schmidt mit und begrüßte, dass zur Belebung der Bahnhofstraße mit dem Grundeigentümer ein Gastronomiebetrieb mit 200 Quadratmeter Fläche vereinbart werden konnte.

Vizebgm. Mario Wiechenthaler zeigte Verständnis für den Bebauungsplan ohne Durchwegung. Beim Grundstückskauf sei der Eigentümer nicht auf die gewünschte Fußwegverbindung zum Seniorenheim hingewiesen worden. Zudem brauche es dazu auch das Einverständnis eines weiteren Grundeigentümers, der das ebenfalls ablehne. „Die Durchwegung ist damit obsolet“, so Wiechenthaler. Die Fläche würde für eine Apothekenerweiterung und die digitale Medikamentenausgabe benötigt. „Die Gemeinde beschäftigt sich jetzt seit eineinhalb Jahren mit dem Ansuchen“, wies Wiechenthaler auf eine daraus resultierende Bauverzögerung hin. Durch Vorschrift der doppelstöckigen Tiefgarage sei die Voraussetzung geschaffen, dass künftig auch eine unterirdische Anbindung an die GZW-Tiefgarage geschaffen werden könne. Wiechenthaler wies zudem auf die 70 m nördlich befindliche Straßen- und Gehsteigverbindung in Form der Fritz Atzl-Straße hin.

„Auch wenn die Durchwegung jetzt nicht möglich ist – aus raumordnerischer Sicht könnte man das jetzt absichern und damit die Möglichkeit offenhalten“, erklärte GR Dr. Herbert Pertl. Die Tiefgaragenzufahrt jetzt sei nur durch die Bahnhofstraße möglich. „Damit ist eine Fußgängerzone in der oberen Bahnhofstraße gestorben“, so Pertl. Das bestätigte auch Bgm. Hedi Wechner und gab einen Ausblick in geplante Verkehrsmaßnahmen: So werde jetzt die Fußgängerzone in der Bahnhofstraße zwischen Fritz Atzl-Straße und Poststraße angepeilt und der Bereich südlich davon bis zur Speckbacher Straße als Begegnungszone. „Wenn wir diesen Bebauungsplan beschließen, ist ein für allemal die Tür für eine Fußgängerzone in der ganzen Bahnhofstraße zugeschlagen“, so Wechner.

Als „Knieschuss für die Entwicklung des Stadtzentrums“ bezeichnete Technik-Ausschussleiter STR Ing. Emil Dander den Bebauungsplan ohne querenden Fußweg und lehnte es ab, diesen Beschluss mitzutragen. „Derzeit gibt es keine andere Möglichkeit für die Tiefgaragenzufahrt“, erklärte GR Schmidt, der Lorbeeren von Fraktionskollegin Mag. Gabi Madersbacher überreicht bekam. Sie gratulierte zum Projekt und meinte, die Forderung nach einer Durchwegung sei gegen das Eigentumsrecht. Zudem sei auch ein weiterer Grundeigentümer dagegen. „Die Stadtentwicklung kann nicht von einem kleinen Fußweg abhängen“, so Madersbacher. „Ich bin froh, dass es Leute gibt, die investieren wollen und hier etwas passiert. Die Lücke ist unattraktiv.“ Die Fußgängerzone im unteren Bereich sei ein „Impuls für die Erhöhung der Lauffrequenz“, so Madersbacher.

Grün-GR Christine Mey erkundigte sich nach der privatrechtlichen Vereinbarung über die mögliche Tiefgaragenanbindung ans GZW: „Ist die Zufahrt dann von beiden Seiten möglich?“ „In der Vereinbarung ist nicht fixiert, dass die Bahnhofstraßen-Zufahrt dann aufgelassen wird“, teilte Stadtbauamts-Jurist Dr. Peter Egerbacher mit. Die GWZ-Anbindung sei ein „freiwilliger Akt“ des Projektwerbers.  Als Verfechterin der Fußgängerzone lehnte Mey für die Wörgler Grünen den Bebauungsplan ab und wies auf Kritik des Gestaltungsbeirates zum vorgelegten Projekt hin. In der Stellungnahme des Gestaltungsbeirates des Landes Tirol wird der Fußweg zum Altersheim und eine platzsparende Vorgangsweise bei „allfälligen Parkplätzen“ empfohlen. Grundsätzlich wurde festgehalten, dass die Errichtung von Parkplätzen der Umwandlung der Bahnhofstraße in eine Fußgängerzone entgegensteht.

Als „optischen Gewinn für die Bahnhofstraße“ bezeichnete Vizebgm. Hubert Aufschnaiter den Projektentwurf und begrüßte ebenfalls den Lückenschluss. GR Richard Götz erkundigte sich, ob die Stadt dem Grundbesitzer ein Servitut für die Zufahrt vom Seniorenheimpark aus eingeräumt habe. „Beim Bau der GWZ-Tiefgarage wurde Herrn Stawa zugesichert, dass er über Gemeindegrund auf das Grundstück hinter der Apotheke zufahren kann“, informierte Egerbacher über die Einräumung dieser Dienstbarkeit.

Der Bebauungsplan ohne Durchwegung mit Tiefgarageneinfahrt in der Bahnhofstraße wurde schließlich mit 14 Ja-Stimmen bei sechs Gegenstimmen und einer Enthaltung beschlossen.