Theater, das keinen kalt lässt – das bot das Stadttheater Kufstein im November 2023 mit seiner Gastspielreihe in der Zone Kultur.Leben.Wörgl. Nach dem Einpersonenstück Shirley Valentine zum Auftakt mit Hildegard Reitberger fesselten Verena Kirchner und Stefan Peschta mit „Atmen“ das Publikum am 12. November mit ihrem intensiven Spiel. Das Motto „Gänsehaut hoch drei“ komplettierte die dritte packende Performance mit Maria Elisabeth und Klaus Reitberger sowie Klaus Schneider mit dem Thriller „Der Tod und das Mädchen“ für Menschen ab 16 Jahren am 19. November 2023.
Um das Wichtigste, das man machen kann, kreist das Stück „Atmen“ von Duncan Macmillan – einen neuen Menschen. Ein Baby, das ist doch der Sinn des Lebens! Oder? Ein junges Paar macht sich die Entscheidung nicht leicht, wägt Wunderbares gegen Beängstigendes ab. Da liegen 10.000 Tonnen CO2 mehr für den Planeten in der Waagschale, auf dem es doch schon genug Menschen gibt. Aber auch alle tiefen Gefühle, das Leben selbst. Der Stückautor legt die schauspielerische Anforderungslatte für das Paar hoch, sind doch weder Bühnenbild noch Requisiten erlaubt. Der Handlungsverlauf erstreckt sich noch dazu über Jahre – ohne Spielunterbrechungen. Unter der Regie des ungarischen Regisseurs Ádám Hevér, der das sonst Profibühnen vorbehaltene Stück in London entdeckte, meisterten Verena Kirchner und Stefan Peschta die Herausforderungen mit Bravour und lieferten ein unvergessliches, intensives Theatererlebnis.
Wer das Stück „Der Tod und das Mädchen“ des chilenischen Autors Ariel Dorfmann gesehen hat, wird diese Bilder zu Schuberts gleichnamiger Komposition fortan nicht mehr aus dem Kopf bekommen! Dorfmann arbeitet das dunkle Kapitel der Diktatur in Chile mit Menschenrechtsverletzungen, grausamer Folter und korrupter Justiz auf. Ein Paar lebt am Land und versucht in der jungen Demokratie einen Neuanfang. Dimitri soll in einer Kommission Menschenrechtsverletzungen mit Todesfolge untersuchen – aber die Namen der Täter müssen geheim bleiben. Doch was geschieht mit den Verbrechern? Das interessiert seine Frau Irina brennend – sie war eines der Opfer, wurde wochenlang brutal gefoltert und vergewaltigt. Als Dimitri eine Autopanne hat, hilft ihm der Arzt Nikolai. In ihm erkennt Irina, der während ihrer Haft durchgehend die Augen verbunden waren, ihren Peiniger wieder. Der leugnet alles, doch Irina besteht auf seinem Geständnis, will Vergeltung und stürzt damit Dimitri in ein Dilemma. Wem soll er glauben? Irina bei ihrer Rache helfen? Was ist Recht und was Gerechtigkeit? Wie mit Schuld umgehen und ist Vergebung überhaupt möglich? Ein Psycho-Thriller mit Tiefgang, der von den drei Darstellern atemberaubend auf die Bühne gebracht wurde. Das Ehepaar verkörperten Maria Elisabeth und Klaus Reitberger (der auch Regie führte), den Arzt in der janusköpfigen Manier von „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ Klaus Schneider.
Die Zone Kultur.Leben.Wörgl setzte mit der Gastspielreihe, die auf Initiative des Kufsteiner Stadttheaters zustande kam, die 2019 mit dem Stück „Kosmetik des Bösen“ erstmals erprobte Zusammenarbeit fort. Den letzten Gastspielabend nützten die beiden Kulturreferent von Kufstein und Wörgl, Klaus Reitberger und Sebastian Feiersinger, zu einem Austausch über Kulturarbeit und Möglichkeiten, den Austausch zwischen den beiden Städten zu forcieren.