Großes Publikumsinteresse herrschte am 6. Februar 2018 im Tagungshaus Wörgl am Vortrag des ehemaligen Landesforstdirektors DI Dr. Hubert Kammerlander über die Zirbe und deren Einfluss auf die menschliche Gesundheit, die durch Studien belegt wurde. Inhaltsstoffe der „Königin der Alpen“ senken im Schlaf die Herzfrequenz, verlängern die Tiefschlafphase, erhöhen das Wohlbefinden bei Tag, sind Mottenschutz und wirken antibakteriell.
Die Zirbe ist DI Dr. Hubert Kammerlander schon in jungen Jahren ans Herz gewachsen. Mit Sorge registrierte der Forstmann, der elf Jahre in der Bezirksforstinspektion Wörgl und danach bis zur Pensionierung als Landesforstdirektor für ganz Tirol tätig war, den Tiefstand beim Zirbenholz-Absatz um das Jahr 2000. Damit verbunden war ein Preisverfall von 256 Euro in den 1980er Jahren auf 115 Euro. Über die Dumpingpreise entsetzt und im Wissen über besondere Eigenschaften der Zirbe bemühte er sich um Studien, die den Einfluss des Zirbenholzes auf die menschliche Gesundheit mit wissenschaftlichen Methoden unter die Lupe nehmen sollten.
„Zirben wachsen an der oberen Baumgrenze auf überaus kargen Böden, können bis zu 1.200 Jahre alt werden und bilden eine natürliche Monokultur“, erklärte Kammerlander, der einleitend auf die Zirbe als Baumart und ihr Verbreitungsgebiet einging. In der Höhe bildet sie erst mit 70 Jahren Zapfen, in Tallagen schon früher. Die Zapfenreife dauert zwei Jahre, da die Samennüsse besonders groß sind und damit dem Keimling ermöglichen, eine 12 cm lange Wurzel zu bilden. „Das ist ihr Geheimnis, um in dieser Höhe wachsen zu können. Fichte oder Lärche haben nur 2 cm lange Keimwurzeln“, so Kammerlander, der über die Zirbe seine Dissertation verfasst hat.
In ihrem Lebensraum geht die Zirbe Partnerschaften ein – der Tannenhäher erntet ihre Nüsse, legt damit Futter-Depot´s für den Winter im Boden an. Bis zu 70 Nüsse hamstert er bei einem Erntegang, legt 3 bis 7 in ein Erdloch. Bis zu 120.000 Samen verteilt ein Vogel auf diese Weise, von denen viele im Boden bleiben und keimen. Und um das zu können, braucht die Zirbe einen Mykorrhiza-Pilz – der übrigens bei Zirbensetzlingen aus der Baumschule in Bad Häring mitgeliefert wird.
„Die Zirbe ist eine gottgewollte Monokultur, sie benötigt sauren Boden“, teilte Kammerlander mit. Verbreitet ist sie im gesamten Alpenraum, von den 2,3 % Zirbenwald in Tirol sind 0,4 % als Ertragswald genützt. Von Natur aus wäre der Bestand 3 bis 4 mal so groß, wären die Wälder nicht zur Zeit der Bergbauhochblüte in Tirol vor rund 500 Jahren abgeholzt worden. Trotz des nun eingesetzten Zirbenholz-Boomes brauche man sich aber keine Sorgen um den Weiterbestand machen: „Der Zirbenzuwachs beträgt jährlich rund 28.000 Kubikmeter, der Einschlag beträgt 14.500 Kubikmeter.“ Wobei die Verjüngung der Bestände im Schutzwaldbereich auch Sinn macht.
Zirbenholz wird heute für Möbel, Stuben, Schnitzereien, Likör, Kosmetikartikel und im Wellnessbereich eingesetzt. Die Wirkstoffe finden sich im Zirbenöl, wobei hier allerdings nur wenige Anbieter (zum Beispiel Reinstadler und Unterweger) hochwertige Qualität liefern.
„Der Duft der Zirbe wirkt auf den Organismus unheimlich beruhigend“, stellte Kammerlander auch im Selbstversuch schon fest. Um das wissenschaftlich zu bestätigen, begab er sich auf Projektpartner-Suche für die erste Zirbenholzstudie am Institut für Nichtinvasive Diagnostik der Joanneum Research Forschungsgesellschaft in Graz. Und tat mit dem Studien-Leiter Univ.Prof. Dr. Maximilian Moser einen Glücksgriff, brachte dieser doch Erfahrungen aus der Biologie, Medizin und durch die Betreuung von Kosmonauten Methoden aus der Raumforschung mit.
Die erste Studie befasste sich mit dem Zusammenhang von Belastungsfähigkeit und Einrichtung, verglichen wurden körperliche und mentale Anforderungen in einem mit Zirbenholz ausgekleideten Raum mit einem mit Holzdekorspanplatten verkleideten Raum. Messungen zeigten, dass die Herzfrequenz im Zirbenzimmer geringer ist, besonders während der Erholungsphasen nach der Belastung. Frauen reagieren stärker als Männer, die Tendenz ist bei beiden gleich. „Die Qualität der geistigen Arbeit war in beiden Räumen gleich, im Zirbenzimmer waren die Personen danach aber weniger erschöpft“, so Kammerlander.
Die zweite Studie bestand aus Schlaftests, die die Versuchspersonen im Zirbenbett, im Holzdekorbett und im eigenen Bett absolvierten. Dabei zeigte sich, dass die Herzfrequenz senkende Wirkung des Zirbenholzes nicht nur in der Nacht nachgewiesen werden kann, sondern auch in den Tag hineinwirkt. Bis zu 3.500 Herzschläge pro Tag weniger – das entspricht einer Stunde „Herzarbeit“, längere Tiefschlafphasen und bessere Befindlichkeit am Tag lauteten die Schlussfolgerungen. „Diese Studie löste den Zirbenholz-Boom aus“, erinnert sich Kammerlander und ließ noch weitere Studien folgen: Dr. Hans Berghold bestätigte die Wirkung der Zirbe als Kleidermottenschutz – verantwortlich dafür ist Pinosylvin, das in Holz und Harz der Zirbe in hoher Konzentration vorkommt. Die vierte Studie am Institut für Genetik an der Uni Salzburg zeigte, dass dieser Stoff auch antibakteriell wirkt.
Die Studien-Ergebnisse wirken sich seit 2010 deutlich erkennbar beim Absatz und bei dem Preis des Zirbenholzes aus, der kürzlich bei einer Versteigerung auf 503 Euro kletterte. Die Einzigartigkeit der alpinen Zirbe hat sich herumgesprochen, das Holz erobert zunehmend Terrain außerhalb des ursprünglichen Verbreitungsgebietes. Alpines Zirbenholz ist weder mit Latschen, noch mit Kiefern vergleichbar. „In Niederösterreich wollte man mit ähnlichen Studien Kiefernholz attraktiver machen. Doch es zeigte sich, dass die Ergebnisse nicht vergleichbar sind“, so Kammerlander. Auch nicht mit den größten Zirbenbeständen weltweit in Russland: „Diese haben eine andere Qualität, riechen auch anders“, so Kammerlander, der den interessanten Vortrag mit der Beantwortung von Fragen und Tipps beendete.