Faschingszeitungen anno dazumal

Zum Lachen in den Keller gehen – das mag wohl an wenigen Jahren so aufgetroffen haben wie diesen Fasching. Im Keller schlummern nämlich Archivschätze. Faschingszeitungen längst vergangener Tage. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Heutzutage sorgen viral gehende Namenskreationen wie „Virol“, „erwischgl“, „Impfbruck“ und „Spritzbühel“ für zynische Heiterkeit.  Doch worüber hat man früher gelacht?

1923 hob der Jagdclub Wörgl unter der Schriftleitung von Anton Praxmeier erstmals die „Wörgler Schnitzlbank“ aus der Druckerpresse der Firma Lippott in Kufstein. „Lichtputzscher, hin und her, Wagenrad, krumm und grad – Ei du scheani Schnitzlbank“ prangt da unter runenhaften Symbolen. Weitere Ausgaben der Faschingszeitung folgten 1924 und 1927. Und der Herausgeberschaft entsprechend wurden darin naturgemäß auch die Jäger und ihr Umfeld ins Visier genommen. „Kennt´s den Jagahimmö nit, Wo ma´s Wild auf Vorrat schießt. Dort nehman d´Jaga g´wöhlich mit, Wenn´s selba nix z´schiaßn kriagn“ lautet schon gleich mal der erste Vierzeiler auf der Titelseite. „Da gibt´s Wildbret allerlei, Weibs sind manchmal a dabei. Oba an Jaga macht das nix, besser is alls, als d´lare Büchs. Dort haben´s a an Auerhahn, den´s zum Schiaßn abgricht haben, Der ist leich z´erwischen, bruacht´s gar nict lang d´rauf bürschn.“

Im gereimten zweiseitigen Dichtwerk finden  Vorfälle aus dem Jägeralltag ebenso ihr Platzerl wie neuschmodisches Zeug wie das elektrische Licht: „In Gold machnds Gschäft, während alles schön schläft. Das werden wir erfahrn, wenn´s ins d´Rechnung wern zoagn. Wenn ma´s leichta vermecht, war´s Elektrisch scho recht. Aba iaz is bald a so, dass oan aufbrettln ku….“ Gar nicht zimperlich geht´s weiter: „Ma kimbt zu koa Ruah – wenn die Gmoa da nix tut, denn aufghängt sollns wearn, die Lichtfabrikshearn. Mia denkn scho wieda ans Petroliumliacht, wenn´s uzuntn is, weil ma decht eppas siacht. Bei da Noacht leicht da Mun und beim Tag scheint die Sunn. Und nu elektrisch leuchtn? Da war ma scho dumm.“  Ganz fortschrittsfeindlich war man allerdings nicht: „Di Obermü (heute Kraftwerk Müllnertal), das ist was neu´s, kriagt iatz a Maschinerie. Für die Bauan zum Troat ausmoin, für uns gibt’s Energie.“

Aus dem Gemeindeleben fand auch die geplante Bürgerschule – heute NMS1 – Eingang in die „Wörgler Schnitzlbank“: „A Bürgerschui dös war scho guat, weil ma dort was leana tuat. Und d´Wörgla – dos weascht wissn, wean übaroi sist bschißn.“  Und da nimmt man sich gleich noch größeres vor: „A Bezirksgericht – dös müaß ma haben, brauch ma nimma z´Kopfstoa fahrn…“  Wobei die Wörgler da aufgrund des nach dem Ersten Weltkrieges immer noch blühenden Schwarzhandels offenbar mit der Obrigkeit anderweitig auch wenig Freude hatten – mit dem Zoll: „Auf da Grenz steht a Zöllner, dea kennt fei koan Spaß. Kust geha oda fahrn, auf da Grenz weascht hoit gfaßt. Die boarischn Schergn gehn die Wörgler am Kragn und gebn a nit auf, bis ´s äs ausgsacklt habn.“

Am Ende zieht der Faschingsdichterfürst Bilanz: „Iatz san ma fertig – rechn ma z´samm, was mia z´Wörgl eigentlich habn: Nix und nix und wieda nix, mit Redn ist nit gricht, ´s ganze Jahr is g´arbeit worn für d´Faschingsgschicht.“

Schonzeit gab´s in der Wörgler Schnitzelbank 1923 nicht – schon garnicht für die Jägerschaft selbst. Wird doch verlautbart: „Bei der diesjährigen Hirschbrunft wird von der Notariatskammer in Wörgl eine Filiale errichtet, um für die Oberjäger einen Testamentsvollstrecker bei der Hand zu haben.“ Und bei den „Kleinanzeigen“ findet sich folgende: „Zugelaufen zwei Wörgler Jaga; gegen Verpflegskosten einschließlich Polizei und Getränkesteuer abzuholen beim Jagahäusl Windau.“

Die Schnitzlbank 1924 eröffnet mit der Sensationsmeldung: „Politische Rundschau vom Reichstag. Bei der heutigen Spezialdebatte über die Abbauangelegenhäufigkeiten wurde einstimmig die Abschaffung sämtlicher Steuern und Abgaben beschlossen, da in diesem Punkte sonst doch nie eine Einigkeit und eine Zufriedenheit im Volke erzielt werden kann…“ In der Rubrik Aus Stadt und Land wird berichtet, dass die Wörgler Bürger zuviel Schnee in den Wörgler Bach kippen und damit die Viehtränke des „Wipflinger Bauern“ stören – für diesen solle nun ein Schlauch angeschafft werden, um Wasser in den Stall zu leiten. Mitgeteilt wurde auch, dass die Rodelbahn Wörgl-Hennersberg „ganz nach den neuesten  und modernsten sportlichen Ansprüchen ausgebaut wurde und nun den Wörgler Sportfreunden Gelegenheit geboten wird, sich im Auf- und Ab-, Flügel und Hindernisfahren auszubilden.“

Auch mit der Energieversorgung hadert man wieder: „Das überspannte Wörgl“ steht da. „Wörg ist ein überspanntes Nest, überall wohin du schaust und gehst. Drähte sieht man, Drähte, nichts als Drähte. Ein Erdbeb´n wenn in Wörgl kommen tätt, gewiss, es gäbe keinen Menschenjammer so groß wie in Tokio oder Yokohama. Erstens schon, weil Wörgl ist bedeutend kleiner, und zweitens, wenn ich auswärts chau, kann meiner Ansicht nach kein Haus hier voll und ganz verschwinden, weil kreuz und quer soviele Drähte Wörgl fest verbinden.“

Mittels Kleinanzeigen erfährt der geneigte Leser der Wörgler Schnitzlbank auch wieder allerhand Aufschlussreiches: „Abgebaute Handwerker, Berufspolitiker, Zeitungswiderrufer finden verdauende Beschäftigung bei der Schnitzelbank.“ Fleißig schießt sich der Wörgler Jagdclub auch 1924 wieder auf die eigene Klientel ein und schildert „Zwei schwere Fälle“:

„Da inner im Kelchsauer Grund
Da is a hübsch al langer Schlund;
Gehen drei Wörgler Jager auf die Pirsch,
mehr auf die Gams als auf´n Hirsch.
An Moderstock muß oaner die Büchs probieren
daß mit´n Schieß´n kann nix passiern
und auf die Roa, da hat´s hübsch kracht,
es hat wohl sonst nix g´macht.
Am nächsten Tag inder Tütten
tuat der Adolf an Wittmann bitten,
seit dem gestrigen Gewehr-Einschießen
soll der Verschluss halt gar nimmer schließen.
Auf der Pirsch wird´s an Bauer z´fad,
denn statt´n Gams kimmt a Schafl stad,
damit´s hab´n a biß´l an Nutzen
tut er´s a glei aberputzen.
Die Moral:
Die Darblay´schen Jager hab´ns aber nicht gern,
dös wilde umaschießen von die Herrn,
bleibs ös daham zum Saufen,
tats a nurs Wild vergrausen.“

Am 24. Februar 1924 bringt die „Wörgler Schnitzlbank“ – die Schriftleitung hat diesmal Josef Toll übernommen –  auch das Buggenhockerlied zur Kenntnis, frei nach der Melodie des Höttinger Voglfanger-Liedes:

„Alle Jaga macht s enk auf
und außer aus die Bötter,
Hasl joagn gian mir heut,
es wearad ja ´s schönste Wetter“…

Strophenweise zieht man dann vom Gradlwirt zum Gemeindehaus, vom Danekhaus zum Magerböck. Spöttisches findet sich in Texten ebenso wie in „KIeinanzeigen“: „Geschäftsanzeige. Mit dem Postamte Wörgl 1 wurde nun eine Heiratsvermittlungs-Stelle verbunden und kommt daher die Stelle eines männlichen Amtsleiters zur Besetzung. Offerte wollen auf den Tisch im Parteienraum geschrieben werden. (Schreibzeug mitbringen)“

Mit der „Schnitzlbank-Rundschau“ eröffnet die Ausgabe öder Wörgler Schnitzlbank im 5. Jahrgang anno 1927 die Ausgabe Nr. 1. – und kündigt gleich noch eine zweite fürs selbe Jahr an. Dem Verfasser der Faschingsliteratur scheint sich´s mit allerlei Wörglern verscherzt zu haben – was ihn zur Einleitung animierte: „Voriges Jahr habe ich mich auf die Hinterbeine gestellt – ich hab´s wieder aufgegeben. Ich bin draruf gekommen, daß man in Wörgl leichter Durchkommt, wenn man ein wenig einem gewissen Viech gleich sieht – auch in den Gemeinderat kommt man auf allen Vieren leichter, als wenn man immer die Faust in der Hech hat – es geht nichts übers Kriechen – das Ausschlagen muß ich mir allerdings auch abgewöhnen, weil die Gefahr besteht, daß ich dabei einen oder mehrere treffe.“…. So arg habe er sichs mit seinem Aufbegehren verdorben, dass er flüchten musste – in die „Witschnau“…

Ein Schmähgedicht widmet sich der neuesten Frisurenmode, dem Bubikopf, womit sich der Verfasser auch gleich eine Front in der Damenwelt aufmacht: „O Bubikopf, o Bubikopf, wie schön bist du zu schauen! Und wie bist du gegen den langen Schopf so einfach zu entlausen! O Bubikopf, o Bubikopf, bist schöner als mit langen Strähnen, dafür find´tst du die übrigen Haar bei den Weibern auf den Zähnen.“… Bei den Vereinsnachrichten liest man „Skiclub Wörgl. Die Löcher am Roßkopf vom Wettrennen werden am 31. Feber ausgebessert.“

Historische Wörgler Faschingszeitungen. Foto: Veronika Spielbichler

Historische Wörgler Faschingszeitungen. Foto: Veronika Spielbichler

Die „Wörgler Ratsch´n“ anno 1920

Vor der Jägerschaft gab der Wörgler Männergesangsverein „Liederkranz“ 1920 den 1. Jahrgang der „Wörgler Ratsch´n“ heraus – mit der Inhaltsangabe „Schlager aus dem Inhalt: Problem der Hebung der Weltwirtschaft, Daschaugt´s und Daheart´s. Zur Plachen. Schleichhandelgschichten“. Das Weltwirtschaftsproblem mangelnder Kohle wollte man mittels ausgefinkelter Körperertüchtigung durch ein spezielles Turnprogramm beseitigen – dann könne der Mensch direkt die Maschinen antreiben. Beklagt wird, dass kein Geld da sei, um das vom Sturm verbogene Wörgler Kirchturmkreuz wieder grade zu richten – da müsse man halt auf Gegenwind warten. „Da Wörgler Kirchaturm hat vier Zifferblattl, wia d´Meisten scho wissen, dös is wegn dem, daß vier Leitln z´gleich auf da Uhr schaugn kinnan.“…

Und auch hier gibt´s schon die kuriose Rubrik der Kleinanzeigen: „Kundmachung. Besitzer von Schwalbennestern und Starenhäuschen werden aufmerksam gemacht, daß die Aufnahme von Sommergästen auch heuer wieder an ortsamtliche Bewilligung gebunden ist.“ Oder: „Verloren wurde voriges Jahr im Hresb auf dem Weg von Häring nach Wörgl infolge geistiger und alkoholischer Umnachtung ein Liederbuch. Der redliche Finder wird gebeten, dasselbe unter dem Spitznahmen Franzl der Kleine hauptpostlagernd zu hinterlegen…“ Kundgemacht wird auch: „Seit letzter Zeit mehren sich die Fälle, dass bei Nachtzeit infolge ungenügender Straßenbeleuchtung vom P.T.Publikum (größtenteils Männlein) beim Nachhausegehen die Haustüren verwechselt werden. Um unliebsamen Ehedramen beziehungsweise Sötrunden der heiligen Nachtruhe hintanzuhalten, ersuche ich dieselben, bei ihren nächtlichen Irrfahrten und Raubzügen stets eine Kerze bei sich zu tragen, da die Gemeinde für die Straßenbeleuchtung nicht garantieren kann, weil das Elektrizitätswerk infolge Mangels an Wasser und Teuerungszulagen völlig kraftlos dasteht. Der Bürgermeister.“

Da werden „tüchtige Hilfskräfte für die Dauer des derzeit überaus strengen und aufreibenden Verkehrs  männlichen, weiblichen und sächlichen Geschlechtes ab sofort gesucht. Grundlohn wird nach Alter und Familienstand bemessen. Eigene Spezial-Wienerküche ersten Ranges steht zur Verfügung. Für die Heizhüttenleitung: Wasserstein.“ Aufgelistet werden auch die Vergnügungen am Faschingssonntag 1920: „Kino: Ein sensationeller Postraub. Detektivdrama in vielen Akten. 150 Tage langer Film ohne Ende…“ Angepriesen werden Lustbarkeiten im Stadttheater, im Flugradtheater, im Turnvereinstheater, im Spielhaus der Talschwalben, im Jugendtheater, in der Spielhalle Bruckhäusl. „In allen Theatern ist Rauchen von Eigenbautabak verboten. Heizmaterial ist selbst mitzubringen.“…

Und als „Patent Neuheit“ vorgestellt eine Erfindung der „Gemeinde Wörgl: „Vehikel zur raschesten Überwindeung größter Schneehindernisse uns Wasserlacken auf Straßen und Wegen. Allein-Erzeugung und Verkauf auch an andere in gleicher Lage befindliche Ortschaften.“

Faschingsonntag 1951: 1. Wörgler Städtische Faschingszeitung

„Wörgl erhebt sich!“ – lautet die Überschrift der Titelgeschichte der „1. Wörgler Städtischen Faschings-Zeitung“, herausgegeben von Lois Plattner, gedruckt bei Hans Burgstaller. Womit auf die Stadterhebungsfeier im August 1951 Bezug genommen wird. Ein gewisser Stolz kommt da schon auf – der auch gleich auf die Preisfrage am Ende der 1. Seite mündet: „Was ist das Schönste an Kufstein? Antwort: Der Blick nach Wörgl!“

„Eppas aus da Gmoa“ (konkret die mangelhafte Beschriftung des Rathauses) fand ebenso Eingang in die Faschingspostille wie „Berichte aus der Welt für die Welt“, konkret aus Kirchbichl, Knappendorf, Kundl, Leukental und Wildschönau. Geworben wird für den großen Faschingsumzug am 4. Februar 1951 mit nicht weniger als 48 mitwirkenden Gruppen – mit Narrenkomitee und Ansprache des Prinzen an das Narrenvolk am Ende des Umzuges. Ab 13 Uhr gab´s Maskentreiben und Konzerte am Hauptplatz und in der Bahnhofstraße. Erwachsene zahlten 3 Schilling Eintritt, Kinder 1 Schilling – „Das Reinerträgnis wird wohltätigen Zwecken zugeführt, insbesonders werden hiemit Opfer der Lawinenkatastrophe unterstützt“. Mittels „Todesanzeige“ kündigte das Narrenkomitee auch das Ende des Faschings an, der am Dienstag, 6. Februar 1951 seinen letzten Atemzug tat: „Die Beisetzungsfeierlichkeiten beginnen um 20 Uhr beim Gasthof Asnter.. Um 24 Uhr begleiten wir die sterbliche Hülle unter Sirenengeheul zur Einäscherung. Am offenen Grabe spricht Prinz Karneval. Die Trauerweisen spielen die Wörgler Bruggnhocker. Austritt 3 Schilling. Wir bitten bei Beileidsbesuchen in gemischter und gewürzter Kleidung zu erscheinen.“