Theater, das unter die Haut geht, erlebten die Premierengäste des Monologes Judas der niederländischen Autorin Lot Vekemans am 19. August 2017 in Kufstein. Unter der Regie von Stefan Bric verkörpert in der „Theater in der Arche Noe“-Produktion der Tiroler Schauspieler Helmuth A. Häusler den Verräter des Messias mit fesselnder, atemberaubender Präsenz und wird bei der packenden Performance stimmungsvoll von vier Musikern einfühlsam live begleitet.
Wetterbedingt ging diese Theater-Sternstunde nicht wie vorgesehen als Freilicht-Theater unter freiem Himmel am Kirchplatz, sondern in der Pfarrkirche St. Vitus über die Bühne. Und dieses Spiel beginnt ganz unaufgeregt – Judas als Kumpel, der selbst Handy-Fotos von Musikern und Publikum macht. Judas, dessen Name seit zweitausend Jahren für Verrat, Eigennutz und Feigheit steht. Doch ist dieses Urteil gerechtfertigt? Wer richtet?
Lot Vekemans führt dem Publikum im herausfordernden Monolog einen anderen Judas vor Augen als den, der das ihm aufgebürdete Klischee erfüllt. Eine Rechtfertigung? Nein – vielmehr eine Geschichte von Erwartungen und nicht erfüllter Hoffnung. Ein Erklärungsversuch – denn was kann man richtig oder falsch machen, wenn man nichts tut? Judas als ein Zweifler, der keine schlechte Absicht hegte und dessen Tat ganz Anderes als das Beabsichtigte zur Folge hatte. „Ich wollte nicht, dass er stirbt – er sollte weitermachen, die Römer niederschmettern, Rom als König der Juden erreichen“, erklärt Judas, der nicht länger Teil eines Opfervolkes sein sondern zu den gerechten Herrschern zählen wollte. Die Juden, denen er Jesus auslieferte, durften Jesus nicht töten – nur die Römer. Aber woher sollte er wissen, dass es so viel Hass gibt und dass jene, die ihn wollten, den Mund nicht aufmachen, „seine Armee folgsamer Schisser“ waren.
„Wo wären Sie damals gestanden? Am Wegrand oder hinter dem Fenster im Haus? Manchmal geht der Kelch nicht an einem vorüber und man muss trinken!“ Da nützte auch nicht, dass Judas seinen Fehler einsah, die Silberlinge zurückgeben wollte. Er war Werkzeug. Nicht Jesu sei für die Sünden aller gestorben, sondern er – Judas. Er habe alle Schuld der Ängstlichen auf sich genommen – als einziger. Sich selbst gerichtet und zugelassen, dass sein „Name eine Ikone des Verrates“ wurde. Aber gibt es einen Jesus ohne Judas? Kein Licht ohne Schatten, kein Frieden ohne Krieg. „Dunkelheit und Licht – manchmal gibt es nichts dazwischen“, stellt Judas fest.
So bleibt die zeitlos aktuelle Frage nach Schuld und Unschuld – und danach, wen wir heute zum Sündenbock machen. Jede Entscheidung trägt das Risiko des Scheiterns. Judas sieht jedem Besucher in die Augen und fragt am Ende: „Wer traut sich, mit mir seinen Namen zu tauschen?“
Helmuth A. Häusler nimmt das Publikum mit auf eine Hochschaubahn der Gefühle. Unterstützt wird er dabei von der außergewöhnlichen „Judas Musikcrew“, die sich fürs Theaterstück zusammengefunden hat: Martin Heis, Theresia Baumgartlinger, Andreas Frehde und Niklas Schöne schaffen mit mystischen Klängen die passende Sound-Kulisse zum höchst sehenswerten Stück, das noch am 20. und 27. August sowie am 2. und 3. September 2017 bei Schönwetter am Kirchplatz und bei Schlechtwetter in der Pfarrkirche St. Vitus aufgeführt wird. Einlass ist ab 20 Uhr, Spielbeginn um 21 Uhr. Weitere Infos und Kartenvorverkauf tel. unter 0650-6643654 und online www.archenoe.at