Der Strauch blüht verführerisch schön, lockt Schmetterlinge an und wurde als Futterpflanze für Insekten während blütenarmer Sommermonate gesehen. Bis ein belgischer Forscher nun das Gegenteil herausfand: Sommerflieder, auch Schmetterlingstrauch genannt, schadet Schmetterlingen zweifach. Er nützt weder als Futterpflanze für Raupen noch als Nahrung. Ein Grund, warum der dekorative Sommerblüher nun aus dem Wörgler Freigarten entfernt wird.
„Der Sommerflieder hat nur wenig Nektar, der reich an Koffein ist. Die lila Farbe lockt die Schmetterlinge an, das Koffein macht sie süchtig – aber sie finden zu wenig Nektar und verhungern buchstäblich“, beruft sich Jutta Seethaler, Koordinatorin der Freigarten-Initiative auf die Forschungsresultate des Belgiers Yves Desmons vom „Cercle des naturistes de Belgique“. Die Schmetterlinge verbringen viel Zeit mit der Suche nach dem spärlichen Nektar – das erschöpfe sie und habe zur Folge, dass sie sich nicht mehr vermehren.
In der Schweiz steht die aus China eingeführte Pflanze schon länger auf der schwarzen Liste invasiver Neophyten, deren weitere Ausbreitung unterbunden werden soll. „Bitte entfernen Sie Sommerflieder und ersetzen Sie ihn durch einheimische Pflanzen!“ ersucht beispielsweise die Stadt Bern ihre BürgerInnen.
Vorrangig begründet wird die Kampfansage damit, dass der Schmetterlingstrauch einheimische Nahrungspflanzen verdrängt, die Schmetterlinge und Raupen als Futterpflanzen zum Überleben der Art benötigen. „Der Sommerflieder produziert bis zu 3 Millionen Flugsamen pro Pflanze, die mit dem Wind über weite Distanzen getragen werden. Die Samen bleiben im Boden lange keimfähig. Zudem verbreitet er sich über unterirdische Ausläufer oder treibt neu aus, wenn er abgeschnitten wird. Er verbreitet sich auf offenen Flächen, in Naturschutzgebieten, entlang von Gewässern, in Wäldern und an Straßen- und Bahnböschungen“, informiert die Stadt Bern und rät, Jungpflanzen mit Wurzeln vollständig auszureißen und ältere Sträucher mit Wurzelstock auszugraben. Um die Versamung zu verhindern, sollen Blütenstände vor Samenreife abgeschnitten und entsorgt werden. Wurzeln und Blüten dürfen nicht in den Kompost – sie gehören in die Verbrennungsanlage oder in eine professionelle Kompostieranlage mit Heißverrottung.
Beim ehrenamtlichen Arbeitseinsatz der FreigärtnerInnen vor dem Corona-Lockdown wurden schon einmal alle oberirdischen Teile des Sommerflieders entfernt – bis zur nächsten Vegetationsperiode wird auch die Wurzel noch ausgegraben. „Wir geben den Ratschlag der Naturschützer gern weiter und ersuchen, auch bei uns in den Gärten den Sommerflieder zu entfernen oder zumindest seine weitere Verbreitung durch Abschneiden und Entsorgen der samentragenden Blütenstände zu verhindern“, erklärt Jutta Seethaler.
Der Wörgler Freigarten wurde 2011 nach Permakultur-Kriterien auf einem rund 600 Quadratmeter umfassenden Areal an der Kreuzung Unterguggenberger Straße/Brixentaler Straße im Eigentum der Stadt Wörgl als öffentlich zugängiger Schau- und Naschgarten eingerichtet. Durch biologisches, naturnahes Gärtnern mit Humusaufbau durch Mulchen wird eine alternative Gestaltung und Nutzung öffentlicher Flächen mit sozialem Mehrwert praktiziert – die ehrenamtlichen Arbeitseinsätze der Freigarten-Initiative sind ein Gemeinschaftserlebnis und dienen auch dem Erfahrungsaustausch und Lernen fürs Gärtnern daheim. Durch Pflanzenvielfalt und Hecken entwickelte sich der Freigarten zum Rückzugsort für Insekten, Vögel und Eidechsen, in der sich auch zweibeinige BesucherInnen gern einfinden.