Mit einem 15:9-Beschluss verordnete der Wörgler Gemeinderat am 30. September 2021 für den nördlichen Teil der Bahnhofstraße eine Fußgängerzone – ungeachtet zahlreicher Einwände und Stellungnahmen von Anrainern wie von Interessensvertretungen. Während die Mandatare der Liste Hedi Wechner, der FWL und der Wörgler Grünen dafür stimmten, hieltendie ÖVP-nahen Mandatare der Bürgerliste Wörgler Volkspartei, vom Team Wörgl sowie von der Jungen Wörgler Liste dagegen.
Der Straßenabschnitt von der Kreuzung Fritz-Atzl-Straße bis zum Fussl wird mit einem allgemeinen Fahrverbot belegt. Ausgenommen sind Ladetätigkeiten von 6-10:30 Uhr, Fahrradverkehr im Schritttempo und Inhaber von Ausnahmegenehmigungen, die ausschließlich Grundstücks- und WohnungseigentümerInnen sowie MieterInnen und PächterInnen erhalten – nicht allerdings MitarbeiterInnen, KundInnen oder PatientInnen der Arztpraxen. Straßendienst und Müllabfuhr dürfen ebenso jederzeit fahren wie Rettungsdienste – allerdings keine Taxis generell, nur wenn sie Krankentransporte vornehmen.
GR Kayahan Kaya (Bürgerliste VP) nahm Bezug auf die von Anrainern vorgebrachte Kritik und wollte wissen, warum diese nicht frühzeitig in den Planungsprozess einbezogen wurden. Bgm. Hedi Wechner meinte, dass eine Anrainer-Einbeziehung bei der Planung einer Fußgängerzone „nicht üblich ist – dazu braucht es professionelle Planung.“ GR Hubert Mosser (Bürgerliste VP) erhielt auf die Frage, wieviele Personen als Anrainer zufahren dürfen, keine Antwort. Er wies auf Stellungsnahmen von Ärzte- und Wirtschaftskammer hin: „Darin wird unabdingbar eine Anfahrbarkeit der Praxen gefordert – sonst drohe eine Abwanderung der Patienten. Die Wirtschaftskammer fordert, dass ausreichend alternative Parkplätze für die betroffenen Anrainer geschaffen werden und Taxiverkehr jederzeit erlaubt sein soll“, so Mosser, der sich wunderte, dass diese Einsprüche nicht berücksichtigt werden. Zudem wollte er wissen, „wie die Stadt sicherstellt, dass es nicht zu Schadenersatzforderungen kommt“ und ob die genannten „Maximalkosten von 1,5 Millionen Euro garantiert werden können – ohne Wissen über den Leitungsbestand im Boden“. Mosser beantragte zur Klärung der offenen Fragen eine Absetzung der Beschlussfassung von der Tagesordnung – das wurde allerdings von 15 Mandataren abgelehnt.
Stadtbauamtsjurist Dr. Peter Egerbacher nahm Stellung zu Mossers Fragen. Die Kammern hätten nur Anhörungsrecht – damit seien deren Stellungnahmen nicht als Einspruch zu werten, sondern lediglich als Anmerkungen. Gegen eine Verordnung seien Einsprüche rechtlich nicht möglich. Was Schadenersatzforderung betrifft: „Aus einer Verordnung kann kein Schadenersatz abgeleitet werden.“ Auf die Frage nach der Kostengarantie meinte Bgm. Wechner, dass die 1,5 Millionen Euro ein Richtwert seien. Eine Untergrund-Untersuchung vorab hätte zusätzlich Kosten verursacht.
Vizebgm. Hubert Aufschnaiter (Bürgerliste VP) wies auf die Problematik der Zufahrt und Ausfahrt aus der Gisela Straße hin. Verkehrsreferent Ing. Emil Dander (Liste Hedi Wechner) sieht darin kein Problem: „Das sind täglich 320 Einfahrten und 180 Ausfahrten in die Bahnhofstraße“, so Dander. Andere Straßen in Wörgl seien wesentlich höher belastet, zudem falle der Umwegverkehr beim Rückstau vor dem Bahnhofsplatz weg. Grundsätzlich bedürfe es eines Umdenkens, einer Mobilitätswende weg vom motorisierten Individualverkehr. Die Fußgängerzone sei ein Schritt in die richtige Richtung. Als „Chance zur Belebung der Bahnhofstraße“ sieht die FWL die Fußgängerzone und die Wörgler Grünen sehen darin eine „echte Verkehrsberuhigung für die Innenstadt“. Was Anrainerprobleme betreffe, würde „die Stadtführung zufriedenstellende Lösungen finden.“
- Parkplatz-Zufahrt zum Engl-Areal – mittels Bodenmarkierung versuchen die Hauseigentümer, den Zufahrtsbereich frei zu halten – eine besondere Herausforderung bei Veranstaltungen auf der Bahnhofstraße wie jüngst beim Brezensuppnfest.
- Betroffene Anrainer der nun beschlossenen Fußgängerzone sprechen sich dagegen aus – sie befürchten Benachteiligungen.
- Dieser Durchgang ist Zufahrt für 40 Parkplätze im Hof – auch Besucher-Parkplätze, die von der Stadt vorgeschrieben wurden und durch das Fahrverbot in der Fußgängerzone nicht mehr nutzbar wären.
- Die Zufahrt zu den Parkplätzen im Hinterhof über Privatgrund des CityCenters wird von den Liegenschaftseigentümern abgelehnt – sie wollen keinen öffentlichen Durchgang über ihr Grundstück und damit verbundene Verschmutzung. Für Ärger sorgt, dass diese Hecke bei Veranstaltungen in der Bahnhofstraße als Pissoir missbraucht wird.
- Um die von der Stadt vorgeschriebenen Stellplätze in Form eines unterirdischen und eines ebenerdigen Parkdecks wurde ein Haus mit mehreren Wohnungen abgetragen.
- Die Zufahrt zu den Parkplätzen der Engl-Liegenschaft ist nur von der Bahnhofstraße aus möglich. Dass nur wenige hundert Meter südlich eine neue Tiefgarage mit 60 Stellplätzen mit Zu- und Ausfahrt in die Bahnhofstraße von der Stadt bewilligt wurde, stößt auf Unverständnis.
- Betroffen vom Fahrverbot in der Bahnhofstraße durch die Fußgängerzone sind auch die Anrainer der Gisela-Straße, die sich ab dem Burgstaller-Gebäude auf einspurig verengt.
- Weitere Zufahrten in der Fußgängerzone im Bereich Puchwald.
- Für diesen Straßenabschnitt bis zum Bahnhof wurde die Fußgängerzone mehrheitlich verordnet.
- Auch die Anich-Straße mündet im Bereich der Fußgängerzone in die Bahnhofstraße.
- Die Fußgängerzone reicht bis zum Café Ibounig – der motorisierte Verkehr wird über die Fritz Atzl-Straße vorbei am Gesundheitszentrum und Seniorenheim zum Bahnhof gelenkt.
- Gemeinderat Hubert Mosser beantragte eine Absetzung des Tagesordnungspunktes Verordnung der Fußgängerzone in der nördlichen Bahnhofstraße, um offene Fragen zu klären.
- Mit 15:9 Stimmen beschloss der Wörgler Gemeinderat am 30.9.2021 die Verordnung der Fußgängerzone samt Beschilderung.
- Allianz für die Fußgängerzone – v.l. Verkehrsreferent Ing. Emil Dander, Bgm. Hedi Wechner und Vizebgm. Mario Wiechenthaler.
- Die Abstimmung über die Verordnung der Fußgängerzone – sechs von 21 Mandataren stimmten dagegen.