Mit einer Ausstellung in der Galerie am Polylog in Wörgl werden bis 31. August 2021 die Ergebnisse eines Gestaltungswettbewerbes für die Errichtung einer Fußgängerzone in der Wörgler Bahnhofstraße präsentiert. Das einstimmig gekürte Siegerprojekt für die Umsetzung des ersten Abschnittes vom Landschaftsarchitekturbüro EGKK aus Wien wurde zur Ausstellungseröffnung am 17. August 2021 vom Architekten DI Clemens Kolar im Detail erläutert.
Die Wettbewerbsausschreibung, erarbeitet in Kooperation mit der Architektenkammer und der Abteilung Dorferneuerung des Landes Tirol, ging am 20. April 2021 an 8 regionale und nationale Architekturbüros, die Jury-Entscheidung am 30. Juni war dann einstimmig, wie Bürgermeisterin Hedi Wechner bei der Projektvorstellung betonte. Große Zustimmung habe es dazu auch bei der Bürgerversammlung am 16. August gegeben, so Wechner, die hofft, dass damit „die unendliche Geschichte Fußgängerzone“ ab 2022 mit der Umsetzung der ersten Etappe im nördlichen Bereich der Bahnhofstraße ein glückliches Ende findet – mit Fortsetzung der Verkehrsberuhigung in der gesamten Bahnhofstraße.
Lobende Worte für die Wettbewerbsvorbereitung durch das Stadtbauamt sowie für Vorgangsweise und Resultat fand DI Diana Ortner von der Abteilung Dorferneuerung des Landes Tirol. „Unser großes Ziel ist, der Bahnhofstraße ihre frühere Bedeutung als Kernbereich der Stadt wieder zukommen zu lassen“, erklärte Raumordnungsreferent GR Andreas Schmidt. Der Wettbewerb war zweigeteilt für die Umsetzung der Fußgängerzone im nördlichen Bereich und die Ideenfindung für die Gestaltung des südlichen Bereiches als verkehrsberuhigte Begegnungszone. „Die Fußgängerzone umfasst 3.816 Quadratmeter und reicht vom Bahnhofsplatz bis zur Kreuzung Fritz-Atzl-Straße“, informiert Schmidt. Baustart soll im 2. Quartal 2022 sein, für den oberirdischen Umbau des Straßenabschnittes rechnet man mit netto 1,5 Millionen Euro – nicht darin enthalten sind Infrastruktur und Nebenkosten für Grundablösen etc. Dem Gemeinderat wird das Projekt zur Beschlussfassung im Herbst 2021 vorgelegt.
Als Herzstück ein lebendiger Begegnungsraum
Weit mehr als eine autofreie Straße – als „Herzstück“ plante das Landschaftsarchitekturbüro EGKK aus Wien einen „lebendigen Begegnungsraum“ , ein „Stadt-Wohnzimmer“ mit vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten, das auch den künftigen Anforderung des Klimawandels gerecht wird.
Als verbindendes Element wird ein neuer Pflasterbelag in zwei Formaten von Fassade zu Fassade verlegt, in den die bestehenden „Meilensteine“ eingearbeitet werden. Der Straßenbereich wird neu strukturiert – in Flanierzonen links und rechts, einer 3,2 Meter breiten „schnellen Mitte“ für Hauszufahrten, Radfahrer und Einsatzfahrzeuge und einem 4,5 Meter breiten Band als „orchestrierte Mitte“ zur unterschiedlichen, flexiblen Nutzung. „So werden Freiräume mit hoher Aufenthaltsqualität geschaffen, auf denen verschiedenes passieren darf“, erläuterte DI Clemens Kolar – Gastgärten, konsumfreie Ruhezonen, Ausstellungsräume, Spielbereiche, Nebel- oder Regenduschen für Hitzetage oder offene Bücherschränke, aber auch als Standplätze für Wochenmärkte oder für Fest-Infrastruktur.
Neue Plätze sind bei Aufweitungen und Einmündungen von Seitenstraßen vorgesehen und großer Wert wird auf Begrünung gelegt: Die großen Kastanienbäume beim Fussl sind Bestandteil des Begrünungskonzeptes, das die bestehenden kleinwüchsigen Bäume durch höhere, fürs Stadtklima wertvollere Arten ersetzen will. Da diese mehr Wurzelraum benötigen, soll nach dem Stockholmer System gepflanzt werden. Dabei wird bei der Untergrund-Gestaltung Rücksicht auf die Pflanzenbedürfnisse genommen. Der größere Wurzelraum dient im Sommer als Wasserrückhalt, im Winter wird salzbelastetes Oberflächenwasser hingegen abgeleitet, um den Wurzeln nicht zu schaden.
Mit der Neupflasterung heißt es ade für die grobe „Granitstein-Wüste“ vor dem City-Center. Die Umbauarbeiten sollen so abgewickelt werden, dass die Geschäfte durchgehend geöffnet bleiben können. Zufahrtsberechtigungen werden sehr restriktiv erteilt – nur für Eigentümer und Mieter, nicht für MitarbeiterInnen oder Besucher, auch nicht für Taxis. Radfahrer dürfen im Schritttempo unterwegs sein. Uneingeschränkt fahrberechtigt sind Einsatzfahrzeuge, und Ausnahmegenehmigungen können für gehandicapte Personen für Arztbesuche im Bereich der Fußgängerzone ausgestellt werden. Ladetätigkeiten können von 06:00-10:30 Uhr erfolgen. „Im Umkreis von 4 Minuten Fußweg befinden sich 700 Parkplätze“, erklärt Bgm. Hedi Wechner.
Ob der öffentliche Busverkehr wie jetzt beim samstäglichen Bauernmarkt über die Fritz-Atzl- und KR-Pichler-Straße dann dauerhaft geführt wird, stehe noch nicht fest – durch die Fußgängerzone fahren die Busse nicht. Die Bahnhofstraße sei Teil des ganzheitlichen neuen Wörgler Verkehrskonzeptes. Zur Verkehrsberuhigung denke man im südlichen Bereich die Schaffung einer Begegnungszone an, in der die Höchstgeschwindigkeit bei 20 km/h liegt.
Das Wettbewerb-Siegerprojekt bezog in die Gestaltungsvorschläge auch den Bahnhofsvorplatz und dort bestehende Grünanlagen ein. „Der Bahnhofsvorplatz war nicht Teil des Wettbewerbes“, konkretisiert Bgm. Wechner. Der Platz sei im Eigentum der ÖBB und vor 2025 werde dort kein Umbau stattfinden. Auf die Frage nach dem Erhalt großer Bäume dort erklärte Wechner, dass derzeit nur der Erhalt der Kastanienbäume vor dem Fussl fixiert sei. „Das vorliegende Projekt liefert eine gute Vorarbeit für Folgeprojekte“, wünscht sich Dorferneuerungs-Expertin Ortner.
Was die Wörglerinnen und Wörgler von den neuen Gestaltungsideen halten, können sie im Gästebuch festhalten, das bei der bis 31. August dauernden Ausstellung aller eingereichten Projekte aufliegt. Die Öffnungszeiten sind jeweils Mo-Fr von 17-19 Uhr und samstags von 9-12 Uhr. Am letzten Ausstellungstag stehen interessierten Bürgerinnen und Bürgern Bgm. Hedi Wechner und Architekt DI Clemens Kolar (Siegerprojekt) im Rahmen einer Finissage ab 17 Uhr Rede und Antwort.