Mit einem Festakt wurde am 26. November 2022 der neue Wörgler Kirchenwirt eröffnet und bei diesem Anlass den geladenen Gästen erstmals die öffentlichen Räumlichkeiten der Stadt gezeigt, in denen das Museum, das Stadtarchiv und der neue Kulturraum Platz finden. Für den Bauherrn hielt die Stadtmusikkapelle eine Überraschung bereit. Der scheidende Kapellmeister Thomas Peotta komponierte für Gerhard und Daniela Thurner den Marsch „Ein Haus voll Tradition“.
Nachdem die Stadtgemeinde die Liegenschaft verkauft hatte und dabei ein „Fruchtgenussrecht“ für rund 40 % der Nutzfläche für die öffentliche Hand eingeräumt wurde, übernahm der neue Eigentümer die herausfordernden Umbau- und Sanierungsarbeiten für das ganze denkmalgeschützte Gebäude. Bei denen Gerhard Thurner auch selbst tatkräftig mithalf – denn die alte Bausubstanz hatte es in sich. „Wir haben 960 Tonnen Bauschutt rausgeräumt, großteils händisch, 150 Tonnen Holz, Glaswolle und Gips wurden entsorgt“, gab Gerhard Thurner bei seiner Begrüßungsansprache Einblick in die letzten 13 Monate, in denen reges Handwerker-Treiben auf der Baustelle herrschte.
Nicht nur die baulichen Eigenheiten des ab 1875 in Etappen und auf unterschiedlichen Ebenen errichteten Gebäudes samt Gewölbekeller hielten den Bauherrn auf Trab, sondern auch „ein sehr interessanter Behördenlauf“, wie es Thurner sehr diplomatisch formulierte und damit darauf anspielte, dass es nicht einfach war, Denkmal- und Brandschutz für die neue Nutzung unter einen Hut zu bringen. Lange bestanden Zweifel, ob die Umbauarbeiten rechtzeitig zur geplanten Eröffnung überhaupt fertig werden – wofür sich Thurner bei den engagierten Handwerks-Betrieben ausdrücklich bedankte. In seine Dankesworte schloss er zudem Bauleiter Stefan Enser, die Stadtverantwortlichen sowie bei der Finanzierung nebst der Raiffeisenbank den Kulturfonds des Landes sowie das Bundesdenkmalamt mit ein.
Jetzt beherbergt das Gebäude den Kirchenwirt mit Küche und Gastro samt Gastgarten im Parterre und 12 Frühstückszimmern im Südtrakt. Im ersten Stock bringt die Stadtgemeinde das Heimatmuseum unter, das 2023 mit einer Sonderausstellung zur Wörgler Urgeschichte eröffnet wird, sowie im zweiten Stock das Stadtarchiv und einen neuen Kulturraum, der auch als Proberaum für Chöre und Orchester verwendet wird. Geblieben ist das Trafohaus, und noch nicht beendet ist die Platzgestaltung ostseitig, die in Verbindung mit dem anstehenden Tagungshaus-Umbau vorgenommen werden soll.
„Der Kirchenwirt soll die Aufgabe übernehmen, miteinander zu kommunizieren, die Tradition zu bewahren, den Gedankenaustausch zu pflegen und einen Ort für gute Laune und Geselligkeit zu bieten“, erklärte Gerhard Thurner und räumte ein, mit der Wirtshauseröffnung angesichts der Rahmenbedingungen von schwieriger Personalsuche und Kostendruck „gegen den Strom“ zu schwimmen, aber „etwas Wichtiges und Richtiges für uns alle zu tun.“
Als „grandios gelungen“ würdigte Wörgls Bürgermeister Michael Riedhart den Umbau und freute sich, „dass dem Wirtesterben etwas entgegengesetzt wird und der Kirchenwirt auch sonntags geöffnet hat.“ Riedhart gratulierte und wünschte der neuen Wirtin Michaela Penzenstadler „eine glückliche Hand“. Sie kam vor fünf Jahren nach Wörgl, arbeitete als Assistentin der Geschäftsführung im Immobilienbereich bei Gerhard Thurner und übernimmt den Kirchenwirt als Quereinsteigerin aus „Liebe zur Gastronomie“, die in ihrer Zeit als Kellnerin geweckt wurde.
„Es gibt vielfach Diskussionen im Land, warum die Gastwirte immer weniger werden. Die Gründe für den Rückgang sind vielfältig. Einer davon ist, dass wir mehr Häuptlinge produzieren als Indianer“, meinte Bezirkshauptmann Dr. Christoph Platzgummer und regte an, „darüber nachzudenken, wie es weitergeht“. Als Teil des „interessanten Behördenlaufes“ merkte er an, dass es nicht einfach sei angesichts der gesetzlichen Vorgaben, „was wir alles vorschreiben sollen – von Bau-, Gewerbe-, Wasserrecht und Denkmalschutz. Ich bewundere den Mut, den Einsatzwillen und die Hartnäckigkeit des Bauherrn“, so Platzgummer und unterstrich die Bedeutung der Wirtshäuser als Ort, „wo der Hausverstand noch regiert.“
Sichtlich erfreut zeigte sich Wörgls Pfarrprovisor Christian Hauser, der selbst aus der Gastronomie kommt, über „das neue Wirtshaus zwischen Kirche und Tagungshaus“. Hauser gratulierte, freut sich auf gute Zusammenarbeit und schloss ins Segensgebet den Wunsch ein, dass das „Haus mit herzlicher Gastfreundschaft erfüllt“ werde.
„Gerhard ist seit langem ein hervorragender Musikant in unseren Reihen“, erklärte Kapellmeister Thomas Peotta und würdigte dessen Kirchenwirts-Engagement: „Ich finde es wahnsinnig lässig, dass er sich das traut!“ Gerhard und dessen Frau Daniela zu Ehren komponierte Peotta den Marsch „Ein Haus voll Tradition“, den die Stadtmusikkapelle nach Überreichung der Noten auch gleich uraufführte. Thurner dankte den Musikanten wie auch allen weiteren Traditionsvereinigungen von Feuerwehr, Kameradschaftsbund, Schützenkompanie und Schützengilde sowie Rotem Kreuz fürs Ausrücken in Uniform anlässlich der Kirchenwirtseröffnung, zu der sich auch zahlreiche politische Vertreter aus Wörgl einfanden – darunter neben Bürgermeister Michael Riedhart dessen Vize Kayahan Kaya, der Landtagsabgeordnete und Stadtrat Christian Kovacevic, Kulturreferent Sebastian Feiersinger sowie die Gemeinderäte Iris Kahn, Dr. Andreas Widschwenter, Walter Altmann, Andreas Deutsch und Richard Linser.
Der Festakt im Freien endete mit dem offiziellen Bieranstich durch Wirtin Michaela Penzenstadler und Gerhard Thurner und dem gemeinsam mit Bürgermeister Riedhart und BH Platzgummer vorgenommen Durchtrennen des roten Bandes. Die geladenen Gäste konnten danach die Gastlichkeit im neuen Kirchenwirt gleich selbst ausprobieren und nach dem Mittagessen die Räumlichkeiten von Museum, Stadtarchiv und Kulturraum besichtigen, die seit Mitte November bezogen werden. Die offizielle Eröffnung findet nach Fertigstellung 2023 statt.