Kontroverse Diskussion um Umwidmungen

Will Wörgl Freizeitwohnsitze und soll die Gemeinde mit entsprechender Flächenwidmung den Marktpreis bei Grundstücksverkäufen in die Höhe treiben? Mit dieser Fragestellung befasste sich der Wörgler Gemeinderat am 12. November2019 anlässlich einer beantragten Umwidmung von Wohngebiet in Freizeitwohnsitz am Wörgler Hennersberg.

Der Eigentümer des Einfamilienhauses will seine Immobilie veräußern und beantragte deshalb die Widmungsänderung. Bürgermeisterin Hedi Wechner verlas den Beschlussvorschlag des Ausschusses, der mehrheitlich eine Ablehnung empfahl.

Wörgl hat derzeit 6013 Haupt- und 21 Freizeitwohnsitze gemeldet. Zulässig sind Widmungen für Freizeitwohnsitze bis zu einer Anzahl von 8 % der Hauptwohnsitze. „Derzeit ist die Quote nur zu 0,35 % ausgeschöpft. Warum ist man dagegen?“, fragte GR Michael Riedhart nach und GR Richard Götz meinte, dass „prinzipiell nichts gegen die Umwidmung spricht, ich sehe keinen Grund für eine Ablehnung. Wenn wir keine Freizeitwohnsitze mehr wollen, sollten wir das dann aber auch so beschließen und alle gleich behandeln.“

Grundsätzlich gegen Freizeitwohnsitze spricht sich GR Georg Breitenlechner (Liste Hedi Wechner) aus, zumal hier der Umwidmungswunsch mit der Erzielung eines höheren Verkaufspreises begründet wurde. Breitenlechner: „Der Wohnraum sollte für Einheimische da sein.“

„Wenn die Umwidmung nur der Wertsteigerung dient, bin ich dagegen“, erklärte Bürgermeisterin Hedi Wechner und unterstützte ebenfalls das Argument, der Wohnraum solle für die Bürger da sein. „Für Einheimische wird es dann teurer – das kann Folgewirkungen haben“, warnte FWL-GR Christian Huter und seine Fraktionskollegin GR Carmen Schimanek meinte auch, dass „es nicht Aufgabe der Gemeinde ist, höhere Verkaufspreise zu fördern.“

Anderer Ansicht war Vizebgm. Hubert Aufschnaiter von der Bürgerliste Wörgler Volkspartei, der Zustimmung zur Umwidmung signalisierte, da er sich Einnahmen für den Tourismus erwarte.

Bürgermeisterin Hedi Wechner merkte an, dass „die Gemeinde nicht das Instrument ist, um Preise in die Höhe zu treiben“, sie halte das für eine gefährliche Situation: „Wenn das Schule macht, kann kein Einheimischer mehr etwas kaufen.“ Eine generelle Ablehnung von Freizeitwohnsitzen zu beschließen, müsse erst mittels Antrag vorbereitet werden und sei in laufender Sitzung nicht möglich.

Grün-GR Christine Mey beantragte die Absetzung von der Tagesordnung zur Weiterbehandlung im Ausschuss. Das wurde abgelehnt. Mit einem Stimmverhältnis von 13:8 lehnte der Gemeinderat  nach ausführlicher Diskussion die Umwidmung von Wohngebiet in Freizeitwohnsitz ab.

Was wird aus städtischen Grundflächen am Inn?

Die Kompostieranlage am Inn ist seit Jahren geschlossen, eine Nachnutzung des Areals ist noch nicht festgelegt. Daneben befinden sich Anlagen zu Abwasserbeseitigung. Am 21. Mai 2019 brachten die Bürgerliste VP Wörgl, das Team Wörgl, die Junge Wörgler Liste und die FWL gemeinsam den Antrag ein, eine der jetzigen Nutzung entsprechende Umwidmung vorzunehmen, da die jetzige Flächenwidmung nicht mehr zeitgemäß sei. Die ausgewiesene Vorbehaltsfläche Kläranlage werde nicht mehr benötigt, da künftig voraussichtlich nur mehr eine Teilfläche davon für eine Oberflächenwasser-Pumpstation verwendet werden soll.

„Die Stadtwerke Wörgl sind der Eigentümer, und sie wollen keine Änderung“, teilte Bgm. Hedi Wechner mit und meinte, eine Umwidmung könne nur der Grundeigentümer beantragen. Eine Oberflächenpumpstation könne aufgrund der weiteren Bautätigkeit in Wörgl in 3 bis 4 Jahren notwendig werden und sei Teil des Hochwasserschutzes. Die Stadtwerke würden dort zudem ein betriebseigenes Hochlager errichten.

Eine Umwidmung müsse die gesamte Fläche, nicht nur die Vorbehaltsfläche Kläranlage betreffen. Dafür sei es aber zu früh, meinte Stadtwerkedirektor Reinhard Jennewein, das sei „noch nicht spruchreif“.

„Wir wollen, dass die Stadtwerke sagen, was sie damit machen wollen – dann widmen wir“, erklärte Vizebgm. Hubert Aufschnaiter.  Das Gelände wird jetzt nicht widmungskonform für „Diverses“ verwendet. „Den aktuellen Stand über den Kopf des Eigentümers hinweg herzustellen geht nicht“, meinte GR Hans Peter Hager (Liste Hedi Wechner), worauf GR Riedhart einwandte, dass die Stadt „die Hotelwidmung bei Bad Eisenstein auch rückgewidmet hat, ohne den Eigentümer zu fragen.“ „Das waren vollkommen andere Voraussetzungen“, erklärte Bgm. Wechner dazu.

Der Antrag der vier Fraktionen auf Umwidmung wurde mehrheitlich von elf Mandataren abgewiesen, die vier GemeinderätInnen der FWL enthielten sich der Stimme.

Freizeitwohnsitzabgabe kommt

Der Tiroler Landtag beschloss im Mai 2019 das Gesetz über die Einhebung einer Freizeitwohnsitzabgabe und forderte die Gemeinden auf, bis Ende 2019 entsprechende Verordnungen umzusetzen. Die Abgabe dient zur teilweisen Abdeckung der Kosten für Infrastruktur und Verwaltungseinrichtungen.

Wörgl setzt nun die möglichen Höchststeuersätze um. Die jährliche Abgabe ist gestaffelt nach Größe der Nutzfläche: bis 30 Quadratmeter 240 Euro, bis 60 Quadratmeter 480 Euro, bis 90 Quadratmeter 700 Euro, bis 150 Quadratmeter 1.000 Euro, bis 200 Quadratmeter 1.400 Euro, bis 250 Quadratmeter 1.800 Euro und darüber 2.200 Euro.

Da die Freizeitwohnsitzabgabe eine Selbstbemessungsabgabe ist, muss der Abgabenschuldner selbst die Höhe der Abgabe bemessen und bis 30. April eines jeden Jahres an die Gemeinde entrichten – so lautet die Umsetzungsrichtlinie. Der Gemeinderat beschloss die Verordnung über die Höhe der Freizeitwohnsitzabgabe mit einstimmigem Beschluss.

Wörgl im Winter. Foto: Veronika Spielbichler

Wörgl im Winter – Raumordnung und Flächenwidmung sind beim begrenzten Siedlungsraum im Inntal immer wieder Thema im Gemeinderat.

Erschließungskosten steigen

Mit einstimmigem Beschluss hob der Gemeinderat am 12.11.2019 weiters den Erschließungskostenbeitragssatz von 4 % auf 5 %. 2015 wurden 3 % festgelegt, 2017 erfolgte eine Erhöhung auf 4 %. Um die neuerliche Erhöhung zu veranschaulichen, berechnete das Bauamt die Abgabe für ein Einfamilienhaus mit einer Kubatur von 750 Kubikmetern und einer Grundstücksfläche von 500 Quadratmeter: Derzeit sind mit 4%igem Satz 11.505 Euro fällig, ab 2020 mit 5 %igem Satz 14.381,25 Euro, was Mehrkosten von 2.876,25 Euro ausmacht.