Das Kraftwerk Müllnertal am Eingang der Wörgler Schlucht versorgt rund 700 Haushalte mit sauberer elektrischer Energie und trägt durch seinen Stausee zum Hochwasserschutz bei. Was Kleinwasserkraftwerke wie dieses können, erklärten beim Tag der offenen Tür am 9. Juni 2017 Mitarbeiter der Stadtwerke Wörgl Schulklassen und interessierten Besuchern, die die Chance nützten, alles über die Stromerzeugung bei den Wörgler Stadtwerken vom Einfang des Wassers bis zur Steckdose zu erfahren.
Der „Tag der Kleinwasserkraft“ wurde heuer erstmals vom Verein Kleinwasserkraft Österreich – der Interessensvertretung von über 3.000 Kleinwasserkraftwerken in Österreich – ins Leben gerufen. Die Stadtwerke Wörgl zählen mit Kleinwasserkraftwerken in der Kelchsau sowie am Wörgler Bach zu jenen Stromerzeugern, die auch Kleinanlagen betreiben.
„Der erste Kraftwerksbau am Wörgler Bach entstand bereits 1898“, informierte Werkmeister Thomas Schaffer. 1931 wurde das E-Werk von der Gemeinde übernommen, 1957 durch den Bau der Bogensperre in der Schlucht vom Laufkraftwerk zum Speicherkraftwerk umgebaut. „Der Staubereich ist 239 Meter lang. Das Wasser wird dort in einen 500 Meter langen Stollen und von dort über ein Wasserschloss weiter in die 400 Meter lange Druckrohrleitung geleitet. Der Höhenunterschied, den wir zur Stromerzeugung nützen, beträgt rund 100 Meter“, erläutert Schaffer die Kraftswerksbauten in der Schlucht, die beim Hochwasser des Wörgler Baches 1994 noch Schlimmeres für die Stadt verhinderten. Der Speicher war angefüllt mit rund 100 Kubikmetern Treibholz, das bei den Brücken zu noch größeren Verklausungen geführt hätte. Nach dem Hochwasser wurden Seilsperren in der Schlucht verankert. Seither sind keine Bäume mehr angeschwemmt worden. Der Kraftwerksbetrieb sorgt auch durch drei bis vier Mal jährlich vorgenommene Stauraumspülungen für gezielten Abtransport der Geschiebefracht des Wörgler Baches.
Die Stauhöhe beträgt 10 Meter, der Speicher fasst rund 22.000 Kubikmeter Wasser und wird konstant auf einer Stauhöhe von 7,5 bis 8 Metern gehalten. Das entnommene Wasser wird im Kraftwerk Müllnertal von drei Generatoren in Strom umgewandelt, die je nach erforderlichem Stromverbrauch in Betrieb genommen werden. Der Speicher ist Puffer: „In der Spitzen-Verbrauchszeit von 11 bis 12:30 Uhr brauchen wir mehr Leistung, in der Nacht wird der Stausee dann wieder befüllt“, erklärt Werkmeister Christian Eder. Die Kraftwerksanlage weist eine Jahreserzeugung von rund 2,5 GWh auf, was dem Verbrauch von rund 700 Haushalten entspricht. Die Anlage wird übrigens vollautomatisch betrieben – Stadtwerke-Mitarbeiter kommen hier vor Ort nur noch bei Störungen zum Einsatz.
Das Kraftwerk wurde in den vergangenen Jahrzehnten laufend gewartet, in den 1980er Jahren saniert und im vergangenen Jahr wurden die oberen Geschosse des Kraftwerksgebäudes abgetragen. 2009 wurde um Verlängerung des Wasserrechtes angesucht. Mit der Bewilligung sind Adaptierungen nötig: „Von der Behörde wird jetzt eine Restwasserdotierung entsprechend europäischer Wasserrechts-Richtlinien vorgeschrieben. Zudem müssen wir den Steg auf der Staumauer für noch mehr Hochwassersicherheit umbauen“, erklärt Schaffer. Die derzeit niedrigen Strompreise werfen die Frage nach der Wirtschaftlichkeit solcher Kleinanlagen auf. „Ökostrom-Ausbau macht auf jeden Fall Sinn. Durch den Tagesspeicher können wir gezielt Leistung zuschalten oder wegnehmen und sehr schnell reagieren, was bei Sonnen- oder Windenergie nicht möglich ist“, erklärt Schaffer die wichtige Rolle der Kleinwasserkraftwerke.