Die Einführung von Schulsozialarbeit kostete viel Überzeugungsarbeit. Seit September 2015 sind nun je zwei SozialarbeiterInnen an den Wörgler und Kufsteiner Neuen Mittelschulen im Einsatz. Eine erste Zwischenbilanz zeigt, dass die Entscheidung richtig war und das Schulklima verbessert hat. Am 16. März 2016 wurden in Kufstein erste Ergebnisse des Erfolgsprojektes präsentiert.
Pilotprojekt für mehr Miteinander im Lebensraum Schule waren die „Schulfreunde“ in Imst, wo die Schulsozialarbeit nach Kriterien von Kinderrechten und Konfliktmanagement erstmals eingeführt wurde. Dabei kommen schulfremde SozialarbeiterInnen an die Schule, beraten offen, freiwillig, vertraulich und kostenlos SchülerInnen wie Eltern und unterstützen damit die Lehrer, die Unterrichtszeit wieder vermehrt für den Lehrplan verwenden können. Zusammenleben will gelernt sein, auch das gewaltfreie Lösen von Konflikten.
Und da setzt die Arbeit der Schulsozialarbeit an, für die in Wörgl Anita Gmeiner und Simon Schwärzler und in Kufstein Beatrix Ludl und Michael Just in die Schule kommen. Sie intervenieren bei Konflikten und erarbeiten mit den Betroffenen Lösungsstrategien. Dabei geht es häufig um Freundschaft und Umgang miteinander, um familiäre Probleme, Verhalten in der Schule, Mobbing und Cybermobbing, Fragen zu Liebe, Partnerschaft und Sexualität. Vorbeugende Beratungen behandeln Themen wie Kinderrechte, Umgang mit Neuen Medien, Konsum, Gewalt, Jugendschutz oder Safer Sex.
Anita Gmeiner schildert ein Praxisbeispiel anhand von Cybermobbing: „Da gibt es über WhatsApp eine Beleidigung. Wir gehen in die Klasse, arbeiten dort direkt mit den Schülern und erörtern, was das Problem ist. Wir beraten sie, wie sie sich schützen können, welche Anlaufstellen es gibt, wie die gesetzliche Lage ist.“ Gemeldet werden solche Vorfälle von Schülern ebenso wie von Lehrern.
Seit September 2015 haben 30 % der SchülerInnen in Kufstein und 37 % der Schülerinnen in Wörgl das Beratungsangebot der Schulsozialarbeit in Anspruch genommen. „In Wörgl fanden 208 Einzelsettings und 173 Gruppensettings, damit insgesamt 381 Schülerberatungen statt“, teilte Sozialarbeiterin Anita Gmeiner mit, wobei davon 99 Mädchen und 115 Burschen waren. Kufstein weist 370 Beratungen auf, 188 Einzelgespräche und 182 Gruppengespräche, wobei hier 102 Mädchen und 69 Burschen teilgenommen haben. In Kufstein wurde 31 mal mit Klassen gearbeitet – davon 25 Präventionseinheiten, fünf Klasseninterventionen und eine soziale Gruppenarbeit. In Wörgl waren das deutlich mehr Einsätze: Insgesamt arbeiteten die zwei Sozialarbeiter 88 mal mit Klassen – davon 59 mal mit vorbeugender Beratung, 11 mal anlassbezogen und 18 mal mit sozialer Gruppenarbeit. Für das 2. Semester sind in Kufstein weitere 49 Präventionseinheiten vorgesehen, in Wörgl weitere 38.
Die „Schuso“ ist auch Anlaufstelle für ratsuchende Eltern. In Kufstein wurden 50 Elternberatungen durchgeführt, in Wörgl 71.
„Die Schulsozialarbeit ist ein Erfolgsprojekt, das immer mehr nachgefragt wird. Ursprünglich war sie nur für die Sekundarstufe vorgesehen, jetzt wollen auch Volksschulen und die HTL Innsbruck einsteigen“, erklärte Landesrätin Christine Baur und freut sich über die Unterstützung durch die Gemeinden, die mitfinanzieren. 65 % der Personalkosten trägt das Land, 35 % der Schulverband und damit die Gemeinden.
Rosen streut auch Pflichtschulinspektorin Margarethe Egger der Schulsozialarbeit: „Kinder haben und machen Probleme. Die Beratungslehrer-Ressourcen sind begrenzt. Deshalb sind wir sehr froh über die zusätzliche Schulsozialarbeit, die eine ganz große Unterstützung darstellt. Damit werden Ressourcen für Schulen außerhalb der Ballungsgebiete frei.“ Egger wünscht sich zudem als weiteres Standbein weitere Standorte.
„Für die Lehrer war es neu, dass von schulfremden Personen von außen eingegriffen wird. Dazu braucht es auch mutige Direktoren“, betonte Kufsteins Stadträtin Brigitta Klein, die voll hinter der Schulsozialarbeit steht und das verbesserte Klima an den Schulen selbst wahrgenommen hat. „Die Schulsozialarbeit in Wörgl ist super gestartet“, teilte Klaus Ritzer vom Verein Komm!unity mit, der über die offene mobile Jugendarbeit gut mit der Schuso zusammenarbeitet. „Hier wird professionell und gut gearbeitet.“ Dahinter steht als Träger die Tiroler Kinderschutz GmbH, die Kinderschutzzentren und in Kufstein die Kriseneinrichtung Turntable.
Die Schulsozialarbeit stellt eine Hilfestellung der Kinder- und Jugendhilfe dar und arbeitet vernetzt, in enger Zusammenarbeit mit der Schule und Hilfseinrichtungen.
Sehr zufrieden mit der Arbeit der Schulsozialarbeit sind die Schulleiter. Pepi Reider, Direktor der NMS2 in Kufstein sieht sie in gesellschaftlichem Kontext: „Die Kinder sind geprägt von ihrer Umgebung und bringen die Probleme mit in die Schule. Was wir feststellen ist, dass vielfach die Eltern mehr Unterstützung brauchen würden.“ Wobei Landesrätin Baur auf vielfältige Angebote der Erziehungsberatung aufmerksam machte und Kufsteins neue Vizebürgermeisterin Britta Klein darauf hinwies, dass die Bildung bereits bei der Kleinkindbetreuung beginnt und Eltern schon dort gefordert seien, mit der Unterstützung also schon viel früher begonnen werden solle.
Kein Problem stellt übrigens die Integration von Flüchtlingskindern an den Schulen dar. „Das funktioniert hier ausgezeichnet. Die Kinder machen keinerlei Probleme und sind sehr lernwillig“, erklärt Pepi Reider.
„Die Schuso funktioniert ausgezeichnet, da wird sehr professionell gearbeitet“, bestätigt auch Wörgls NMS2-Direktor Hubert Kronberger. „Die Lehrer atmen auf. Das wird als Hilfe und Unterstützung gesehen, die Zusammenarbeit ist super.“ Die Vernetzung des Helfersystemes sei ein wesentlicher Punkt, der für die Schule allein nicht leistbar wäre: „Das macht die Schulsozialarbeit“, so Kronberger.
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