Online-Präsenz, Ortskerne und fußläufige Nahversorgung sind künftig von zentraler Bedeutung – das sind die Erkenntnisse aus der Landes-Studie „Einzelhandel Tirol 2030“, die vergangene Woche in Innsbruck vorgestellt wurde. Die meisten TirolerInnen nutzen heute aktiv das Internet. Das spiegelt sich auch in ihrem Konsumverhalten wider, das sich durch die wachsenden Angebote des Online-Handels verändert. Dies hat Folgen für den Tiroler Einzelhandel und dessen künftige Weiterentwicklung. Um eine objektive Grundlage für strategische Entscheidungen in der Standort-, Wirtschafts- und Raumordnungspolitik zu erhalten, hat die Tiroler Landesregierung in Kooperation mit der Wirtschaftskammer Tirol eine Studie zur absehbaren Entwicklung des Einzelhandels in Auftrag gegeben.
Raumordnungslandesrat Johannes Tratter fasst zentrale Inhalte der nun vorliegenden Studie, die vom Institut KMU Austria ausgeführt wurde, zusammen. „Die Untersuchung zeigt, dass der Online-Handel in unserem Land ungebremst zunimmt und Verkaufsflächen virtuell werden.“ Die Bevölkerung nutze zunehmend das Internet zur Information und zum Kauf. „Das heißt aber auch, dass im Online-Handel eine zusätzliche Versorgungsmöglichkeit im ländlichen Raum sowie eine Chance für regionale Anbieter zu sehen ist“, erläutert LR Tratter. Als Raumordnungslandesrat sieht er vor allem in den „Kernzonen für Einkaufszentren“ ein zentrales Steuerungsinstrument: „Sie unterstützen eine Konzentration des Einzelhandels in innerörtlichen Bereichen!“
Fußläufige Nahversorgung in Ortszentren stärken
„Die Nahversorgungförderung für Einzelhandelsbetriebe hat sich als sinnvoll und vernünftig erwiesen und wird deshalb fortgesetzt. Der Lebensmitteleinzelhandel stellt das Rückgrat der Nahversorgung der Bevölkerung mit Gütern des täglichen Bedarfs dar. Daher sollen neue Lebensmittelgeschäfte in die Siedlungsstruktur integriert und für große Anteile der Wohnbevölkerung zu Fuß erreichbar sein“, erklärt LRin Patrizia Zoller-Frischauf. Zudem weist die Wirtschaftslandesrätin noch auf die mittlerweile auch bei uns große Bedeutung einer Online-Präsenz im Internet hin: „Die Online-Präsenz aller Einzelhändler wird eine Notwendigkeit zur Sicherung der Wertschöpfung in Tirol. Deshalb fördern wir im Rahmen der Wachstumsoffensive oder der Kleinunternehmerförderung Investitionen in den Aufbau von Online-Vertriebskanälen.“
Tiroler Handel im Umbruch
Für den Tiroler Handel ist die Studie eine wichtige Inventur der Handelslandschaft. „Wir sind mitten in einem revolutionären Umbruch, der alle Facetten unseres Geschäfts betrifft: wo verkaufen wir in Zukunft, wie verkaufen wir, wer sind unsere Kunden, der Handel als Ort der Begegnung bis hin zum Spannungsfeld Globalisierung und Regionalität“, sagt Martin Wetscher, Obmann des Tiroler Handels in der Wirtschaftskammer Tirol. Die vorliegende Studie liefert, so Wetscher weiter, den Status quo. „Wir werden dieses Grundlagenwissen jetzt nutzten, um für unsere Mitglieder die richtigen Weichen für eine erfolgreiche Zukunft des Tiroler Handels zu stellen.“
Zentrale Inhalte der Studie
Einzelhandel: Fokussierung auf Ortszentren – Die Orientierung des Einzelhandels soll gemäß der Studie in Zukunft immer mehr in die Ortszentren gehen. Bereits in über 30 Tiroler Gemeinden sind sogenannte „Kernzonen für Einkaufszentren“ ausgewiesen. Diese Kernzonen grenzen Bereiche ab, die durch ihre infrastrukturelle Ausstattung (traditioneller innerörtlicher Handelsstandort) und dichte, oft zusammenhängende Bebauung besonders für die Errichtung und den Betrieb von Handelsbetrieben geeignet sind. Der prognostizierte Rückgang der Einzelhandelsgeschäfte und die Reduktion der Einzelhandelsfläche sprechen ebenfalls für die Möglichkeit der Nutzung kleinerer, innerörtlicher Lagen.
- Online Präsenz des Einzelhandels – Der Onlinehandel, dessen aktueller Anteil von etwa sieben Prozent am Gesamt- Einzelhandelsvolumen bis 2030 zumindest verdoppelt wird, macht Einkaufen von einer festen Verkaufsstelle, die Verkaufsfläche benötigt, zunehmend unabhängig und sorgt damit für eine Reduktion der Einzelhandelsflächen. Das Ziel, dass alle Einzelhändler bis 2030 online präsent sind und online Handel betreiben unterstützt diese Tendenz der notwendigen Verknüpfung zwischen Ladengeschäft und online–shop, um möglichst viele Kunden durch unterschiedliche Kanäle zu erreichen.
- Verknüpfung Online Handel und Vor-Ort-Service stärkt ländliche Versorgung – Die demographische Entwicklung zeigt eine alternde Bevölkerung, die jedoch mit den neuen Technologien immer besser umzugehen weiß. Annähernd drei Viertel der Tirolerinnen und Tiroler zwischen 16 und 74 Jahren informieren sich regelmäßig online über Einzelhandelswaren und über die Hälfte aller Tirolerinnen und Tiroler kauft zumindest einmal im Jahr online – Tendenz steigend. Der ortsunabhängige Einkauf übers Internet bietet auch für periphere Gebiete neue Möglichkeiten der Versorgung, z.B. durch online Bestellung und Lieferung durch einen regionalen Anbieter. Regionales Kaufen nimmt an Wichtigkeit und Bedeutung zu.
Text: Land Tirol/Mag. Eva Horst-Wundsam