Tirols größte Freilichtbühne zeigt mit der „Kluibenschädelsaga“ eine neue Komödie von Manfred Schild, die lustvoll den Urnengang aufs Korn nimmt. Die Proben zur Freilichtproduktion, die am 30. Juni uraufgeführt wird, haben bereits Anfang des Jahres begonnen.
Nachdem im Vorjahr „Peter Pan“ in Rattenberg die Zeit angehalten hat, haben sich die Schlossbergspiele in diesem Sommer ganz bewusst für einen Stoff entschieden, der ein österreichisches Phänomen lustvoll auf die Schippe nimmt. Auf der Freilichtbühne wird die Wahl zur Lachnummer. „In diesem Jahr bereiten wir unserem Publikum eine Wahl als Riesenspaß“, schwört Obfrau Claudia Lugger ihr Team bei der Jahreshauptversammlung ein. Mit der satirischen Komödie „Die Kluibenschädel-Saga“ wirft der Theaterverein einen ironischen Blick auf die Frage, ob die Politik tatsächlich nur im Sinne des Allgemeinwohls handelt und was passiert, wenn die treue Wahlherde einen anderen Wege geht.
Verantwortlich für das humorvolle Wahldebakel zeichnet Manfred Schild, der Intendant des Innsbrucker Kellertheaters. Mit ihm hat der Theaterverein einen Autor verpflichtet, der tatsächlich ein gutes Händchen für Komödien hat. Denn Schild wurde kürzlich für seine Komödie „Sturm und Zwang“ mit dem Österreichischen Hörspiel-Kritikerpreis des Jahres ausgezeichnet. Der Innsbrucker wird auch Regie in Rattenberg führen. Gut 30 Spieler werden bei dieser Produktion auf der Bühne stehen. Die wird laut Lugger außergewöhnlich und habe es in dieser Form auf dem Schlossberg noch nicht gegeben. Auch für Schild wird es eine ungewöhnliche Aufführung, da er bisher nur sehr selten etwas im Tiroler Dialekt geschrieben hat.
Die Geschichte spielt in „Niederober-Unterberg“, einem kleinen Fleck auf der Landkarte, der weit über seine Grenzen hinaus dafür bekannt werden möchte, dass alle das Gleiche wählen. Nach dem Motto: Ein Land, ein Hirn, eine Heimat soll die Nationalratswahl zum innigen Wahlergebnis führen. Doch selbst ohne Wahlkarten und „Uhu-Gates“ läuft bei der Wahl etwas schief. Schlamperei gehört in Österreich zwar zur Folklore, aber nicht im kleinen Bergdorf.
„Die lange Zeit brauchen wir, weil alle berufstätig sind und alles bis dahin sitzen soll“, erklärt Claudia Lugger die lange Probezeit. Insgesamt fasst das Schlossberg-Team rund 80 Personen, die als Darsteller und freiwillige Helfer zum Gelingen der alljährlichen Großproduktion beitragen.
Zum Stück
Manfred Schilds satirische Komödie „Die Kluibenschädel-Saga“ wirft einen ironischen Blick auf die Frage, ob es in der Politik wirklich nur um Werte und gute Taten im Sinne des Allgemeinwohls geht. Oder geht es jenseits von Wertekanon und Moral vielleicht doch mehr um die Macht und das Geschäft? Weil solange es im Geldtaschl stimmt, ist das mit der Moral und dem vorbildlichen Leben gar nicht so schwer. Aber was tut man als Hirte, wenn ein Schäfchen aus der treuen Wahlherde seine eigenen Wege geht?
In dem kleinen, feinen und vollkommen verschlafene Dörfchen Niederober-Unterberg regiert Bürgermeister Ferdinand Kluibenschädel der Zwölfte mit gestrenger Hand. Kein Mensch kennt dieses unbedeutende Pünktchen auf der Landkarte. Aber das wird sich ändern. Denn der Bürgermeister hat mit den „politischen Wasserköpfen in Wien“ einen heimlichen Deal ausgehandelt: Niederober-Unterberg wird eine moralische Hochburg, ein Vorzeigemodell für Harmonie, Einigkeit und Werte. Schluss mit den ewigen Diskussionen. Ein Land, ein Hirn, eine Heimat und schon ist sie da, die Insel der Seligen. Deswegen werden bei der bevorstehenden Nationalratswahl alle das Gleich wählen. Dass Niederober-Unterberg dafür als Gegenleistung 30 Millionen und eine Anbindung an die Bundesstraße bekommt, muss ja keiner wissen.
Am Wahltag herrscht hektische Betriebsamkeit. Ein Kamerateam ist aus Wien angereist, um die guten Menschen aus Niederober-Unterberg zu filmen. Die Schützenkompanie marschiert geschlossen wie ein Mann ins Wahllokal ein, alles läuft wie am Schnürchen und im Wirtshaus sieden bereits die Würstel für die Feier im Topf. Als der Gemeindesekretär feierlich das Ergebnis verkündet, stockt allen der Atem. Denn es wurde eine Stimme für die KP abgegeben.
Entsetzen macht sich breit. Irgendwo im Dorf gibt es einen Querdenker. Da wäre man sich so schön einig gewesen. Über Werte, Moral, Harmonie und… na ja, eben auch einen schönen Batzen Geld. Plötzlich ist alles nichts, weil so ein dahergelaufener „leninistischer Lackl“ findet, dass Demokratie ohne Diskussion nicht funktioniert. Ferdinand Kluibenschädel der Zwölfte versteht die Welt nicht mehr. Aber er schwört bei den Gebeinen seines Urahns, Ferdinand Kluibenschädel dem Ersten, dass man den Ursprung allen Übels auffinden wird. Und schon bricht in Niederober-Unterberg lustvoll der hemmungslose Wahnsinn aus.
Über den Autor Manfred Schild
Geb. 1968 in Innsbruck zunächst als Schauspieler auf Amateurbühnen tätig dann als Autor von Hörspielen für den ORF anschl. Regiestudium an der Kunsthochschule Mozarteum – Salzburg nach dem Studium mehrjähriges Mitglied des Tiroler Landestheaters, zunächst als Regieassistent, dann als Regisseur seit 1999 lebt und arbeitet er als freischaffender Autor und Regisseur in Innsbruck
seit 2009 leitet er das Innsbrucker Kellertheater Für den Volksschauspielverein Schlossbergspiele Rattenberg: Regie: 2007 Geschichten aus dem Wienerwald (Ödon von Horvath) Autor/Regie: 2008 Lysistrata 2010 Kanzler Bienner Sonstige Regie: Zahlreiche Inszenierungen in Innsbruck (Tiroler Landestheater, Kellertheater, Westbahntheater und Bierstindl), sowie in Südtirol
Als Autor: Einige Theaterstücke, die alle bei dem Theaterverlag S. Fischer in Frankfurt erschienen sind, wurden gespielt in Innsbruck, Südtirol, Kiel, Stuttgart, Bielefeld und einmal sogar in einer Übersetzung in Slowenien. gemeinsam mit Thomas Gassner schrieb er den Roman „Schrott & Korn“. Ausgezeichnet wurde er 1997 von der Stadt Innsbruck mit dem Preis für Dramatische Dichtung und 1998 vom Land mit dem Großen Literaturstipendium des Landes Tirol Inszenierung von „Sitzfleisch – ein Scherz in unlustigen Zeiten“ im Bierstindl
2017: Österreichischer Hörspiel-Kritikerpreis für „Sturm und Zwang“
Erstmals hat mit Manfred Schilds „Sturm und Zwang“ ein Livehörspiel den Kritikerpreis als „Hörspiel des Jahres“ erhalten; die Fachjury bestand aus Margarete Affenzeller (Der Standard), Nobert Mayer (Die Presse), Hedwig Kainberger (Salzburger Nachrichten) und Frido Hütter (Kleine Zeitung).
Text: Mag. Gabriele Grießenböck