Wie schafft man ein Start-up-Unternehmer-freundliches Klima in der Region? Mit dieser Fragestellung befasste sich am 21. Jänner 2016 in Wörgl ein Workshop im Wörgler Suntower, zu dem das I.E.C.T. Hermann Hauser-Institute for Entrepreneurship Cambridge-Tirol, die Wörgler Stadtmarketing GmbH, die Wirtschaftskammer Tirol und die Standortagentur Tirol geladen hatten. Der Referent Dr. Shailendra Vyakarnam, Direktor des Bettany Centre for Entrepreneurship at Cranfield, schilderte den 20 TeilnehmerInnen dabei Werdegang und Arbeitsweise des Hauser Forums in Cambridge.
Nach der Begrüßung durch Workshop-Initiator Markus Gwiggner informierte Wörgls Wirtschaftsreferent Mario Wiechenthaler in seinen Grußworten über die wirtschaftliche Infrastruktur der Stadt: „Wörgl weist 6,6 Quadratmeter Verkaufsfläche pro Einwohner aus, der österreichische Durchschnitt liegt bei 1,78 Quadratmetern. In Wörgl beschäftigen 1.104 Betriebe rund 6.000 Menschen.“ Eine Förderung der Start-Up-Unternehmenskultur sei auch hier sehr zu begrüßen.
Die hohe Lebensqualität in Österreich, Skifahren, Alpbach – Dr. Shailendra Vyarkanam, geboren in Indien und seit 2001 in Cambridge tätig, war in Österreich wiederholt zu Gast und eröffnete sein Einführungsreferat mit seiner Wahrnehmung Europas – hier sei der Lebensrhythmus im Vergleich zum jungen Subkontinent Indien und anderer „high-energy-level“ Weltgegenden „cosy“, also eher gemütlich.
Was könne man nun von Cambridge und Cranfield lernen, um auch in Tirol eine lebendige, vibrierende Unternehmens-Gründerszene zu etablieren? Wie funktioniert das Start-up-System in Cambridge, zu dessen Gründern der gebürtige Wörgler Hermann Hauser zählt? Welche Rahmenbedingungen brauchen Start-up-Unternehmen? Shailendra Vyakarnam wies auf die hohe Bedeutung von Sozialräumen hin. Das Zentrum von Cambridge bestehe aus Kirchen und Kneipen – dieses Milieu, in das alle ihre Ideen mitbringen und fächerübergreifend diskutieren, sei der immens wichtige Sozial- und Lernraum, der zum Erfolg ebenso beitrage wie Netzwerke und gezielt eingesetztes Investitionskapital. Die Bedeutung informeller Kommunikation zwischen Wissenschaft, Forschung und Unternehmern hob Vyakarnam wiederholt hervor.
Die Erfolgsgeschichte in Cambridge begann 1999 mit einer Summer School. Schrittweise Weiterentwicklung über Businessplan-Wettbewerbe, Experimente und Aufteilung in Entrepreneur-Center und Entrepreneur-Learning-Center führte nach vier Jahren zur Struktur, die nun von 18.000 Studierenden genützt werde. Wichtig sei von Beginn an die Vision, um die ein Team gebaut wird. Hermann Hauser, der 1974 nach Cambridge kam, sei über das Hauser Forum mittlerweile an über 100 Unternehmen beteiligt.
Vyakarnam empfahl auch Bausteine für eine Unternehmens-freundliche Kultur in Tirol. Dazu zähle ein alternativer „Funding-Market“ und eine Steuerpolitik, die Anreize für Unternehmensgründungen dadurch schaffe, dass Investitionen in Start-Ups steuerfrei sein sollten. Was man auch in Cambridge gelernt habe sei, dass für den Start ausreichendes Investitionskapital vorhanden sein soll. Unternehmer zu entkriminalisieren und die Unternehmenskultur zu ändern sind weitere Ratschläge. Das Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl von Jungunternehmern zu stärken sei ebenso angesagt wie deren Kommunikations- und Netzwerkfähigkeiten zu fördern. Praxis-Training in Kombination mit Unterricht und Schaffung einer positiven Lernatmosphäre seien weitere Bestandteile des Cambridge-Konzeptes.
Eine große Rolle komme dabei auch den Medien zu, die zur Image-Änderung des Unternehmers wesentlich beitragen können. So habe sich in Cambridge eine eigene Zeitung ausschließlich für die Regionalwirtschaft bewährt.
Im Workshop befassten sich die TeilnehmerInnen mit der Vision für Tirol, welche Schritte und Maßnahmen zur Umsetzung nötig sind und welche Strukturen bereits in der Region bestehen, auf die aufgebaut werden kann. Gearbeitet wurde dazu in Teams zu den Themen Bildung und Wirtschaft, Anziehung von Start-Ups, Investoren und „Business Angels“ sowie industrielle Innovation.