Wörgl setzt auf Wiederverwendung: Re-Use-Projekt startet

Gut erhaltene Gebrauchsgegenstände spenden statt wegwerfen – diese Idee setzt ab 1. Juni 2019 ein neues Sammelprojekt der Stadtwerke Wörgl um: Bücher, Geschirr, Elektrogeräte, Werkzeug, Kinderspielzeug und Sportartikel sollen in den „Re-Use“-Kartonboxen landen, die im Wertstoffhof zu den regulären Öffnungszeiten dienstags und freitags von 07:00-19:00 Uhr und samstags von 08:00-12:00 Uhr abgegeben werden können. Partner bei der Wiederverwertung sind die Volkshilfe und das Rote Kreuz, in deren Läden in Wörgl die Waren verkauft werden.

Erhältlich sind die Boxen im Kundenbüro der Stadtwerke, im Bürgerbüro im Stadtamt sowie beim Wertstoffhof, wo am 15. Mai 2019 das Projekt vorgestellt wurde, das zur Ressourcenschonung und Abfallvermeidung beitragen soll. „Die Initialzündung kam von Gemeinderat Richard Götz“, räumte Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner ein, die den Nachhaltigkeits-Aspekt der Initiative schätzt und als Obfrau des Abfallentsorgungsverbandes Kufstein eine Ausweitung des Re-Use-Projektes im nächsten Schritt den Gemeinden des Planungsverbandes 29 vorschlagen will.

Stadtwerke-Geschäftsführer Reinhard Jennewein wies auf den Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 2006 hin, mit dem die gesamte Abfallwirtschaft in den Aufgabenbereich der Stadtwerke eingegliedert wurde. Um diesen Sektor besser zu organisieren, wurde der Wertstoffhof um 2 Millionen Euro errichtet und 2014 in Betrieb genommen. De facto ist nun der gesamte Abfall „im Besitz“ der Stadtwerke, die sich um dessen richtige Entsorgung kümmern müssen.

„In der EU wird derzeit viel über Kreislaufwirtschaft geredet“, erklärte Jennewein und wies darauf hin, dass vor der Abfallbeseitigung die Abfallvermeidung stehen müsse. „90 % der Umweltbelastung resultiert aus der Produktion“, so Jennewein. „Re-Use“ – die Wiederverwendung von funktionsfähigen und gut erhaltenen Alltags-Gegenständen verlängert die Nutzungsdauer von Gebrauchsgegenständen und so wurden Erkundigungen eingeholt, wo das in Österreich schon funktioniert. Vorbilder wurden bei den 48er-Tandlern in Wien, bei Re-Use Graz sowie in Leoben gefunden.

Um das in Wörgl umzusetzen war schnell klar, dass das ohne Partner nicht geht: „Als Stadtwerke können wir nur einen Teil – das Sammeln. Fürs Aufbereiten und Weiterverwerten haben wir  mit der Volkshilfe-Werkbank und dem Rot-Kreuz-Warenhaus in Wörgl sehr gute Partner gefunden“, so Jennewein, der darauf hofft, dass das zusätzliche neue Sammelangebot gut angenommen wird.

Gleichzeitig wird an die Bevölkerung appelliert, das Sozialprojekt nicht durch versuchte „Müll-Entsorgung“ kaputt zu machen. In die Boxen sollen ausschließlich funktionsfähige, gut erhaltene Gegenstände. Dabei beraten auch die Wertstoffhof-Mitarbeiter, die die gefüllten Kartons entgegennehmen. Wird darin Müll vorgefunden, muss dieser auf eigene Kosten entsorgt werden.

Grün-GR Richard Götz freut sich, dass die Idee bei den Stadtwerken sofort aufgegriffen und mit der Volkshilfe, dem AMS und dem Roten Kreuz schnell Partner gefunden wurden. „Die Werkbank hat über 20 Jahre Erfahrung in der Wiederverwertung von Gebrauchsgegenständen, die noch nicht zum alten Eisen gehören und eine zweite Chance verdienen“, erklärte Volkshilfe-Geschäftsführerin Kerstin Egger, die mit dem Projekt Werkbank auch älteren Langzeitarbeitslosen eine zweite Chance  für den Einstieg in den Arbeitsmarkt gibt. „Wir verkaufen schon jetzt Elektrogeräte, Geschirr und Möbel “, erklärte Simone Rubey, Werkbank-Bereichsleiterin bei der Volkshilfe und weist darauf hin, dass hier jede/r einkaufen kann – nicht nur Menschen mit geringem Einkommen.

„Seit zwei Jahren floriert der Arbeitsmarkt. Aber es gibt immer noch Menschen, die sich schwer tun, ins Arbeitsleben einzusteigen“, teilte AMS-Geschäftsstellenleiterin Margrit Exenberger mit. Mit Stand April sind im Bezirk Kufstein 2.700 Menschen arbeitslos gemeldet, 180 Menschen suchen seit einem halben bis zu einem Jahr einen Job und über 80 seit über einem Jahr. Die Werkbank bietet Wiedereinstiegshilfe für ältere Menschen ab 50 Jahren. Da kommt das neue Warensegment sehr gelegen, da es Arbeitsplätze bietet, die nicht so schwere körperliche Anforderungen stellen.

Rot-Kreuz-Bezirksstellenleiter Heinz Scherfler begeistert sich für das logistische Konzept und RK-Bezirksstellenleiter-Stellvertreter Gerhard Thurner begrüßt das Projekt, da es „dem Auftrag des Roten Kreuzes, sozial schwächeren Menschen Möglichkeiten zu eröffnen, entgegenkommt.“

Volkshilfe und Rotes Kreuz holen die gefüllten Re-Use-Boxen beim Wertstoffhof ab und bereiten in ihren Einrichtungen die Waren für den Weiterverkauf auf. Sind Gegenstände zu groß für die Box, kann wie bisher auch direkt mit den Hilfsorganisationen Kontakt aufgenommen werden. Bei der Anlieferung der Boxen zum Wertstoffhof setzt man bei Menschen ohne eigenes Auto  in erster Linie auf Nachbarschaftshilfe. Sollte hier vermehrt Bedarf für Abholung registriert werden, könne man zu einem späteren Zeitpunkt darauf reagieren, wobei Volkshilfe wie auch Rotes Kreuz über eine Fahrzeugflotte verfügen.

Keine Altkleider in die Re-Use-Box

Bücher, Geschirr, Elektrogeräte, Werkzeug, Kinderspielzeug, Sportartikel – was in die Box soll, ist auch namentlich aufgedruckt. Weder Schuhe noch Altkleider sollen in den Kartons landen. Wobei die Altkleidersammlung im Herbst 2018 für Wirbel sorgte, da die Stadtwerke mit eigenen Containern die gesamte Altkleidersammlung übernommen haben und anderen Sammeleinrichtungen und Vereinen untersagt wurde, Container im Stadtgebiet zu platzieren. Was vielerorts auf Unverständnis stieß und Kritik auslöste, u.a. vom Verein Wams. „Die Stadtwerke standen in Kontakt mit dem Verein Wams, aber die Gespräche waren nicht fruchtend“, erklärt Bürgermeisterin Hedi Wechner dazu. „Mit dem Roten Kreuz haben wir auch eine Kooperation geschafft“, teilte Jennewein mit und Margit Exenberger vom AMS meinte, dass die Verwertung der Kleiderspenden hier vor Ort den Vorteil kurzer Wege habe.