Ein Wörgler Gesamtverkehrskonzept kompakt darzustellen ist sicher eine „sportliche“ Herausforderung. Dieser stellte sich in der Gemeinderatsitzung am 17. Februar 2022 die Architektin DI Ursula Faix, Mitglied des Bearbeitungsteams, das Wörgls Verkehr analysierte und nach Zielvorgaben der Stadtführung Maßnahmen entwickelte und Gestaltungsvorschläge unterbreitete. Nach der straffen Folien-Präsentation gab es keine Fragen aus den Reihen des Gemeinderates (den Fraktionsführern wurde es bereits ausführlich vorgestellt) – wohl aber viele beim Publikum, das die Sitzung live auf dem Kanal von Wörgl im Bild WIB mitverfolgen konnte.
Das neue Citybus-Liniennetz streicht die Verbindung zum Hauserwirt und führt die Linie 4 auf der Nordtangente ins Gewerbegebiet. Schleierhaft die angenommene Verkehrsreduktion auf der Bundesstraße B171, wobei hier als Ausgangslage nicht die sonst kolportierten 25.000 Fahrzeuge pro Tag an der Hauptkreuzung, sondern lediglich 18.000 Fahrzeuge angenommen werden. Grafisch und wohl auch verkehrsaufkommensmäßig ausgeblendet – das neue Stadtzentrum bei der Kirche… So lässt sich die Liste der Fragezeichen fortsetzen, zu denen es in der Sitzung keine erhellenden Ausführungen gab.
„vernetzt mobil in wörgl“ – unter diesem Motto arbeitete das Team, bestehend aus DI Ursula Faix, dem Raumplaner DI Friedrich Rauch, dem Verkehrsplaner DI Klaus Schlosser und dem Soziologen Mag. Martin Steinlechner an der „Ganzheitlichen Verkehrslösung für die Stadt Wörgl“. Als Zielvorgaben der Stadtführung: Reduktion des Kfz-Verkehrs im gesamten Stadtgebiet besonders an der B171, Begegnungszonen in der Stadtmitte beim Raiffeisenplatz, Andreas-Hofer-Platz, Bahnhofstraße süd, Speckbacherstraße und Bahnhofsvorplatz, Beruhigung Verkehr beim Pflichtschulzentrum und Fußgängerzone nördliche Bahnhofstraße.
Nach der Analyse – „dazu liegt in Wörgl ein enormer Fundus an Studien vor“, stellte DI Faix einleitend fest – konzentrierte man sich auf drei Schwerpunkte: Veränderung des Mobilitätsverhaltens, Verlagerung auf andere Routen und Vermeidung von Wegen. Eine Veränderung des Mobilitätsverhaltens soll durch „Langsamverkehrszonen“ (Pflichtschulzentrum), durch eine „Optimierung des Citybus-Liniennetzes“, durch die Zentrumsneugestaltung bei der Kirche und eine „gestaffelte Umsetzung des Radwegenetzes“ erreicht werden.
Bei der „Verlagerung auf andere Routen“ spiele ein neues Parkleitsystem eine wichtige Rolle. Ein weiterer Vorschlag lautet, den Verkehr auf der Brixentaler Straße einzuschränken: Einerseits durch Fahrbahnverengung beim Tagungshaus mit Fahrtrichtung stadtauswärts und andererseits einer „Verkehrsberuhigung“ in der Brixentalerstraße bis zum Kreuzungsbereich Sepp Gangl-Straße. Der Brixentaler Verkehr soll demnach auf die Egerndorfer Straße, die Felderer-Straße, die Gangl-Straße und in der Folge auf die Wildschönauerstraße verlagert werden.
Zur Vermeidung von Wegen wurden ebenfalls Maßnahmen vorgeschlagen: „Bikesharing und Mobility-Hubs“, „Mikrodepots und Paketstationen“, die „15-Minuten-Stadt in 23 Nachbarschaften“ und Öffentlichkeitsarbeit sowie Umsetzung von Modellvorhaben. Dazu sollten u.a. sich die Stadtwerke noch deutlicher als „Mobilitätsdienstleister“ positionieren, eine „Mobilitätszentrale in zentraler Lage“ und ein „Mobiltätsbudget“ eingerichtet und Leihräder forciert werden.
Als Leuchtturm-Projekte visualisierte man die Verkehrsberuhigung beim Pflichtschulzentrum, die Fußgängerzone in der Bahnhofstraße und den „neuen Hauptplatz“ ohne Autoverkehrsanbindung in die Brixentaler Straße. Wie sich solche Barrieren im Stadtverkehr aufs umliegende Straßennetz auswirken, wurde in der Präsentation nicht thematisiert. Auch nicht, wieviel Verkehr durch das Stadtzentrum neu bei der Kirche dazukommen wird, wobei es sich dabei um ein privates Investorenprojekt handelt.
Für die „15-Minuten-Stadt“ prangt auf der Präsentationsfolie Paris als Vorbild und was „bewegungsaktive Erreichbarkeit“ ist, definiert der VCÖ wie folgt: zu Fuß 1 km, mit Rad 3,8 km und mit Elektrorad 5,4 km. Um den Umstieg vom Auto auf andere Verkehrsmittel zu forcieren, wird der Ausbau der E-Mobilität und auch ein Lastenrad-Verleih vorgeschlagen.
Das Radwegenetz in Wörgl ist derzeit noch weitgehend Stückwerk. Wie ein Netz alltagstauglicher Radwege aussehen könnte, wird im vorgelegten Konzept skizziert. Allerdings ohne zeitliche Festlegungen außer vagen Angaben von „kurz- mittel- und langfristig“. Schlüssel zur Umsetzbarkeit wird die Finanzierung werden – und dabei sind die Kosten wohl nicht unerheblich – bei den vorgeschlagenen Strecken einerseits durch Grundablösen und andererseits durch aufwändige technische Bauten (z.B. Unterführung Bruckhäusler Umfahrung und Bahntrasse).
Die Präsentationsfolie „Maßnahmen und Zeitplan“ umfasste Umsetzungen bis 2033, beginnend mit der Fußgängerzone in der nördlichen Bahnhofstraße mit Umkehrung der Einbahnstraße in der Fritz-Atzl-Straße und neuer Citybus-Verkehrsführung mit Fahrplanwechsel im Dezember 2022 durch die KR-Pichler-Straße (statt Bahnhofstraße). Die Maßnahmen betreffend die Brixentalerstraße sind ab 2023 vorgesehen. Die Verlängerung der Nordtangente setzt man ab 2027 an.