Wörgls „Sozial-Marie“ geht in den Ruhestand

Besuche von Landeshauptmann Günther Platter in Wörgl sind rar – umso größer war die Überraschung und Freude beim „kleinen Abschiedsfestl“, das  Wörgls Ehrenbürgerin Maria Steiner am 10. November 2021 beim „Astner“  in kleinem Rahmen für jahrzehntelange WegbegleiterInnen beim Wörgler Gesundheits- und Sozialsprengel ausrichtete. Um danke zu sagen an die Belegschaft, Partner und Sponsoren, da Maria mit 17. November als Obfrau zurücktritt und die ehrenamtliche Vereinsleitung in jüngere Hände legen wird. Noch mehr Dank kam allerdings zurück.

„Es ist mir ein Anliegen, Maria zu danken“, betonte LH Günther Platter, der trotz Pandemie-bedingt   strengem Terminplan und einem Sitzungsmarathon als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz den Weg nach Wörgl samt Stau auf der Autobahn in Kauf nahm. Maria Steiner sei „eine große Frau in Tirol mit unglaublich sozialem Gewissen“, wobei Platter Marias Durchsetzungsstärke  hervorhob: „Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann setzt sie es auch durch, Widerstand ist da nicht angesagt.“ Marias Leistungen im Sozialbereich über viele Jahrzehnte „ringen mir großen Respekt ab. Ja, ich möchte ihr Gesicht als das Gesicht der Ehrenamtlichkeit bezeichnen“, so Platter, der betonte, Maria Steiner schon sehr lange zu kennen und sich herzlich mit einem Blumenstrauß und einem Liegestuhl mit der sinnigen Aufschrift „Bock auf Berge“ im Namen des Landes bedankte.

Als „Grande Dame“ des sozialen Engagements bezeichnete Bürgermeisterin Hedi Wechner die scheidende Sprengelobfrau und dankte. „Maria Steiner hat Sozialgeschichte geschrieben, das soziale Netz enger geknüpft und dabei Regie geführt“, würdigte Wechner das jahrzehntelange Wirken von Maria Steiner, die seit Gründung des Sprengels 1983 im Vorstand mitwirkt – von 2001 bis 2004 und dann wieder seit 2010 als Obfrau. Ob beim Bau des Seniorenheimes mit  Bestehen auf Erhöhung der Bettenanzahl, der Einführung der Tagesbetreuung  oder der Seniorenwanderungen – Maria habe immer „den richtigen Riecher“, große Menschenkenntnis zeichne sie ebenso aus wie ein gewisses Maß an „Sturheit“ und die Eigenschaft, unverblümt ihre Meinung zu sagen.  War man im Sozialausschuss auch nicht immer einer Meinung, die Zusammenarbeit sei aber immer von gegenseitigem Respekt, Achtung, Wertschätzung und freundschaftlichem Umgang getragen gewesen.

Sprengel-Geschäftsführerin Michaela Fabiankovits betonte, viel von Maria Steiner gelernt zu haben – ihre Lebensweisheiten und Sprichwörter sind unvergesslich, ebenso wie ihr soziales Engagement und ihre Bescheidenheit, „die ihr auch im Verein immer wichtig war – wirtschaftlich, zweckmäßig und sparsam“ waren die obersten Prinzipien der Arbeit.

Gelebte Solidarität im „Sprengelhaus“

Bevor die Gäste Dankesworte an die langjährige Obfrau richteten, gab Maria Steiner einen Rückblick auf die Geschichte der 1983 gegründeten Einrichtung. Auf Empfehlung des damaligen Bürgermeisters Fritz Atzl kam sie in den Vorstand. „Obmann Sepp Scharnagl hat ein solides Fundament geschaffen. Aus dem zarten Pflänzchen ist ein Baum geworden“, so Steiner. Das Herz der Hauskrankenpflege wurde um Heim- und Haushaltshilfe erweitert. So viel stationär wie nötig, so viel ambulant wie möglich lautete die Devise.

Der Sprengel übernahm von 1997-2008 die Trägerschaft von Kinderkrippe und Krabbelstube, bevor diese an die Stadt überging. Der Mittagstisch im Seniorenheim zählt wie die Aktion Essen auf Rädern zum Serviceangebot. Mit Übersiedelung des Sprengels auf das Areal des ehemaligen Schwesternheimes 2003 wurden helle und freundliche Räume bezogen. Durch die Kinderbetreuung im Gartengeschoss und 13 betreute Wohnungen in den Obergeschossen, in denen Bewohner tagsüber vom Sprengel und nachts vom Seniorenheimpersonal mitbetreut werden, entstand ein Haus der Generationen.

„Die Großfamilie gehört heute der Vergangenheit an. Derzeit leben 1.038 Menschen über 75 Jahre in Wörgl. Nicht immer sind Angehörige da“, so Steiner. Da sei eine Anlaufstelle wichtig, „das Gefühl, nicht allein zu sein.“ Gemeinschaftsbildend sind auch die 14tägigen Seniorenwanderungen des Sprengels samt Einkehrschwung. Und als Meilenstein bezeichnete Steiner die Einrichtung der Tagesbetreuung 2018 im Parterre des Seniorenheimes zur Entlastung pflegender Angehöriger und therapeutischer, sozialer und pflegerischer Begleitung der Menschen, die sich hier tagsüber aufhalten.

Ein Auto als „Abschiedsgeschenk“

Derzeit sind beim Sprengel acht Fahrzeuge und ein Elektrorad im Einsatz, wobei eins der Fahrzeuge sein Ablaufdatum eindeutig erreicht hat. „Heute bekamen wir vom Rotary-Club ein Auto für die Hauskrankenpflege“, freute sich Maria Steiner und dankte herzlich, auch anderen Spendern und Sponsoren, die über Jahre den Sprengel unterstützen und damit Wertschätzung für die geleistete Arbeit zeigen. Mit Fahrzeugspenden stellten sich wiederholt der Lions Club Wörgl, der Rotary Club Wörgl-Brixental, die Raiffeisenbank Kufstein-Wörgl und die Sparkasse Kufstein-Wörgl ein. Bei sozialen Härtefällen hilft der Kiwanis-Club.

Ein besonderer Dank ging an alle ehrenamtlichen HelferInnen. „Der Sozialbereich wäre ohne Ehrenamt nicht denkbar“, so Steiner und erinnerte an Stadtfeste, Flohmärkte und Weihnachtsstandl, deren Erlöse ins Sprengelbudget flossen. Ein Dank ging an die Wörgler Bäuerinnen ebenso wie an die verlässlichen Ehrenamtlichen, die seit Jahrzehnten 365 Tage im Jahr das „Essen auf Rädern“ zustellen, wofür ein Elektroauto im Einsatz ist, das von den Wörgler Stadtwerken und der Stadt zur Verfügung gestellt wird.

In ihren Dank schloss Maria Steiner alle SprengelmitarbeiterInnen und Vorstandskollegen, das Land Tirol, die Stadt Wörgl, die Seniorenheim-Leitung mit Harald Ringer und Werner Massinger sowie Küchenchef Michael Mayr ein: „Danke für die die schöne Zeit voll gegenseitigem Respekt und Achtung und die gute Zusammenarbeit.“

Der Sprengel biete heute ein gutes, zeitgerechtes Betreuungsangebot, wobei Maria Steiner die öffentliche Hand in der Pflicht sieht: „Die Pflege muss für alle leistbar sein.“ Das „Sprengelhaus“ möge weiterhin „für alle Rat und Hilfe bieten, Menschen in Not unterstützen und ein Haus gelebter Solidarität bleiben.“

Maria Steiner erhielt 2011 bereits für ihr Wirken im Sozialbereich das Verdienstkreuz des Landes Tirol, wurde mit der Wörgler Ehrenbürgerschaft ausgezeichnet. Dem Sprengel bleibt sie auch nach Beendigung der offiziellen Tätigkeit weiterhin ehrenamtlich verbunden – auch die gemeinsamen Wanderungen sollen nicht zu kurz kommen.