100 Jahre Frauenwahlrecht – und heute?

100 Jahre Frauenwahlrecht in Österreich – unter diesem Motto stand das erste Erzähl-Café der SPÖ-Frauenorganisation am 17. April 2019 im Wörgler Volkshaus. Neben der Erinnerung an die historischen Ereignisse und Vorkämpferinnen für Gleichberechtigung kamen dabei auch aktuelle politische Themen zur Sprache.

Die beiden Landtagsabgeordneten Claudia Hagsteiner und Elisabeth Fleischanderl begrüßten zur neuen, vierteljährlichen Veranstaltungsreihe des Erzähl-Cafés, ausgerichtet von den SPÖ-Bezirksorganisationen Kufstein, Kitzbühel und Schwaz. Die Historikerin MMag. Ingrid Tschugg aus St. Johann gab einen Überblick über die Anfänge der Frauenwahlrechts-Bewegung, die in England ihren Ausgang nahm und brachte dabei interessante Details. So hatten die Frauen in der österreich-ungarischen Monarchie im Rahmen des Zensus-Wahlrechtes als Besitzende ab 1848 ein Wahlrecht, das sie über männliche Vertreter ausüben konnten. Genommen wurde ihnen das mit Einführung des allgemeinen Männerwahlrechtes 1907. In Österreich formierten sich die „Suffragetten“,  was „Wahlrechtlerinnen“ bedeutet,  ab dem Ende des 19. Jahrhunderts in Bildungs- und Sozialvereinen, da ihnen die politische Tätigkeit verboten war.

„Die Frauenbewegung in Österreich war sehr gespalten, ins bürgerliche und sozialdemokratische Lager“, führte Tschugg aus und listete auch Vorkämpferinnen fürs Frauenwahlrecht aus dem bürgerlichen Lager wie Marianne Heinisch oder Rosa Mayreder auf. Dass 1918 dann das allgemeine Wahlrecht für alle beschlossen wurde, hänge auch damit zusammen, dass den Frauen nach deren Leistungen während des 1. Weltkrieges das Wahlrecht nicht mehr abgesprochen werden konnte. „Bei der ersten Wahl in der 1. Republik am 16. Februar 1919 gingen 82,1 % der Frauen und 86,9 % der Männer zur Wahl“, informierte Tschugg.

Adelheid Popp war dann eine von acht Frauen im Parlament, sieben davon gehörten der Sozialdemokratischen Partei an. Popps Leben und Wirken stellte Beatrix Szloboda, Frauenvorsitzende des Bezirkes Schwaz vor. Auch in Tirol war die sozialdemokratische Frauenrechtsbewegung sehr aktiv. Mit Maria Ducia präsentierte die Kufsteiner Frauenvorsitzende Beate Pargger Tirols erste Landtagsabgeordnete. Die Kitzbühler Frauenvorsitzende Anna Grafoner schilderte die Biografie von Adele Obermayr, in den 1920er Jahren u.a. Gemeinderätin in Innsbruck und Landtagsabgeordnete. Sie war im NS-Widerstand tätig, wurde verhaftet und trug lebenslang gesundheitliche Schäden von ihrer Internierung im Konzentrationslager Ravensbrück davon, in dem sie medizinischen Versuchen ausgesetzt war.

„Adelheid Popp, Maria Ducia und Adele Obermayr – diese drei Frauen vereint neben ihrer Parteizugehörigkeit auch ihre Lebenseinstellung. Alle kamen aus der Arbeitswelt, waren berufstätig, hatten selbst Familie mit Kindern und entsprachen nicht der traditionellen Frauenrolle. Die Bildung der Frauen war ihnen ein zentrales Anliegen“, so Tschugg.

Parallelen zu heute entdeckte die Nationalratsabgeordnete Selma Yildirim und bedauerte die Aufhebung des hart erkämpften 8-Stunden Arbeitstages, der Rückschritt um 100 Jahre sei bitter. „Von 183 Parlamentsabgeordneten sind heute 68 Frauen, das 37 %“, teilte sie aktuelle Zahlen mit. Bei der SPÖ liege der Frauenanteil bei 48 %. Scharf kritisiert Yildirim, dass nun das Recht auf Schwangerschaftsabbruch in Frage gestellt wird.

„Die Frauen sind die ersten, die unter der jetzigen rückständigen Politik leiden“, stellte Theresa Tschugg fest, die für die SPÖ für die EU-Wahl am 26. Mai kandidiert. Dass Frauen beim Einkommen immer noch nicht gleichberechtigt sind, vermehrt von Gewalt betroffen und mehr als Männer armutsgefährdet sind, spornt sie an. „Lassen wir uns unsere Rechte nicht nehmen“, motiviert sie Frauen, sich zu engagieren – und dazu gehört auch, zur Wahl zu gehen.