Rund 10.800 Quellen sprudeln in Tirol für die Trinkwasserversorgung, unser Bundesland gilt als eines der „Wasserschlösser Europas“. Schon jetzt bedingt der Klimawandel Wetterextreme und Dürreperioden. Wie wird er sich auf die Zukunft unserer Trinkwasserversorgung auswirken? Am 24. Oktober 2023 lud das Unterguggenberger Institut im Theatron im Komm Wörgl zum Filmabend mit Vortrag und Diskussion, bei dem Dr. Wolfgang Gurgiser von der Universität Innsbruck Ein- und Ausblicke in die Tiroler Wassersituation gab.
Wer hat das Recht auf Trinkwasser? Was, wenn große Konzerne sich den Zugriff auf Wasser kaufen und es damit „privatisiert“ wird? Dieses Szenario schildert der dokumentarisch recherchierte Spielfilm „Bis zum letzten Tropfen“ mit Sebastian Bezzel als Bürgermeister, der zur Arbeitsplatzbeschaffung in seiner Gemeinde einem weltweit tätigen Wasserkonzern Zugriff aufs Tiefengrundwasser gewährt und dafür Protest erntet, angeführt von seiner eigenen Tochter. Der 2019 produzierte Film zu Auswirkungen des Klimawandels mit langen Trockenperioden spielt in Deutschland, wo sich die Wassersituation in einigen Regionen bereits zuspitzt, und regt zum Umdenken an.
„Tirol ist in der glücklichen Lage, dass die Berge Wolken abregnen lassen“, eröffnete der Gebirgsforscher Dr. Wolfgang Gurgiser sein Statement. Der Wasserkreislauf im alpinen Raum habe zudem die Besonderheit, noch über zahlreiche Wasserspeicher zu verfügen – Gletscher, Schnee, Gesteinskörper, Feuchtgebiete, Seen und Flüsse. Die Gletscher werden allerdings verschwinden – je nach Erwärmungs-Szenario sogar vollständig, etwa die Hälfte davon in den nächsten 20 Jahren.
Die Entwicklung der Niederschläge zeige, dass seit 1990 mit wenigen Ausnahmen überdurchschnittlich viel Niederschlag in Tirol verzeichnet wurde. Diese Zunahme geht mit starken Schwankungen einher. Aufgrund der höheren Temperaturen steigt auch die Verdunstung. „Die Wasserverfügbarkeit in der Vegetationsperiode schwankt stärker. Das bedeutet, dass der Bedarf für Bewässerung steigt“, so Gurgiser.
Aufgrund der Niederschlagsmenge sei genug Wasser vorhanden, was in anderen Regionen wie etwa im Voralpenland schon schwieriger sei. Begünstigt ist Tirol durch die Speicherfähigkeit der Berge, wie Gurgiser am Beispiel einer Quelle am Achensee schilderte. Trotz Trockenperioden ist dort die Quellschüttung konstant. Auch in Tirol gäbe es allerdings regional Probleme, etwa in Trockengebieten im Tiroler Oberland. Punktuell gäbe es auch andernorts Herausforderungen. Gurgiser nennt da Almen in den Kitzbüheler Alpen. Was die Trinkwasserversorgung generell betrifft, „machen Zusammenschlüsse von Gemeinden Sinn“. Fakt sei, dass „der Klimawandel natürliche Wasserspeicher verringert und im Sommer weniger Wasser zur Verfügung steht.“
Rechtlich sei das öffentliche Wasserrecht in Österreich sehr gut abgesichert, seit 2019 auch in der Verfassung verankert: „Die öffentliche Wasserversorgung ist in den Verfassungsrang erhoben, wodurch Österreich eine internationale Vorreiterrolle übernimmt“, so Gurgiser. Ein Ausverkauf von Wasser sei mit dem gesetzlich verankerten Schutz nicht in Einklang zu bringen. „Besonders hervorzuheben ist dabei die Verpflichtung, das öffentliche Eigentum an der Trinkwasserversorgung und die Verfügungsgewalt darüber im Interesse des Wohls und der Gesundheit der Bevölkerung in öffentlicher Hand zu behalten“, so Gurgiser.
„Wasser zu nützen heißt allerdings auch, Abwasser zu reinigen und die Wasserqualität zu halten“, mahnt Gurgiser ein. Angesichts der rasanten Gletscherschmelze hatte Gurgiser abschließend noch einen Rat ans Publikum: „Die Gletscher anschauen gehen!“
In der Publikumsdiskussion kamen Themen wie Beeinträchtigung des Grundwassers durch Überdüngung oder Mülldeponie-Altlasten zur Sprache. Die behördliche Überwachung der Wasserqualität in Tirol sei auf sehr hohem Niveau. Tirols Wasserreichtum solle aber nicht zu sorglosem Umgang verleiten. Informationen zur Tiroler Wassersituation liefert u.a. online der Tiroler Wasseratlas, hier der Link: https://www.lebensraum.tirol/wp-content/uploads/2022/06/lrt_wasseratlas_2022_doppelseiten_FIN.pdf