Wie weit geht selbstbestimmtes Leben? Umfasst es auch das Recht, sich das Leben zu nehmen? Und wie reagiert eine Mutter auf den angekündigten Selbstmord ihres Kindes? Berührende, intensive Theaterabende, die unter die Haut gingen und lange nachwirken, bringen die beiden großartigen Darstellerinnen Bettina Gründhammer und Renate Reisigl unter der Regie von Wörgls Theater-Doyenne Irene Turin mit der „Theater-unter-Land“-Produktion des Dramas „´Nacht, Mutter“ von Marsha Norman im April 2016 auf die Blackbox-Bühne im Komma Wörgl.
Häkelzeug, Manikür-Box, Süßigkeiten – alles liegt bereit für einen gemütlichen Samstagabend daheim mit ihrer Tochter Jessie, auf den sich Mutter Thelma freut. Die beiden Frauen leben seit Jahren nebeneinander im gleichen Haushalt. Doch dieser Abend, den das Publikum in Echtzeit miterlebt, ändert alles: Als Jessie ihren längst gefassten Entschluss „Ich bringe mich heute um“ mitteilt, fällt Thelma aus allen Wolken. Die Frage nach dem Warum zerbröckelt das Familienidyll, bringt dunkle Familiengeheimnisse, Entfremdung und Sprachlosigkeit ans Licht, zeigt Abgründe und Verzweiflung auf, aber auch Hoffnungen. Der Mutter-Tochter-Zweikampf, das Ringen um Argumente bleibt spannend bis zur letzten Minute. Hat Jessie auch den Mut zum Leben, wenn sie den Mut aufbringt, sich umzubringen? Thelma lässt nichts unversucht, was durchaus auch in komische Momente mündet und Ironie und Sarkasmus hervorbringt.
Bettina Gründhammer und Renate Reisigl meistern die anspruchsvollen Rollen mit Bravour und zeichnen die Charaktere mit großer Glaubwürdigkeit. Nichts Aufgesetztes, Übertriebenes – und gerade dieser Realismus sorgt für Gänsehaut, durchbricht die Schranken zwischen Bühne und Publikum.
„´Nacht, Mutter“ ist die dritte Produktion von Irene Turins Theaterinitiative „Theater unter Land“, das sich nach längerer Pause neu formiert hat und sich als dritte Theaterschiene in Wörgl versteht. Turin: „Ziel unserer Theaterarbeit ist es, Aktuelles aufzugreifen und Themen auf die Bühne zu bringen, die in unserer Alltags-Behaglichkeit nicht vorkommen (dürfen).“ Die beeindruckende Umsetzung von „´Nacht, Mutter“, bei der Otto Gartelgruber und Hans-Peter Ederer beim Bühnenbau sowie Ulf Ederer an der Technik zum Team gehören, lässt jedenfalls Vorfreude auf weitere Produktionen aufkommen.
Glücklich über den gelungenen Bühnenstart von „´Nacht, Mutter“: Renate Reisigl, Irene Turin und Bettina Gründhammer.
Weitere Aufführungen des empfehlenswerten Schauspiels „´Nacht, Mutter“ stehen am 14., 15., 17. und 28. April 2016 jeweils um 20 Uhr in der Blackbox im Komma Wörgl am Spielplan. Kartenvorverkauf im Komma Wörgl, bei Buch und Papier Zangerl, in Kufstein bei Blumen Egerth und Naschwerk, per e-mail unter theaterunterland(at)gmx.at
Einen Eindruck vom Stück liefert filmisch Stefan Bric mit seinem Clip auf der Website des Theaterverbandes Tirol:
http://www.theaterverbandtirol.at/mediathek/VdJGxQyKdSg
