Welchen Beitrag kann ein bedingungsloses Grundeinkommen für eine sozial gerechte Zukunft leisten? Und wie könnte das finanziert werden? Mit diesem Themenkreis befasste sich ein Vortrags- und Diskussionsabend auf Einladung der Wörgler Grünen am 15. September 2020 im Tagungshaus Wörgl mit Referent Robert Reischer.
Das Buch „Grundeinkommen ohne Arbeit“, verfasst von Herwig Büchele und Lieselotte Wohlgenannt und herausgegeben von der Katholischen Sozialakademie Österreichs in den 1980er Jahren, legte für Robert Reischer den Grundstein zur Beschäftigung mit dem Thema, das er mit konkretem Vorschlag präsentierte: „1.200 Euro monatlich für alle über 18 Jahre, Minderjährige erhalten die Hälfte.“
Geld, das künftig immer mehr Menschen benötigen, ist Reischer überzeugt und verwies auf die aktuelle Einkommensentwicklung und Vermögensverteilung. Immer mehr Menschen geraten durch prekäre Jobs in die Armutsfalle. Die Reichtumsvermehrung Weniger treibe die Lebenshaltungskosten, die von vielen immer schwieriger aufzubringen seien. „Das bedingungslose Grundeinkommen dient der Reparatur des Sozialstaates“, so Reischer. Ziel sei „ein gutes Leben für alle“.
Um das zu finanzieren, sollen Steuern auf Spekulationsgeschäfte eingehoben, sehr hohe Einkommen mehr besteuert, Erträge aus Vermögen und Mieteinkommen bei der Einkommenssteuer eingerechnet und digitale Geschäfte besteuert werden, auch Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie Luxussteuern stehen zur Diskussion, auch die Besteuerung von Erlösen aus Umwidmungserträgen. Mit Einführung eines BGE wären für den Staat auch Einsparungen verbunden – bei Notstandshilfe, Ausgleichszulage, Mindestsicherung und Steuerfreibeträgen – und dem ganz großen Vorteil, dass entwürdigende Bedürftigkeitsprüfungen wegfallen. Die Einführung eine BGE könne auch in Teilschritten erfolgen – in strukturell benachteiligten Regionen oder bei Personengruppen.
Zu den Effekten eines BGE zähle eine größere Kaufkraft, mehr Geld gehe in die Wirtschaft und komme als Steuern auch wieder zurück in die Staatskasse. Bessere Arbeitsbedingungen, mehr Frauen-Autonomie, weniger Pendlerverkehr, mehr Arbeitsplätze durch Regionalentwicklung, Kleinunternehmen und Alternativen listet Reischer als erhoffte Wirkung auf. Und verschwieg auch nicht Befürchtungen: Wer würde ungeliebte Jobs noch machen? Was kann dann Lohndumping und Preistreiberei entgegengesetzt werden? Wie kann Zuwanderung reguliert werden? Vieles davon müsse allerdings auch ohne BGE gelöst werden…
Wörgls Grün-GR Richard Götz eröffnete die Diskussion mit der Frage, worin der Unterschied zwischen dem Grünen Grundsicherungsmodell und dem Konzept des BGE liege. „Beim grünen Vorschlag fehlt die erwerbstätige Altersgruppe“, so Reischer, der auch da die beschämende Bedürftigkeitsprüfung kritisiert – sie koste zudem durch hohen Verwaltungsaufwand viel Geld.
Die rege Diskussion unter den 27 interessieren ZuhörerInnen befasste sich mit Finanzierungsfragen, mit Grundeinkommens-Experimenten in anderen Ländern, mit Verankerung der Forderung nach einem BGE im politischen Alltag, der Eignung zur Bewältigung der Corona-Krise sowie mit dem Menschenbild, das hinter der jetzigen „Almosen-Mentalität“ und einem Recht auf Leben in einer rein geldorganisierten Welt steht. Reischer wies abschließend noch auf das laufende Volksbegehren für ein bedingungsloses Grundeinkommen in Österreich, das bis Oktober 2021 läuft und auch online unterzeichnet werden kann, sowie auf das am 25. September 2020 startende EU-weite Volksbegehren für ein BGE in der EU hin, für das eine Million Unterschriften benötigt werden. Weitere Infos zum Thema BGE beim Netzwerk Grundeinkommen Österreich, www.grundeinkommen.at