Das in Tirol mancherorts durchaus noch verbreitete „Dorfkaisertum“ nimmt die aktuelle satirische Komödie „Die Kluibenschädel-Saga“ von Manfred Schild gehörig auf die Schaufel, die heuer von den Rattenberger Schlossbergspielen noch bis 5. August unter freiem Himmel das Publikum zum Lachen bringt, aber auch zum Nachdenken anregen will. Am 30. Juni 2017 trotzte das wetterfeste Ensemble bei der feuchtfröhlichen Uraufführung dem nach der Pause einsetzenden Regen.
Die Realsatire der letzten Bundespräsidentenwahl ist noch in guter Erinnerung – da bringen die Rattenberger mit ihrer Nationalratswahl in „Niederober-Unterberg“ eine Polit-Satire auf die große Freilichtbühne, die zum Märchen passend mit großen, aufgeschlagenen Bilderbüchern dekoriert ist. Die gute Stube des Bürgermeisters Ferdinand Kluibenschädel, das Wirtshaus, ein Wald und unübersehbar in der Bühnenmitte ein Grab, dem das „Erbe der Väter“ entsteigt – der Urahn Ferdinand Kluibenschädel der Erste, der auch von der elften Generation erwartet, dass sie in seine Fußstapfen tritt.
Damit die Kluibenschädel-Dynastie in der Gemeindestube weiter Bestand hat, will der Bürgermeister mit einer ganz besonderen Idee über die Gemeindegrenzen hinaus punkten: Wenn alle dasselbe wählen – nämlich seine Partei – würde die Gemeinde berühmt, als „Insel der Seligen“ und Ort der Harmonie, meint Ferdinand und sieht die Wahl als Chance, mit der medialen globalen Bekanntheit entsprechend Fördergeld beim Land für den neuen Skilift und allerlei andere Attraktionen, die den Urlaubern das Geld aus der Tasche ziehen, locker zu machen. Kein leichtes Unterfangen, alle auf Schiene zu bringen, wenn schon in der eigenen Familie revoltiert wird und der Sohn lieber basisdemokratische Reformen fürs Dorf einführen würde.
Das Kamerateam ist schon bestellt, als das Wahlergebnis bekannt gegeben wird. Doch oh Schreck – nichts ist es mit Einstimmigkeit und Harmonie. Eine Stimme für die Kommunisten bringt das Dorf aus dem Häuschen. Da wird gemunkelt, wer wohl der „Verräter“ sein könnte. Und überlegt, wie man den Tourismus noch retten könnte. „Jetzt ham ma den Murx mit´n Marx“, stellen die Dorf-Oberen fest, zu denen nebst dem Pfarrer auch der Schützenhauptmann zählt.
Während die Einen mit allen Mitteln versuchen, den „Falschwähler“ aufzuspüren und dazu selbst zum unlauteren Einsatz eines Lügendetektors greifen, sehen andere im Wahlergebnis die Chance, aus alten Mustern auszubrechen. Ob Ferdinand Kluibenschädels neue Strategie aufgeht, die Wahl für ungültig zu erklären und nach dem Aufspüren des Kommunisten mit dann „richtigem“ Ergebnis zu wiederholen, wird hier nicht verraten.
Szenenbilder von MMag. Gabriele Griessenböck:
- Bürgermeister Ferdinand Kluibenschädel will, dass seine Familie am Stimmzettel das Kreuzerl bei seiner Partei macht – und sonst nirgends – v.l. Werner Klikova, Markus Jäger, Claudia Lugger, Samuel Duftner und Alina Sprenger. Foto: Grießenböck
- Das Wirtshaus ist Treffpunkt im Dorf – wer da Buttermilch statt Bier trinkt, ist schon gleich verdächtig.
- Ferdinand Kluibenschädel vor der Bekanntgabe des Wahlergebnisses.
- Wer hat die Kommunisten gewählt? Das Rätselraten beginnt…
- Das „Erbe der Väter“erscheint in Gestalt des Geistes von Ferdinand Kluibenschädel dem Ersten, der recht deutlich mitteilt, was er von seinem Nachfahren erwartet – v.l. Werner Klikova und Bernhard Schrettl.
- Der Stammtisch – da ist man sich einig…
- Was macht die Lena mit dem Lehrer im Wald? V.l. Samuel Duftner, Wolfgang Niedermayr und Isabella Maier.
- Hildegard Kluibenschädel bringt ihren Mann Ferdinand in Gewissensnöte… v.l. Claudia Lugger und Werner Klikova.
- Das Bühnenbild wurde nach einer Idee von Manfred Schild und Werner Klikova von Erich Eberharter und seinem Team realisiert.
Unter der Regie des Autors Manfred Schild agiert Werner Klikova als Bürgermeister Kluibenschädel, Claudia Lugger als seine resolute Gattin, Markus Jäger und Samuel Duftner als Söhne sowie Alina Sprenger als widerspenstige Tochter. Als putzmunterer Geist des Ferdinand Kluibenschädel der Erste verfolgt Bernhard Schrettl den geplagten Bürgermeister. Wolfgang Oehm führt als Erzähler durch die Handlung. Fritz Toppmair spielt den Wirt Friedrich Pfladerer, Isabella Maier seine Nichte Lena, die sich mit ihrem Job als Kellnerin nicht zufrieden gibt und sich mit dem Lehrer, verkörpert von Wolfgang Niedermayr, im Wald herumtreibt. In weiteren Rollen sind u.a. Alois Beck, Katharina Oehm, Ludwig Senn, Eva Oehm, Alexander Schwarz, Wolfgang Maier, Helene Rampl und Heide Schwarz zu sehen, insgesamt stehen 26 DarstellerInnen auf der Bühne.
Am Premierenabend begrüßte Schlossbergspiele-Obfrau Claudia Lugger u.a. Bezirkshauptmann Dr. Christoph Platzgummer, LA Ing. Alois Margreiter, Rattenbergs Bürgermeister Bernhard Freiberger, Abordnungen aus den Gemeinden Kundl und Kramsach und der Sponsoren. Lugger dankte den Hauptsponsoren Raiffeisenbank Kufstein, TIWAG und Tiroler Versicherung sowie den insgesamt 70 Firmen, die mit Inseraten im Programmheft zur Finanzierung der Produktion beitragen.
Die gelungene Premiere wurde am Schlossberg bei Live-Musik trotz Regenwetters noch bis nach Mitternacht gefeiert. Weitere Spieltermine sind am 4., 7., 8., 10., 11., 19., 19., 20., 21., 25., 26., 27., 28. Juli sowie am 1., 2., 3., 4. und 5. August 2017, Spielbeginn ist jeweils um 21 Uhr, bei Regenwetter keine Aufführung. Info online: www.schlossbergspiele-rattenberg.at
Kartenvorbestellung telefonisch unter 05337-64002 oder 64003. Vorbestellte Karten bis 20:30 Uhr abholen. Bühnentelefon für Wetterfragen ab 19 Uhr 0664/4205356. Abendkarte 20 Euro, hintere Plätze 18 Euro, Kinder bis 15 Jahre 10 Euro.
Vorschau 2018: Die Schlossbergspiele Rattenberg bringen im Sommer 2018 die Uraufführung von Felix Mitterers „Der Glöckner von Notre Dame“.
- Nur wenige Premierengäste ließen sich von der Wettervorhersage abschrecken – die Tribüne füllte sich für die Uraufführung der Kluibenschädel-Saga.
- Unter den Premierengästen: Helmut A. Häusler mit Familie.
- Freuten sich auf die Premiere: Jasmine Hrdina und Johanna Ringler aus Wörgl.
- Unter den Premierengästen waren u.a. LA Ing. Alois Margreiter (2.v.l.) und BH Dr. Christoph Platzgummer (3.v.r.).
- Vor Spielbeginn hielt der Himmel noch dicht.
- Theaternachwuchs hilft wieder beim Programmheft-Verkauf.
- Stimmungsvoller Schlossberg kurz vor Spielbeginn.
- Bilderbücher als Bühnenbild – passend zum Nationalratswahl-Märchen aus Niederober-Unterberg.
- Den sonst üblichen langen Premierenapplaus kürzten die durchnässten Spieler heuer kurzerhand ab.
- Landtagsabgeordneter Ing. Alois Margreiter (rechts) mit Bernhard Schrettl nach der gelungenen Premiere.
- Für die Kamera lächeln trotz Regenwetters – auch das gehörte nach der Premiere am Schlossberg dazu – rechts Stückautor und Regisseur Manfred Schild.