Aufgrund der Wetterprognose wird der diesjährige Freiwilligen-Arbeitseinsatz zum Reihenmachen in der Film von Samstag auf den Sonntag, 6. Oktober 2019 ab 14 Uhr angesetzt! Alljährlich im Herbst steht mit der Mahd der Filz und der Entfernung des Schnittgutes aus dem Feuchtgebiet der Höhepunkt der Pflegemaßnahmen an, die dem Erhalt der Artenvieltfalt dienen. Um das möglichst schonend für Tier- und Pflanzenwelt abzuwickeln, ist Handarbeit unerlässlich – und damit auch der Einsatz ehrenamtlicher HelferInnen. Der große Arbeitseinsatz, bei dem Freiwillige wieder herzlich willkommen sind, findet heuer je nach Witterung entweder am Samstag, 5. Oktober 2019 oder eine Woche darauf am 12.10. statt, jeweils mit Beginn um 9:00 Uhr. Wichtig: gute Schuhe oder Gummistiefel! Wer hat, bitte Werkzeug mitnehmen. Als Belohnung gibt´s eine Jause.
Dass sich der Pflegeaufwand, bei dem übrigens laufend Arbeiten während der schneefreien Jahreszeit durchgeführt werden, für die einzigartige und wertvolle Tier- und Pflanzenwelt im geschützten Landschaftsteil lohnt, bestätigt eindrucksvoll die Evaluierung der 2005 erstmals durchgeführten Bestandserhebung von Schmetterlingen, Heuschrecken und Libellen.
2018 erfolgte nun neuerlich eine Erhebung durch die beiden Biologen Mag. Kurt Lechner und Mag. Alois Ortner, um festzustellen, ob die 2005 vorgeschlagenen Pflegemaßnahmen zum Artenerhalt wirken oder angepasst werden müssen. Das höchst erfreuliche Resultat: Die Artenvielfalt blieb erhalten und bekam sogar Zuwachs!
2005 wurden 341 Schmetterlings-, 9 Heuschrecken- und 8 Libellenarten nachgewiesen, wobei darunter auch Arten sind, die im Umfeld der Filz leben und diese besuchen. „Bei der aktuellen Erhebung wurden 342 Schmetterlingsarten, sieben Heuschrecken- und 18 Libellenarten festgestellt“, teilt Schutzgebietsbetreuer Philipp Larch mit. „Besonders erfreulich ist, dass 61 % der Schmetterlingsarten wiedergefunden wurden, darunter auch seltene Raritäten und viele Feuchtgebietsspezialisten“, so Larch. Das zeige die Stabilität des Ökosystems.
Zudem hat die Erhebung 2018, in die Beobachtungen aus 12 Begehungen mit Tag- und Nachterhebungen sowie fotografisch festgehaltene Beobachtungen von Naturliebhabern vor Ort eingeflossen sind, auch mehrere neue Schmetterlingsarten in der Filz nachgewiesen. Das Biotopinventar der Filz weist nun 475 Schmetterlingsarten, großteils Nachtfalter, aus – darunter viele gefährdete Arten, die auf der roten Liste stehen. „Mit der Smaragdeule wurde eine absolute Schmetterlings-Rarität gefunden, die in Tirol seit Jahrzehnten als verschollen gilt“, zitiert Larch aus der Studie. „Auch bei Kleinschmetterlingen gelang ein österreichweit einzigartiger Fund und von der seltenen Federmotte gibt es sogar einen großen Bestand.“
Die Zunahme der Libellenarten auf 6 Klein- und 12 Großlibellen – vier davon in Roten Listen – ist eine Bestätigung für die Teichsanierung. 14 der 18 Arten entwickeln sich auch in der Filz. Die Heuschrecken-Arten gingen zwar von 9 auf 7 zurück, allerdings wurden gesunde Populationen etwa des Sumpfgrashüpfers im Moor gefunden.
Fazit der Biologen: Die botanischen Funde zeigen, dass der „hohe Pflegeaufwand absolut gerechtfertigt ist“. Der Filz komme als wichtiges Gen- und Artenreservoir überregionale Bedeutung zu. Für Philipp Larch eine Bestätigung, dass der Pflegeplan mit jährlicher Mahd, ganzjähriger Entfernung von Neophyten wie Springkraut und Goldrute, Erhalt offener, fischfreier Wasserflächen und Entfernung der Verbuschung im Moor die erwünschte Wirkung zeigt. Zu den nötigen Anpassungen zählt ein Heckenschnitt sowie eine Reduzierung der in der Filz aufgestellten Bienenstöcke.
„Mittlerweile hat sich die Filz zu einem Schutzgebiet gemausert, wie es strukturell wohl kein zweites in Nordtirol gibt“, schreiben Ortner und Lechner. Eine Allianz aus Wissenschaft, kompetenter und sehr engagierter Schutzgebietsbetreuung, einer wohlwollenden, unterstützenden Stadtführung und extrem motivierten und aktiven Naturliebhabern sei in dieser Konstellation und gelebten Intensität einzigartig. Dass sich der ganze Aufwand lohnt, „unterstreichen die in der Filz vorhandenen Pflanzen, Amphibien, Vögel, Kleinsäugetiere und Insekten, die vor allem im Mai und Juni auf kleinstem Raum ein Naturschauspiel der Extraklasse bescheren“, heißt es in der Studie, die im Frühjahr 2020 öffentlich vorgestellt wird.
Die Filz ist ein Rückzugsgebiet und eine Insel für viele Arten. Das birgt aber auch die Gefahr für Inzucht: „Schon vor 30 Jahren waren die Moorflächen im Unterinntal auf 1 % geschrumpft. Deshalb kommt Teichen und naturbelassenen Bereichen in Gärten eine hohe Bedeutung zu“, erklärt Larch.
Dass sich die aufwändige Schutzgebietspflege auch für die Pflanzenwelt lohnt, zeigt die botanische Erhebung des Biologen Paul Vergörer – u.a. stellte er aktuell fünf Orchideenarten und drei fleischfressende Pflanzenarten fest. Auch Kleinsäuger profitieren vom Rückzugsgebiet, so sind Haselmäuse eingewandert. „Wir haben 10 Kobel gezählt. Diese kleinen Pilche sind europaweit geschützt und brauchen Hecken und Gehölze“, so Larch.
Ganzjährige Pflegemaßnahmen
Beobachten und bei Bedarf gleich handeln – nach diesem Prinzip sind Schutzgebietsbetreuer Philipp Larch und Filz-LiebhaberInnen wie Maria Ringler und ihr Team ganzjährig im fünf Hektar umfassenden Feuchtgebiet im Einsatz. „Besonders erfreulich ist, dass jetzt die Goldfische als Störfaktor weg sind!“ teilt Philipp Larch das Ergebnis des zähen Kampfes gegen die eingesetzten Fische mit, die sich ungezügelt vermehren und Amphibien wie Frösche und Molche ausrotten würden. Nur mit Ausdauer und vielen Stunden Einsatz konnten die schlauen Tiere gefangen werden. „2018 haben wir 42 Goldfische rausgeholt, seit 2016 insgesamt 75“, so Larch.
Bedroht sind die Amphibienbestände europaweit von einer Pilzkrankheit, die zum Massensterben führen kann – so geschehen schon in Belgien. Der Pilz verbreitet sich durch Tiere, aber auch durch den Menschen, etwa durch Laichtransport oder verunreinigte Schuhe, und ist in Tirol bereits angekommen. „Die Filz wurde heuer im Rahmen des Forschungsprojektes `Der Frosch im Wassertropfen´ der Uni Innsbruck beprobt“, teilt Larch mit. Mittels DNA-Analyse wird so der Amphibienbestand ermittelt und festgestellt, ob ein Pilzbefall besteht. Die Auswertung der Proben läuft noch.
Springkraut, Goldrute
Auf Trab halten die NaturschützerInnen auch nicht willkommene zugewanderte Pflanzen wie das Indische Springkraut und die kanadische Goldrute, die die heimischen Pflanzen verdrängen und ihnen den Lebensraum nehmen. Springkraut zupfen und Goldruten ausstechen – damit verhindern Maria Ringler, der Biologe Paul Vergörer und weitere Ehrenamtliche seit Jahren das weitere Vordringen der Neophyten, die sich immer wieder in den Randzonen ansiedeln. „Heuer fand Anfang Juni erstmals ein Geocaching-Event zum Neophyten Entfernen mit neun Leuten statt, übers Internet organisiert vom Wörgler Christian Aufschnaiter“, berichtet Maria Ringler.
Teichsanierung & Wasserhaushalt
Zu ihrem Arbeitseinsatz im Feuchtgebiet zählte heuer die händische Sanierung des hinteren Teiches, die sie selbst vorgenommen hat, fachlich beraten vom Schutzgebietsbetreuer Philipp Larch. Mit dem schonenden Ausräumen von Teilflächen wird gegen die natürliche Verlandung vorgegangen.
Die beiden letzten trockenen Sommer zeigen, wie schnell der empfindliche Wasserhaushalt der Filz gestört werden kann. „Heuer ist erstmals der hintere Teich ausgetrocknet“, berichtet Maria Ringler. Um das beim vorderen Teich zu verhindern, half dankenswerterweise die Wörgler Feuerwehr mit der Einleitung von 9.000 Litern Wasser. „Das Thema Wasserhaushalt wird uns künftig sicher noch mehr beschäftigen. Spezialisierte Arten sind darauf angewiesen“, erklärt Philipp Larch.
Um möglichst viel Wasser im Moor zu halten, ist es notwendig, die Verbuschung zu vermeiden – denn Weiden und Erlen entwässern. „Die Moorflächen werden jetzt laufend händisch entbuscht, die Sträucher und Bäume mit der Wurzel entfernt“, berichtet Larch. Heuer wird auch noch ein Heckenschnitt zum Erhalt der Ausdehnung der Nasswiesen erfolgen.
Insektensterben & Klimawandel
Die entomofaunistische Untersuchung von Kurt Lechner und Alois Ortner erfasste neben den vielen Feuchtgebiets-Spezialisten auch viele Arten, die im Umland leben und die Filz besuchen und etwa ein Fünftel der erfassten Schmetterlingsarten ausmachen. Was angesichts des vielerorts beklagten Insektensterbens im offenen Kulturland sehr positiv sei.
Die Erhaltung von Mooren und Feuchtwiesen kommt als CO2-Speicher ebenso Bedeutung zu wie als Wasserspeicher bei Starkregenereignissen – Feuchtgebiete saugen Wasser wie ein Schwamm auf und geben es langsam ab. Die Befürchtung, dass damit große Mückenplagen einhergehen könnten, sind in gesunden Biotopen nicht gerechtfertigt – denn da sorgen natürliche Fressfeinde wie Amphibien, Käferlarven und Libellen für ein ökologisches Gleichgewicht.