Kein Ärztedienst am Wochenende – was tun?

„Aufgrund zahlreicher Bürgerbeschwerden, die uns am vergangenen Wochenende erreicht haben, ersuchen wir Bürgermeister Michael Riedhart, sich darum zu kümmern, dass es in Wörgl kein Wochenende mehr ohne Ärztenotdienst und/oder Apothekendienst gibt“, teilt Wörgls 2. Vizebürgermeister Roland Ponholzer via Presseaussendung am 23. Jänner 2024 für die Liste „Wir für Wörgl“ mit und reagiert damit auf den Umstand, dass am 20./21. Jänner kein Arzt in Wörgl Bereitschaftsdienst hatte  und auch kein Apothekendienst in Wörgl verfügbar war.

Den Versorgungsmangel kreidet Ponholzer nicht den Ärzten an, sondern „es ist Aufgabe der Politik diese untragbaren Zustände auch durch eine professionelle Ansiedlungspolitik für Kassenärzte abzustellen. Unabhängig davon benötigt es jetzt eine schnelle Lösung, damit es in Zukunft zu keinem Tag mehr ohne ärztlichen Notdienst in Wörgl kommt.“ Es gehe nicht an, dass Menschen  mangels Mobilität und/oder fehlender Angehöriger  keinen Arzt im Umland aufsuchen können, weil in der eigenen Stadt kein Notdienst stattfinde. Bürgermeister Riedhart solle „endlich mit dem gesamten Gemeinderat über dieses für die Daseinsvorsorge  so wichtige Thema beraten.“

„Die Einteilung der Wochenend-Dienste erfolgt durch die Ärzte selbst“, erklärt Wörgls Bürgermeister Michael Riedhart. An Wochenenden, an denen kein Arzt Dienst habe, müsse man ins Bezirkskrankenhaus  fahren.  Da ein praktischer Arzt in Wörgl mit Ende 2023 in Pension gegangen ist, kommt es im Zeitraum von Dezember 2023 bis 24. März 2024 an zwei Wochenenden zu keiner Besetzung des Bereitschaftsdienstes. Ein Wochenende davon war das vergangene, ein weiteres steht am 24./25. Februar bevor.

„Der Apothekendienst ist ein Rad zwischen Wörgl, Kundl und Kirchbichl. Das vergangene Wochenende hatte die Apotheke in Kundl Dienst“, so Riedhart. Wobei bei vier Apotheken-Standorten in Wörgl auch das Fragen aufwirft.

Aktuell laufe ein Projekt  zur Errichtung eines Primärversorgungszentrums in Wörgl unter der Leitung von Stadträtin Elisabeth Werlberger und  Bürgermeister Riedhart. „In unserer Projektgruppe sind wir auch mit Landesrätin Hagele und einem Wörgler Arzt im Austausch. Im Budget der Stadtgemeinde sind € 20.000,- für die Förderung von Kassenärzten eingeplant. Die neuen Richtlinien zur Förderung von Kassenärzten wurden bereits fertig ausgearbeitet und werden im nächsten Gemeinderat behandelt“, teilt Riedhart mit. „Als Stadt können wir nur attraktive Rahmenbedingungen schaffen, um Anreize zu schaffen, dass Ärzte sich in Wörgl ansiedeln – und das machen wir auch!“

Stawa Neubau Bahnhofstraße Wörgl Dezember 2023. Foto: Veronika Spielbichler

Das neben der Stadtapotheke neu errichtete Gebäude war vor Jahren im Gespräch für ein Primärversorgungszentrum.

„Wir für Wörgl“ setzt auf breite Zusammenarbeit

Roland Ponholzer bringt für die Lösung des Problems als Diskussionsgrundlage erneut die Vorschläge der Liste „Wir für Wörgl“ aus dem Wahlprogramm 2021 ein, die folgendes umfassen: Hilfe bei der Suche nach geeigneten Praxisräumlichkeiten für Ärzte. Bereitstellung von Ordinationsräumlichkeiten inkl. Mietunterstützung für einen begrenzten, aber attraktiven Zeitraum oder eines günstigen Mietkaufs. Schaffung wichtiger Infrastruktur, wie z. B. Zurverfügungstellung von Parkplätzen für ÄrztInnen, MitarbeiterInnen und PatientInnen, Anbindung an bestehende Ärztehäuser wie dem GZW, Schaffung von Primärversorgungseinheiten, attraktive Wohnmöglichkeiten für Arztfamilien mit entsprechendem Schul- und Bildungsangebot und  Unterstützung bei lokalen Bankinstituten, um günstige Konditionen für Praxis- und Wohnbaukredite zu bekommen. Um die kassenärztliche „Ausstattung“ Wörgls längerfristig zu gewährleisten, sollten diese Maßnahmen in geeigneter Form an den Kassenvertrag gebunden werden. Das bedeutet, dass die Vergünstigungen nur so lange erhalten bleiben, solange der Kassenvertrag in Wörgl geführt wird.

„Diese Angebote müssten wir an Kliniken und in Krankenhäusern entsprechend bekannt machen. Auch Inserate in der Österreichischen Ärztezeitung, dem Mitteilungsblatt der Tiroler Ärztekammer und deutschen Ärztezeitungen sollten geschaltet werden“, so Ponholzer. Interessenten, wie auch die betroffenen Institutionen seien jederzeit zu Gesprächen bereit, um die Problematik für Wörgl lösungsorientiert zu diskutieren. „Sollte sich der Bürgermeister bzw. seine Fraktion bereit erklären, uns und unsere Experten entsprechend in eine sachliche Lösungsfindung einzubinden, so sind wir jederzeit dazu bereit.“ Es sei höchst an der Zeit,   geeignete Richtlinien zur Ansiedelung von Kassenärzten in Wörgl im Gemeinderat zu diskutieren und zu beschließen.

Ponholzer: „Gemeinderätliche Ausschüsse alleine zu befassen ist zu wenig, um eine nachhaltige Verbesserung zu erreichen. Sie sind eine Vorstufe zur Lösungsfindung. Wir schlagen vor, der Herr Bürgermeister möge umgehend eine Taskforce einrichten. Diese sollte aus Mitgliedern aller Fraktionen (pro Fraktion 2 –  3 Personen) sowie Experten bestehen, um umgehend kurzfristige, mittelfristige und langfristige Lösungen zu finden. Wir sind überzeugt, dass sich dafür alle Fraktionen und auch Experten gerne zur Verfügung stellen. Wir schlagen vor, dass die Führung dieser Taskforce mit erfolgter Zielvorgabe durch den Gemeinderat, von einer Expertin oder einem Experten erfolgt. Diese große Gruppe wird durch ihre Expertise auch kurzfristig bereits Ansätze finden, die uns und unserer Stadt weiterhelfen können.“

Für alle Bereitschaftsdienste in den kommenden Monaten, die nicht besetzt sind, solle die ,   Stadtführung umgehend Gespräche mit der Ärzteschaft, deren Vertretung, der ÖGK Tirol und allen weiteren Entscheidern aufnehmen, um gemeinsam flexible, temporäre Lösungen zu finden. „Eine niederschwellige Hilfe seitens der Stadt für die Bevölkerung wird an diesen Tagen auch wichtig sein, um bei der telefonischen Beratung über 1450 und über das Internet zu unterstützen. Im Gesundheitsbereich geht es oft um rasch notwendige Hilfe. Da kann unsere Stadt ein wichtiger Unterstützungsfaktor in Kommunikation und Organisation (z. B. Transporte zu Ärzten oder in ein Krankenhaus) sein. Eine stärkere, damit noch bessere An- und Einbindung an und in das Erstversorgungszentrum im BKH Kufstein ist höchst notwendig“, so Ponholzer.

Die in Aussicht gestellte Summe von € 20.000 sei für eine nachhaltige Lösung des Problems  viel zu wenig. „Gesundheit ist wichtig – Gesundheitsversorgung kostet Geld. Wir setzen uns deshalb auch in diesem Bereich dafür ein, dass der Bürgermeister seinen Haushalt für 2024 und die kommenden Jahre, gemeinsam mit allen Fraktionen, noch einmal überdenkt und überarbeitet. Budgetanpassungen sind im Gemeinderat jederzeit möglich“, so der 2. Vizebürgermeister. „Wir wollen in die Zukunft schauen und bieten uns jederzeit gerne als Gesprächspartner für fachliche und sachliche Kommunikation an. Für „Scheingespräche“ stehen wir nicht zur Verfügung. Eine echte Einbindung in Vorgänge zur Lösungsfindung wäre wünschenswert und sind wir jederzeit bereit dafür.“