Kolleg für Elementarpädagogik startet in Wörgl

Große Freude herrscht in Wörgl über ein neues hochkarätiges Bildungsangebot, das im Herbst dieses Jahres an der Bundesfachschule für wirtschaftliche Berufe mit Aufbaulehrgang in der Innsbrucker Straße startet: Mit Beginn des neuen Schuljahres 2022/23 wird eine dislozierte Kollegklasse der Bildungsanstalt für Elementarpädagogik in Innsbruck für eine zweijährige berufsbegleitende Ausbildung zur Kindergärtnerin bzw. zum Kindergärtner angeboten.

„In der Elementarpädagogik besteht sehr großer Bedarf an zusätzlichem Personal“, erklärte Bildungslandesrätin Dr. Beate Palfrader bei der Vorstellung des neuen Bildungsangebotes in der Schule. Schon vor den Demos des Kindergartenpersonals, die mit Nachdruck die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs im Elementarpädagogik-Bereich hinwiesen, waren dessen Forderungen und der Bedarf bekannt. „Im Unterland hat es bisher keine Ausbildungsstätte gegeben“, so Palfrader. Deshalb sei hier auch der Fachkräftemangel besonders spürbar.

Die Idee einer Kollegklasse im Unterland war vergangenen Herbst schnell geboren, so Palfrader.  Und auch die Umsetzung gelang „in Weltrekordzeit“, wie Vertreter der Tiroler Bildungsdirektion hervorhoben und die gute Vorbereitung durch die beteiligten Schulen lobten. Die Innsbrucker Mutterschule, die Bundesbildungsanstalt für Elementarpädagogik, weist derzeit jährlich rund 100 AbsolventInnen aus, die „eine sichere Anstellung in einem sinnstiftenden Beruf finden“, so Palfrader, die ihrem Dank an alle Beteiligten gleich eine Bitte an den Wörgler Bürgermeister folgen ließ: „Wir benötigen Praktikumsplätze in Kinderbetreuungseinrichtungen, da pro Semester sechs Praxiswochen Teil der Ausbildung sind.“

Hellauf begeistert zeigte sich der Angesprochene: „Elementarpädagogik ist ein sehr wichtiger Beruf. Wörgl ist Ballungsraum, wir werden den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen in den nächsten Jahren sehr forcieren – allein in den nächsten 6 Jahren ist der Bau weiterer 500 Wohnungen geplant“, so Riedhart, der in Wörgl einen Nachholbedarf bei der Kinderbetreuung ortet und meint: „Ich hoffe, dass einige Absolventinnen und Absolventen dann auch in Wörgl bleiben werden.“

„Die Schulbehörde reagiert mit der neuen Kollegklasse auf gesellschaftspolitische Herausforderungen“, betonte Tirols Bildungsdirektor Dr. Paul Gappmaier und wies auf das sehr zügige Genehmigungsverfahren hin: „Nach dem Start im Herbst haben wir in Wien beim Bundesministerium am 16. Dezember die dislozierte Klasse beantragt. Nach zweieinhalb Monaten lag bereits die Genehmigung vor – das ist Weltrekord“, so Gappmeier.

Voraussetzung fürs Kolleg ist die Matura, die Berufsreifeprüfung oder die Studienberechtigungsprüfung. Die Anmeldung läuft über die Mutterschule in Innsbruck, die Klasse in Wörgl soll unabhängig von den Anmeldungen auf jeden Fall starten. „Alles ist auf Schiene“, so Gappmeier. „Die Ausbildung umfasst vier Semester und beinhaltet Praxis, Didaktik, Pädagogik, Inklusion, Fachwissen und musische Fächer“, erklärt die Direktorin der Innsbrucker Bundesbildungsanstalt und hebt die Bedeutung der Elementarpädagogik hervor: „Die Elementarpädagogik trägt nachweislich zu einem besseren Schulerfolg der Kinder bei. Sie stärkt die Kompetenz der Kinder, ist Umfeld für soziales Lernen, für Toleranz, Hilfsbereitschaft und den Umgang mit Vielfalt.“ Der Unterricht findet zwei Mal wöchentlich nachmittags und abends sowie samstags statt.

Groß ist die Freude bei Wörgls Schul-Direktorin Mag. Helga Dobler-Fuchs: „Wir sind sofort auf den Zug aufgesprungen. Das neue Ausbildungsangebot im tertiären Bildungsbereich ist ein Gewinn für das gesamte Bundesschulzentrum Wörgl und passt selbstverständlich zu den Ausbildungszweigen in unserem Haus. Das Kolleg ist eine Chance für den Bildungsstandort und interessant für die weiterführende Ausbildung, mit dem berufsbegleitenden Angebot wird eine Ausbildungslücke im Unterland geschlossen.“

Einen Dank richtete auch Dr. Reinholf Raffler vom Präsidialbereich der Tiroler Bildungsdirektion an die beiden beteiligten Schulen: „Sie haben sich spontan bereit erklärt!“ Um den Start des Kollegs auf jeden Fall zu gewährleisten, wurde auch keine Mindestteilnehmer-Anzahl festgelegt. Aufgrund des bereits bekundeten Interesses –auch aus den Reihen bisheriger Assistenzkräfte in den Kindergärten – geht man allerdings davon aus, dass ausreichend Anmeldungen für die geplante Klasse eintreffen werden. Die räumliche Adaptierung in der Wörgler Schule wird über den Sommer erfolgen.

Für die fünfjährige Bundesbildungsanstalt in Innsbruck liegen bereits 90 Anmeldungen vor, für das einjährige Tageskolleg bereits 50. „Die Elementarbpädagogik hat in den letzten Jahren einen höheren Stellenwert erhalten. Die berufsbegleitende Ausbildung wurde nun auf Wunsch eingerichtet“, erklärte Palfrader und wies darauf hin, dass die Branche auch Assistenzkräfte benötige – besonders auch im mehrsprachigen Bereich. Tirol habe mit 20 Kindern pro Gruppe die kleinste Gruppengröße in Österreich und mit der zwingenden Doppelbesetzung ebenso höhere Anforderungen als andere Bundesländer. „In Tirol besteht bei Öffnungszeiten und Ferienangeboten in Kindergärten und Kinderkrippen zudem ein Nachholbedarf“, weist Palfrader auf den hohen Personalbedarf hin, wobei man sich mit dem Ausbildungsangebot vermehrt auch an Männer wenden will. Derzeit seien 5.319 Personen in der Elementarpädagogik in Tirol tätig – in Ausbildung seien derzeit 24 Männer.

Während die muttersprachliche Assistenz im Schulbereich vom Land bezahlt wird, bleiben die Kosten im Kindergarten- und Kinderkrippen-Sektor derzeit noch bei Gemeinden und privaten Betreibern hängen. Palfrader betonte, dass die frühe sprachliche Förderung für alle Kinder forciert werde. „In der Ausbildung reagieren wir auf die Anforderungen durch gelebte Vielfalt mit kultursensibler Pädagogik. Zahlreiche Schülerinnen kommen auch aus anderen Kulturkreisen“, berichtete Dir. Berchtold aus der Schulpraxis.

„In Wörgl werden wir einen Fokus auf Assistenzkräfte in den Kindergärten legen“, kündigte Bgm. Riedhart an. Ziel sei, „dass kein Kind mehr in die Volksschule kommt, das nicht Deutsch kann.“ Assistenzkräfte mit entsprechenden Sprachkenntnissen können ohne vorherige Ausbildung in den Beruf einsteigen, werden nach ihrer Eignung eingestellt und können dann berufsbegleitend die Assistenz-Ausbildung absolvieren.