Eine „sehr, sehr positive Bilanz“ über die Gemeindewahlen zog ÖVP-Bezirksparteiobmann BR Sebastian Kolland gemeinsam zwei neuen ÖVP-Bürgermeistern am 4. März 2022 im Rahmen einer Pressekonferenz. Im Hotel Hennersberg gab dabei Wörgls neuer Bürgermeister Michael Riedhart einen ersten Ausblick auf den Start in die neue Legislaturperiode und Hannes Burgstaller, neuer Bürgermeister in Brandenberg, ging auf dortige Herausforderungen ein.
Beide Neo-Bürgermeister sind in der Einarbeitungsphase, Michael Riedhart zieht am 7. März ins Bürgermeisterbüro ein. Die Angelobung aller neuen Gemeindeoberhäupter wird am 14. März in Innsbruck stattfinden. In Wörgl geht dann die konstituierende Sitzung des Gemeinderates am 24. März über die Bühne. Riedharts Liste „Wörgl Bewegen. Team Michael Riedhart“ wird dabei Kayahan Kaya als 1. Vizebürgermeister vorschlagen, das habe er sich mit 572 Vorzugsstimmen verdient. „Was den 2. Vize angeht, ist mein Demokratieverständnis dahingehend, dass ihn die zweitstärkste Fraktion stellen soll“, so Riedhart. Gewählt werden die Vizebürgermeister vom Gemeinderat.
„Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen sind für uns die wichtigsten Wahlen, damit sind wir in jeder Gemeinde verankert, damit wird die Basis geschaffen. Hier ist Politik am nächsten beim Bürger“, leitete Kolland sein Statement ein und freute sich über die ÖVP-Zugewinne sowohl im ländlichen als auch im urbanen Raum. Schon vor der Stichwahl am 13.3. stehe fest, „dass wir jetzt mehr Bürgermeister als vorher stellen.“
Riedhart: „Wörgl zur Stadt der besten Ideen machen“
„Die drei Listen zu einen und mit einem Team anzutreten sowie mit den Bünden zusammenzuarbeiten war die richtige Entscheidung“, erklärte Michael Riedhart. „In den vergangenen 10 Monaten war zuhören meine Hauptaufgabe. In der Bevölkerung war der Veränderungswille spürbar. Wir haben jedes Anliegen aufgenommen“, so Riedhart. Aus dem Feedback der Leute habe man das Programm erstellt, „das unser Auftrag für die nächsten 6 Jahre ist“, so Riedhart. Das Wahlergebnis mit 9 Mandaten und 39 % bei der Bürgermeisterwahl habe in selbst überrascht: „Das ist ein großer Vertrauensvorschuss, den es jetzt umzusetzen gilt.“
Riedhart betonte erneut, dass er „kein Fan von fixen Koalitionen ist. Jeder soll mitgestalten – wir wollen eine Stadt der besten Ideen“. Er gäbe dafür die Richtung vor, dazu sei er gewählt worden. Aber jede Liste erhalte die Möglichkeit, bei Gestaltung und Umsetzung mitzumachen.
Regionalbad am Wave-Standort
Unter den brennenden Themen ortet Riedhart das „Regionalbad mit ganzjähriger Schwimmlösung am liebsten am Wave-Areal“. Dazu werde er sich in den kommenden Tagen mit der Bausubstanz befassen. Der Abriss ist vorerst gestoppt. Es müsse festgestellt werden, was noch verwendbar ist. „Die Bausubstanz ist noch einige Millionen wert. Im Sinne der Nachhaltigkeit wäre es fehl am Platz, alles wegzureißen und woanders neu zu bauen“, ist Riedhart überzeugt. Ziel sei ein „leistbares Schwimmbad für junge Familien“. Dazu sollen die Betriebskosten gesenkt und nur die wesentlichen Bereiche des Bades erhalten bleiben. Diese benennt Riedhart mit Sport- und Freibecken sowie Sauna. Das heißt keine L2, keine Rutschen und kein Solebad mehr.
Aufgrund der bestehenden Substanz wolle man nun verschiedene Konzepte ausarbeiten und dabei auch Umlandgemeinden, Tourismusverbände und das Land einbeziehen und dazu ernsthafte Gespräche führen. Auch zum Sportbecken, das nicht nur für den Schwimmsport wichtig sei. Wieweit in Wörgl der Neubau eines 50-Meter-Beckens mit Schaffung eines Bundesleistungszentrums verwirklicht werden könnte, sollen Gespräche mit dem Land klären. Das aktuelle Sportbecken ist nicht nur desolat, sondern „ist nicht wettkampftauglich, weil es zu klein gebaut wurde“, so Riedhart, der auf Wörgls zentrale Lage hinweist und dabei Schützenhilfe von Sebastian Kolland erhält: „Wörgl wäre der beste Standort.“ Um diesen umzusetzen, müsse es „ernsthafte Gespräche, nicht Scheinverhandlungen geben.“ Schwimmen sei Teil des Lehrplanes und damit für alle Schule im Umland wichtig. Bezirkshauptmann Platzgummer könne als Moderator ins Boot geholt werden. Was Neubaupläne eines Regionalbades in Langkampfen betreffe, sollen sich „Wörgl und Langkampfen zusammensetzen. Beides macht nicht Sinn. Das Land wird dann eine Entscheidung treffen. Langkampfen ist eine finanziell potente Gemeinde, aber das wäre ein Projekt über Jahre. In Wörgl ist mehr vorhanden“, so Kolland, der allerdings auch einräumt: „Die finanzielle Hauptlast wird bei Wörgl bleiben. So ein Bad lässt sich nicht kostendeckend führen – das ist auch klar.“
Riedhart will die Finanzierung auf breitere Basis stellen und auch mit den Tourismusverbänden Kufsteinerland und Wildschönau ins Gespräch kommen, da ein ganzjähriges Schwimmangebot auch als Schlechtwetterprogramm für den Tourismus attraktiv sei.
„Wenn möglich, wird es schon im Sommer wieder ein Freibad im Wave geben“, kündigt Riedhart an und will sich diesbezüglich das Inventar ansehen: „Was ist noch da? Können wir aufsperren? Eine Freibadlösung um 300.000 Euro ist eine Augenauswischerei, zudem dauert die Umsetzung 5 bis 6 Jahre. Die Kinder müssen jetzt schwimmen können.“ Kritik an der vergangenen Stadtführung kommt von Sebastian Kolland: „Es war verantwortungslos, das Bad so verlottern zu lassen und keine Rückstellungen für die nötige Wartung zu bilden. Verschleiß ist normal.“
Im Freizeitbereich peilt Wörgls neuer Gemeindechef weiters die Errichtung eines Eislaufplatzes sowie eines Skiliftes an. Leistbares Wohnen nicht nur im Mietwohnbau sei nicht nur in Wörgl, sondern in ganz Tirol Themenschwerpunkt: „Wörgl braucht einen Mix mit Mietkauf- und Eigentumswohnungen. Da gibt es jetzt zu wenige, junge Leute wandern ab ins Umland.“ Und schnell angehen will Riedhart „das Thema Sicherheit mit Kameraüberwachung und Nacht- und Wochenend-Präsenz der Stadtpolizei“ sowie Präventionsprogramm in den Schulen.
Fußgängerzone soll Begegnungszone werden
Eine Kursänderung kündigt Riedhart bei der Verkehrslösung für die Bahnhofstraße an und steigt beim kurz vor der Wahl vorgelegten Gesamtverkehrskonzept erst einmal auf die Bremse – das müsse noch genau unter die Lupe genommen werden. Er selbst habe es in der Gemeinderatsitzung das erste Mal zu Gesicht bekommen.
„Fußgängerzone nein, Begegnungszone ja“, lautet Riedharts Haltung zur mehrheitlich in der vergangenen Periode beschlossenen Fußgängerzone im nördlichen Teil der Bahnhofstraße. Aufgrund der vielen Häuserzufahrten mache diese mehr Sinn. Die geplante Umgestaltung befürwortet er, will zudem ein Leerflächenmanagement anbinden.
Was die Nordtangente betrifft, „werde ich jetzt die Gespräche mit den Land führen“, so Riedhart. Vorher müsse er sich noch tiefergehenden Einblick verschaffen, woran eine Übernahme der Entlastungsstraße durch das Land derzeit konkret scheitere – Stichwort Grundablösen und Finanzierung. Der Bau der Nordtangente sei zur weiteren Entwicklung des Verkehrsknotens Wörgl Voraussetzung, er wolle ihn „mit aller Kraft vorantreiben.“
Was weitere Bereiche des Gesamtverkehrskonzeptes wie Verkehrsberuhigung in der Brixentaler Straße betrifft, solle das erst den BürgerInnen vorgestellt werden: „Viele haben das online bei der Gemeinderatsitzung gesehen und sind verunsichert. Es geht jetzt darum, die Transparenz in den Vordergrund zu stellen und die Bevölkerung zu informieren und aktiv einzubinden“, so Riedhart – erst dann sollen weitere Weichen gestellt werden.
Brandenberg: Kinderbetreuung forcieren
„Auf die Bürger zugehen, offen kommunizieren und auch Probleme ansprechen, etwa bei Bauangelegenheiten“, lautet auch die Maxime des neuen Brandenberger Bürgermeisters Hannes Burgstaller. Der 39jährige Betriebstechniker bei Novartis wird das Bürgermeisteramt als Halbtagsjob antreten und sieht vor allem bei der Kinderbetreuung großen Aufholbedarf. Was die flächenmäßig größte Gemeinde des Bezirkes, die in punkto Finanzen immer auf Bedarfszuweisungen des Landes angewiesen ist, vor große Herausforderungen stellt. Für mehr Kindergartenplätze strebt man eine Lösung im seit 20 Jahren leerstehenden Gemeindehaus an, auch bei Mittagstisch und Nachmittagsbetreuung muss mehr Angebot geschaffen werden. „Das ist unser Kernthema, dafür wurden wir gewählt“, so Burgstaller.
„Viele Gemeinden sind finanziell mit der Kinderbetreuung gefordert, das ist ein Riesenthema“, bekräftigt Kolland und sieht das Land in der Pflicht: „Es wird eine Änderung des Finanzierungsschlüssels und mehr Unterstützung vom Land brauchen.“ Kinderbetreuung ist auch in Wörgl ein Thema, allerdings noch unter einem anderen Aspekt: „Bei uns wird das Thema Integration ein Schwerpunkt werden“, kündigt Riedhart an, der als Vollzeit-Bürgermeister ins Stadtamt einziehen wird.