Radwegbeschilderung informiert über Ortsgeschichte

Eine neue Infotafel wurde in Bruckhäusl am Beginn des neuen Radweges entlang der Brixentaler Ache von der Zehenthof-Brücke bis Einöden aufgestellt. Der Tourismusverband Ferienregion Hohe Salve übernahm gemeinsam mit dem Wörgler Stadtbauhof die Neugestaltung des Platzes und folgte dabei der Anregung des Vereines LA21 Bruckhäusl aktiv, auch einen Einblick in die Ortsgeschichte zu geben.

Neue Bankerl, ein neuer Radständer aus Holz, eine Übersichtskarte über die Radwege  und Infos zum Ort laden Radfahrer und Spaziergänger zum Verweilen. Die Infos zur Ortsgeschichte lieferte der Verein LA21 Bruckhäusl aktiv, der mit zwei Foto-Ausstellungsprojekten unter dem Motto „Bruckhäusl seinerzeit“ die reichhaltige Industriegeschichte des Ortes ebenso dokumentiert hat wie die Entwicklung des Dorfes. Resultat der identitäts-stiftenden Beschäftigung mit der Ortsgeschichte sind auch zwei Filmdokumentationen mit dem Wörgler Filmemacher Egon Frühwirth über die Geschichte der historischen Kleinwasserkraftwerke, die einem neuen TIWAG-Kraftwerk gewichen sind, sowie über den Skiliftbetrieb am Riederberg, der nach 50 Jahren im vergangenen Jahrzehnt eingestellt wurde. Das Dorfarchiv des Vereins, das bis zum Frühjahr 2017 im Dachboden der Volksschule untergebracht war, fand nun eine neue Unterkunft im Bruckhäusler Musik- und Schützenhaus.

Im Zuge der Platzneugestaltung wurde auch ein Betonsockel entfernt, dessen Zweck in Vergessenheit geraten war. In den 1930er Jahren stand hier kurzzeitig ein Dollfuß-Denkmal, mit dessen Errichtung auch die Trauerweide gepflanzt wurde. Der alte Baum wurde auf seine Standsicherheit hin überprüft.

Infos zur Ortsgeschichte bei der Zehenthof-Brücke:

Das Dorf Bruckhäusl am Eingang des Brixentales befindet sich je zur Hälfte auf Wörgler und Kirchbichler Gemeindegebiet. Der Name leitet sich von der historischen Bedeutung der Brücke über die Brixentaler Ache ab.

Die Zehenthofbrücke wurde im Zuge des Neubaues der Kufsteiner Gerichtsstraße im 16. Jahrhundert als Straßenverbindung vom Erzabbau in den Kitzbüheler Alpen zum Hafen am Inn in Kastengstatt bei Kirchbichl erbaut. Der Zehenthof war zur Einhebung der Straßenmaut ermächtigt und unterhielt dafür ein Mauthäuschen.

Zum bedeutenden Wirtschaftsstandort wurde Bruckhäusl mit dem Bau der Eisenbahn durchs Brixental 1873-1875 und der Ansiedelung der Zementindustrie ab 1886, in deren Folge die Bahnstation Bruckhäusl 1889 in Betrieb ging. Weitere Industriebetriebe wie Holzhandel, Sägewerk und Ziegelfabrik folgten, ebenso Gewerbebetriebe. Der Bahnhof Bruckhäusl wies zu Beginn des 20. Jahrhunderts den größeren Frachtenumschlag als der Bahnhof Wörgl aus, verlor im Wandel der Zeit seine Bedeutung und wurde 2008 durch die Haltestelle Bruckhäusl ersetzt.

Von besonderer historischer Bedeutung ist die Stromerzeugung im Ortsgebiet von Bruckhäusl, für die die Zementindustrie von 1898 bis 1913 eine Kraftswerkskette entlang der Brixentaler Ache errichtete. Die Kraftwerke blieben auch nach Schließung der Zementwerke 1931 in Betrieb, wurden aber mittlerweile alle abgerissen. Die beiden Kraftwerke in Wörgl-Pinnersdorf und Wörgl-Einöden ersetzte die TIWAG – Tiroler Wasserkraft AG durch das Kraftwerk Bruckhäusl, das 2011 in Betrieb ging.

Zeittafel Zementindustrie und Kraftwerksbau:

1886 Bau Egger-Lüthi Zementwerk Alte Fabrik Bruggermühl
1898 Bau Egger Lüthi Neue Fabrik mit Wasserkraftwerk in Bruckhäusl
1902-1903: Bau Wasserkraftwerk Einöden
1906: Bau Kraftwerksanlage Walch-Zentrale beim Grattenbergl
1912-1913: Bau Kraftwerk Pinnersdorf

Bruckhäusl – das Dorf heute: Pfarre mit Volksschule, Kindergarten, Freiwilliger Feuerwehr und reges Vereinsleben mit Bundesmusikkapelle, Chören, Schützengilde,  Fußballverein, Stockschützenclub und Modelleisenbahnverein MEC Bruckhäusl.

Historischer Boden in Wörgl-Einöden

Mit Einverständnis der TIWAG wird an der Aufstellung einer weiteren Info-Tafel am Beginn der neu gebauten Radwegstrecke in Einöden gearbeitet. Hintergrund ist auch hier die wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung des Ortes. Die LA21 Arbeitsgruppe von Bruckhäusl aktiv lieferte auch für die Infotafel in Wörgl Einöden einen Textentwurf:

Mit dem Ortsteil Einöden endet das besiedelte Gebiet der Stadtgemeinde Wörgl. Der Weiler hatte über Jahrhunderte Bedeutung als Grenzort.

Beim Landmarchgraben am Roten Bühel, heutige Gemeindegrenze zwischen Wörgl und Itter und Bezirksgrenze zwischen Kufstein und Kitzbühel, verlief von 1380 bis 1816 die Grenze zwischen dem Brixental, das bis 1816 zu Salzburg gehörte, und Bayern bzw. Tirol (ab 1504). Am Ende des Talkessels am Eingang zum Brixental befand sich jahrhundertelang über die Brixentaler Ache eine Brücke, die das Söllandl mit dem Brixental und der Wildschönau verband. Der vermutlich schon in prähistorischer Zeit genützte Übergang diente auch den Geistlichen, die von Söll aus die Pfarre Niederau bis 1891 betreuten und über den Bruggberg, dessen Name von der Einöder Brücke stammt, über den Pfaffenberg in die Wildschönau gelangten.

Von der strategischen Bedeutung im Mittelalter zeugt heute nur mehr Schloss Itter. Von der Wörgler Wehrburg oberhalb des Hauserwirtes und dem „Luecher Schlössl“ oberhalb des Oberluecher-Hofes in Kirchbichl-Boden, schlummern die Ruinen im Waldboden. Sagen zufolge waren die Velben als Raubritter auf den im 13. Jahrhundert errichteten Wehrburgen, die mit dem Niedergang des Rittertums dem Verfall preisgegeben wurden. Schloss Itter war am 5. Mai 1945 Schauplatz der  letzten Bodenschlacht des 2. Weltkrieges in Europa mit militärhistorischer Besonderheit: Bei der Befreiung prominenter französischer Kriegsgefanger aus dem als Außenstelle des KZ Dachau genützten Schlosses besiegten US-Truppen, deutsche Wehrmachtsoldaten und Tiroler Widerstandskämpfer gemeinsam die SS-Einheiten des Nazi-Regimes.

Die Kraft des Wassers an der natürlichen Geländestufe wurde schon früh wirtschaftlich genützt. Aus dem  12. Jahrhundert ist eine Mühle in Einöden überliefert, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts von den Zementindustrie-Pionieren Egger & Lüthi gekauft wurde. Beim heutigen Schlauchwehr und Restwasserkraftwerk, von dem die Druckrohrleitung ins TIWAG-Kraftwerk Bruckhäusl führt, befand sich die Wehranlage des Kraftwerkes Einöden, das 1903 in Betrieb ging und mittels Druckrohrleitung mit dem talauswärts liegenden, 1912/13 errichteten Kraftwerk Pinnersdorf verbunden war. Beide Kraftwerke waren über 100 Jahre in Betrieb und wurden von der Tiroler Wasserkraft AG durch eine moderne Anlage mit Verdoppelung der Jahreserzeugung bei Verbesserung der Gewässer-Ökologie ersetzt. Das 2011 eröffnete Kraftwerk Bruckhäusl verfügt über eine Ausbauleistung von rund 3 MW, mit dem erzeugten Strom können rund 4.000 Haushalte versorgt werden.