Zum neunten Mal rollte der Verein Wörgler Lichtspiele am 1. Oktober 2022 den roten Teppich für Filmfans und Filmemacher aus und lud erstmals im Wörgler Cineplexx zum Tiroler Kurzfilmfestival. 11 von 65 österreichischen und internationalen Einreichungen schafften es nach dem Jury-Durchgang auf die ganz große Leinwand. Am Ende durften sich zwei Filmteams über Publikums- und Jurypreis freuen.
„So hoch war das Niveau noch nie“, verkündete Anna Etzelstorfer, die gemeinsam mit Dominic Kainzner die Galanacht moderierte. Unter den Einreichungen fanden sich zahlreiche Projekte von Filmakademien und Hochschulen. Die Wertung für Newcomer und Musikvideos wurde diesmal ausgeklammert, für deren Präsentation laufen eigene Überlegungen.
Die gezeigten Kurzfilme beeindruckten alle – sowohl Jury als auch Publikum hatten die Qual der Wahl. Die Jury, bestehend aus Elisabeth Juen, Cornelia Thurnbauer, Melanie Zemsauer, Helmut A. Häusler, Mathias Peschta und Roland Aßmann, entschied sich nach einem Kopf-an-Kopfrennen für „Die Vergänglichkeit des Bernd Hasselhuhn“ von Max Reiner von der Filmakademie Baden Würtemberg. Die Publikumswertung gewann der filmische Einblick in die schillernde Gay-Clubszene „Narcissus – oder die Verschmelzung von Licht und Dunkelheit im Aufblühen des Selbst“. Dessen Autor Simon Matuschek war mit seinem Filmteam auch aus der Steiermark nach Wörgl angereist und freute sich über die Trophäe.
„Nächstes Jahr wollen wir den Kinosaal vollmachen!“ – kündigte Dominic Kainzner die zehnte Neuauflage des Tiroler Kurzfilmfestivals 2023 an. Der Verein Wörgler Lichtspiele dankte Unterstützern, Sponsoren und HelferInnen an Bar und Popcorn-Maschine, namentlich der Stadt Wörgl und dem Land Tirol, der Firma Geotec für die Siegerpreise, Alex Mey für die Grafik, Helmut Pangrazzi fürs Fotografieren am roten Teppich, Ramon Kohlmann und Jonas an der Technik – sie alle trugen dazu bei, Film-Festival-Atmosphäre in den Wörgler „Lichtspiel-Tempel“ zu zaubern.
Die Kurzfilmfestival-Beiträge
Mit Kino-Allround-Sound und großer Leinwand so richtig gut zur Geltung kam zur Eröffnung des 9. Tiroler Kurzfilmfestivals der mit zusätzlichen Scheinwerfern inszenierte Festival-Trailer der Veranstalter, in dem Stefan Peschta in Forest Gump-Manier zum Endspurt beim Einreichungsmarathon antritt und die Filmrolle weiterreicht.
Mit dem Film „Signals“ wagt Lukas Ignaz Halder von der FH Salzburg einen Ausflug ins Weltall samt effektvoll inszeniertem Raketenstart. Abschied aus einer Liebesbeziehung – sanft und liebevoll, darum kreist das Beziehungsdrama „Lakune“ von Hoang Quynh Nguyen aus Berlin. Mit Weltraumschrott in der Erdumlaufbahn und dessen Folgen befasst sich die Doku „Space Cleaners 3“, für das das Team um Marco Hülser von der Filmakademie Baden Würtemberg sich auf machte zum europäischen Weltraumflugkontrollzentrum. 20.000 Objekte und an die 700.000 Trümmer größer als ein Zentimeter kreisen um unseren Planeten und gefährden die Satellitenkommunikation, die für viele Lebensbereiche mittlerweile nicht mehr wegzudenken ist.
Vom All ins Spielzeugzimmer entführt der herzige Animationsfilm „Layerd Love – eine Liebes(G´)Schicht“ von Julia Alice Ostermann, in dem sie Puppen ihre Hüllen fallen lässt. Fatal endet der Kurzfilm „Her Whole Life“ von Max Wiemann aus Zürich, der daran erinnert, dass das Leben ganz schnell einen Strich durch die eigene Planung machen kann.
Ein Gesicht, eine Einstellung, kein Cut, kein ablenkender Untertitel vom englischen Originalton – und eine atemberaubende Intensität, bei der man im Publikum kein Popcornrascheln mehr hörte. Eine Klasse für sich war der 2021 vor Ausbruch des Ukraine-Krieges von Dino Stahl aus Hamburg gedrehte Kurzfilm Triage, für den dem Darsteller Ryan Wichert ein „Publikumsoscar“ zusteht – ein Gesicht, das das ganze monströse Entsetzen des Krieges widerspiegelt! Er schlüpft in die Rolle eines Elitesoldaten und Sanitäters, der vor laufender Kamera unmittelbar nach einem blutigen Gefecht von der Triage berichtet – er entscheidet über Leben und Tod, und bei diesem Einsatz musste er einen befreundeten Kameraden nach einer Landminenexplosion zurücklassen.
Mit leichterer Kost wartete danach „Die Ballade vom Maul des Affen“ von Gregor Grkinic aus Wien auf. Mit seiner Mischung aus Animations- und Spielfilm entführt er zur Musik von den „Strottern“ ins „Gedankenwohnzimmer“. Österreichs Autorenfilmszene VÖFA war mit dem steirischen Beitrag „Die Freizeit des Herrn Mayer“ vertreten, eingereicht von Dieter Leitner, produziert 2020, in dem ein Sachbearbeiter seiner tristen Tätigkeit entflieht.
Richtig skurril wurde es dann mit dem Plot von „Die Vergänglichkeit des Bernd Hasselhuhn“ von Max Reiner, produziert 2021 in Ludwigsburg an der Filmakademie Baden Würtemberg. Was, wenn ein Mann auftaucht und seinen Körper anzeigen will, weil der ihn umbringt? Wie reagiert darauf das Umfeld mit Polizei, Arzt und Priester? Mit dem Thema Femizid setzt sich der Kurzfilm „Ein letzter Kuss“ von Ivan aus München auseinander.
Als elfter Beitrag ging der Kurzfilm „Narcissus – oder die Verschmelzung von Licht und Dunkelheit im Aufblühen des Selbst“ von Simon Matuschek ins Rennen um die Publikumsgunst, die der bunte, schillernde Ausflug in die Gayclub-Szene schließlich bei der Abstimmung via Smartphone auch für sich entscheiden konnte.