Traditionsforum Wörgl: Abschied vom „Astner“

Mit dem Neubauprojekt im Wörgler Stadtzentrum geht ein Kapitel Wirtshauskultur Ende April 2025 mit der Schließung des Gasthofes Alte Post, bekannt als „Astner“, zu Ende. Das  traditionsreiche Haus in unmittelbarer Nähe zur Stadtpfarrkirche war über Jahrhunderte gesellschaftlicher Treffpunkt. Auch für Wörgls Traditionsvereine, die zum Abschied am 25. April 2025 einen feierlichen Festakt zu Ehren der Wirtsleute Hanni und Hannes Silberberger inszenierten.

Zu den Klängen der Stadtmusikkapelle Wörgl marschierten abends vor der Alten Post auf der für den Verkehr gesperrten Bundesstraße die Wörgler und Bruckhäusler Traditionsvereine auf, um den Wirtsleuten für die jahrzehntelange Gastfreundschaft zu danken. „Seit 1971 haben wir drei Viertel unserer Versammlungen bei der Alten Post abgehalten“, erklärte Manfred Schachner, Obmann des Wörgler Traditionsforums und der Sepp Innerkofler Standschützenkompanie, die zu Ehren der Silberbergers eine exakte Ehrensalve abfeuerte, der ein Kanonenschuss vom Militär- und Veteranenverein folgte.

Schachner überreichte das Gemeinschaftsgeschenk der Traditionsvereine, namentlich der Stadtmusikkapelle Wörgl, der Schützenkompanie und der Schützengilde Wörgl, der Freiwilligen Feuerwehr Wörgl, des Kameradschaftsbundes und des Militär- und Veteranenvereines, des Roten Kreuz Wörgl, der Jungbauern und der Kasettlfrauen sowie der Bundesmusikkapelle Bruckhäusl, der Freiwilligen Feuerwehr Bruckhäusl und der Schützengilde Bruckhäusl.

Bürgermeister Michael Riedhart dankte den Wirtsleuten und wünschte für die Zukunft alles Gute und Gesundheit, bevor er gemeinsam mit Hannes Silberberger den Bieranstich vornahm. Vor dem Abmarsch der Vereine gab Hannes Silberberger noch den letzten „Befehl“ aus und lud die Vereine zum legendären „Astner-Gulasch“ ins Gasthaus, wo bis spät in die Nacht weitergefeiert wurde.

Die Alte Post pflegte die Tiroler Wirtshauskultur mit gutbürgerlicher Küche, in der Wirt Hannes und Sohn Stefan als Küchenchefs gediegene Qualität garantierten, während Hanni als stets freundliche Service-Chefin und „gute Seele“ des Hauses immer ein offenes Ohr für die Wünsche ihrer Gäste hatte und sogar selbst mit dem Fahrrad Mittagsmenüs ganz umweltfreundlich auslieferte.  Egal, ob Jahreshauptversammlungen von Vereinen, Begräbnis-Essen, Familienfeiern oder Tagesgeschäft – der Restaurant-Betrieb von Hanni und Hannes bleibt tausenden Menschen aus nah und fern in bester Erinnerung!

Zur Geschichte der Alten Post

Erste schriftliche Belege für den Bestand eines Gasthauses am Ort der Alten Post gibt es aus dem Jahr 1479, wie Hans Gwiggner im Wörgler Heimatbuch festhält. 1622 stieg Kaiser Ferdinand II. mit Gemahlin Eleonore, Herzogin von Mantua, anlässlich der Heimreise von der Hochzeit in Innsbruck in diesem großen Gasthof ab und schenkte ihm das auf der Fassade dargestellte Wappen. Das Urbar von 1675 vermerkt Andrä Kögl als Besitzer der Wirtstafern und des ganzen Rappoltlehens. Der „Kögl-Wirt“ war als „Gerichtsausschuss“ der wichtigste Mann in der Schranne Kirchbichl und zuständig fürs Abliefern der Wörgler Steuern an die Obrigkeit. Im Theresianischen Steuerkataster (1774-1784) wird Johann Georg Andre als „Wirt und Gastgeb bey dem Kögl“ genannt, er besitzt die sogenannte „Kögl Wirtstaferne“ im Dorf Wörgl. „Ein Haus, durchaus gemauert, 3 Stockwerk hoch mit 10 Stuben, 1 Kuchen, 11 Kämmer und 3 Keller.“ Johann Georg Andre ist ab 1786 auch Inhaber der neu errichteten Poststation in einem kleinen Nebengebäude westlich des Gasthauses.

„1811 kaufte der von Pinnersdorf stammende Josef Rainer, Neumairwirt zu Söll, vom Posthalter Christoph Mayr seinem jüngeren Sohn Nikolaus die Köglwirtstafern. Und ab 1812 war sein älterer Sohn Josef Rainer Posthalter und 1820 auch k. k. Schiffsmeister in Wörgl. 1824 wurde dessen Schwager Josef Hörbiger Postmeister und 1848 Johann Waltl, der das Postamt später zu den Fuhrstallungen verlegte. Am 31. März 1891 übernahm Kreszenz Waltl das Postamt und verlegte es nach ihrer Verehelichung mit Hans Lechner ins gegenüberliegende Gasthaus „Hohe Salve” ihres Gatten. 1892 kaufte Josef Steinbacher aus Schwoich, der spätere Bürgermeister, das große alte Gasthaus und verkaufte es bereits 1897 an Johann Hetzenauer. Von diesem erwarb es 1901 Jakob Astner, der es in einem sehr repräsentativen Stil neu erbauen ließ“, schreibt Hans Gwiggner über die Besitzwechsel, bevor Familie Silberberger den Gasthof erworben hat. Der von Astner zu Beginn des 20. Jahrhunderts angebaute Astnersaal war lange Zeit der größte Saal im Tiroler Unterland.

Der Saal wurde für unterschiedlichste Anlässe genutzt – Bälle, Feiern, Wohltätigkeitsveranstaltungen und Faschingsfeste fanden hier statt. Der Festakt zur Markterhebung im Jahre 1911 wurde im Astnersaal gefeiert. Während des 1. Weltkrieges diente er als Lazarett und 1951 tagte die Festsitzung des Gemeinderates zur Stadterhebung hier ebenso wie zu Pfingsten 1951 der erste internationale Freiwirtschaftliche Kongress in Österreich nach dem 2. Weltkrieg.

Das nunmehrige Hotel „Alte Post“ hieß im Volksmund weiterhin „beim Astner“ und  beherbergt seit 2006 die Gaststubenbühne Wörgl, die seither im Astnersaal ihre Spielstätte und in Nebenräumen auch ein Requisitenlager hatte. Die Laienspielbühne verabschiedet sich in einer restlos ausverkauften Frühjahrs-Spielsaison mit dem Theaterklassiker „Geschichten aus dem Wienerwald“ nicht ohne Wehmut von ihrer „Theaterheimat“, die definitiv letzte Aufführung findet am 26. April 2025 statt. Ein Requisitenlager ist vorübergehend gefunden – eine neue Spielstätte noch nicht.